Handy-Test: Wiko View 3 Lite für unter 130 Euro
Es gibt ein Sprichwort, das lautet: Wer billig kauft, kauft teuer. Der französische Hersteller Wiko hat „billig“ zu seinem Markenzeichen gemacht und über die Jahre klargemacht: Auch sehr günstige Smartphones können überzeugen. So bekam etwa das derzeit gerade Mal 249 Euro teure View 3 Pro im Test ein „gut“ attestiert.
Das Wiko View 3 Lite legt in Sachen Preis-Diät noch einen obendrauf. Es ist bereits für unter 130 Euro im Handel zu haben und hat sogar eine Dualkamera mit Tiefensensor. Die Frage ist nur: Was darf man sich für einen solchen Preis noch erwarten? Unser Test zeigt es.
Verarbeitung und Design
Wiko View 3 Lite
Foto: teltarif.de
Wer das View 3 Lite in die Hand nimmt, dürfte überrascht sein, wie wertig so ein billiges Telefon aussehen und sich anfühlen kann. Zwar ist die gesamte Hülle aus Plastik, aber das Wiko hat die Optik von deutlich teureren Smartphones. Unser Testgerät in der Farbe „Anthracite Blue“ hat auf der Rückseite einen derzeit ziemlich angesagten Farbverlauf, das schlanke 19:9-Format gibt dem Smartphone eine sportliche und moderne Optik. Ganz nebenbei sorgt es auch dafür, dass das Wiko sicher und bequem in der Hand liegt. Bei der Verarbeitung gibt es wenig zu meckern. Einziger kleiner Minuspunkt: Die Naht des Batteriedeckels ist deutlich zu spüren. Aber sonst von billig keine Spur.
Die Rückseite zeigt einen modernen Farbverlauf
Foto: teltarif.de
Display
Das IPS-Display ist der Teil des Wiko, wo man zum ersten Mal den günstigen Preis im wahrsten Sinne sieht. Es ist 6,1 Zoll groß und hat im oberen Rand eine Tropfen-Notch für die 5-Megapixel-Selfie-Kamera. Die Auflösung beträgt 1560 x 720 Pixel, was einer Pixeldichte von 282 ppi entspricht. Das ist nicht berauschend und wer schon mal ein High-End-Phone in der Hand gehabt hat, der wird den Unterschied deutlich sehen können.
Immerhin ist die maximale Helligkeit von 439 cd/m² durchaus zufriedenstellend. Auch manch teures Oberklassen-Smartphone bietet hier nicht viel mehr. Beim Samsung Galaxy S10e etwa haben wir auch nur 445 cd/m² gemessen. Auch die Farbechtheit (DeltaE) kann mit 4,49 voll überzeugen.
Der Kontrast ist top, das Display zeigt nur eine leichte, der IPS-Technik geschuldete Blickwinkelabhängigkeit, die aber erst bei sehr großen Kippwinkeln relevant wird.
Das Wiko zeigt eine leichte Blickwinkelabhängigkeit
Foto: teltarif.de
Für den Vollbildmodus bietet Wiko drei Einstellungen an, die das Leben mit der Notch erleichtern sollen. Zwei davon legen fest, wie das leuchtende Display den dunklen Fleck umfließen soll. Die dritte schaltet einfach einen Streifen schwarz und zeigt nur noch die Statusinformationen mit weißer Schrift an. Das gefällt uns am besten. Damit wird zwar das Display deutlich verkleinert, aber der hässliche Störfaktor ist weg.
Wiko übersetzt übrigens „Notch“ in den Einstellungen auf Deutsch. Sie heißt dann "Kerbe". Das ist zwar durchaus korrekt, klingt aber trotzdem ein bisschen nach Google-Translator. Für solche, eher übereifrigen Übersetzungen, gibt es noch weitere Beispiele in der Benutzerführung. So spricht das Handy etwa auch von "klugen Aktionen", was auch immer damit gemeint ist.
Das Display zeigt eine durchaus gute Helligkeit
Foto: teltarif.de
Performance, Akku und Konnektivität
Das Wiko arbeitet mit dem immer noch aktuellen Android 9 Pie. Der Stand der Sicherheitsupdates war Ende Oktober bei unserem Testgerät der 1. Juli. Richtig fix scheint Wiko bei den Updates also nicht zu sein.
Die Franzosen haben erfreulicherweise darauf verzichtet, das View 3 Lite mit Bloatware zuzumüllen. Die vorinstallierten Apps sind nicht viel mehr, als die unbedingt Notwendigen. Das kommt auch dem Speicherplatz entgegen. Von den 32 GB sind knapp 25 GB noch für Nutzerdaten frei, weitere 128 GB können per microSD-Karte hinzugefügt werden. Dies übrigens ohne die Option auf eine zweite SIM-Karte zu verlieren. Das ist sehr lobenswert.
Wiko verzichtetet weitgehend auf Bloatware
Foto: teltarif.de
Als Prozessor werkelt ein Unisoc Octa-Core Prozessor mit maximal 1,6 GHz-Taktung. Er ist, wie nicht anders zu erwarten, ein Einstiegs-Prozessor, von dem man keine Spitzenleistungen Erwartungen darf. Vor allem auch nicht, weil ihm nur 2 GB Arbeitsspeicher zugeteilt wurden. Entsprechend attestieren ihm auch unsere Benchmark-Tests Leistungen aus dem unteren Tabellenkeller. In der Praxis heißt das: Apps öffnen sich spürbar langsamer als bei Spitzen-Smartphones und bei aufwendigen Spielen stößt man ziemlich schnell an die Leistungsgrenzen.
Akku
Der Akku des Wiko hat eine Kapazität von 4000 mAh. Das verspricht eigentlich viel Ausdauer. Insofern enttäuscht unser Laborergebnis ein wenig. Mit gut 8 Stunden Laufzeit im teltarif.de-Test liefert das Wiko ein gutes, aber keineswegs herausragendes Ergebnis ab. In der Praxis sollte es aber deutlich länger als einen Tag über die Runden kommen.
Konnektivität
Bei den Verbindungsmöglichkeiten braucht man auf kaum etwas zu verzichten - nur die neueste Technik ist es halt nicht. Die Mobilfunktechnik ist auf LTE Cat.4 ausgelegt und unterstützt Dual-SIM. Zudem sind WLAN (n) und Bluetooth 4.2 mit dabei. Es gibt eine Micro-USB-Buchse und auch eine Kopfhörerbuchse. NFC fehlt allerdings, kontaktloses Zahlen funktioniert also nicht. Auch einen Fingerprintsensor gibt es leider nicht. Stattdessen gibt es nur ein 2D-Facelock, was man aber mit Vorsicht nutzen sollte. Es gilt als nicht sicher.
Sound, Kamera und Fazit
Beim Sound gibt es noch deutlich Luft nach oben. Zwar ist die Wiedergabe laut genug und die Gesprächsteilnehmer sind auf beiden Seiten stets gut zu verstehen, insgesamt klingt das Ganze aber irgendwie unnatürlich. Der Mono-Lautsprecher am unteren Teil des Wiko hingegen klingt ziemlich schrill und kratzig. Bass und auch die Mitten sind eindeutig unterrepräsentiert im Klangspektrum. Aber immerhin gibt es ja noch die Kopfhörerbuchse. Da ist der Klang zwar auch nicht überragend, aber akzeptabel.
Das Wiko hat einen Micro-USB-Port und einen leider quäkigen Mono-Lautsprecher
Foto: teltarif.de
Kamera
Die Kamera, die sich aus einer 13-Megapixel-Hauptlinse und einer 2-Megapixel-Linse für die Tiefenschärfe zusammensetzt, ist leider der absolute Schwachpunkt des Wiko. Sie ist eine reine Schönwetter-Kamera. Bei optimalem Licht liefert sie brauchbare Aufnahmen mit vielen Details. Sobald das Licht aber ein bisschen schlechter wird, fehlen Kontraste, die Farben verlieren ihre Brillanz.
Mit Low-light-Situationen kommt die Kamera des Wiko gar nicht mehr zurecht. Unsere Testbilder zeigen nur noch ein verwaschenes Rauschen. Gute Nachtaufnahmen aus der Hand sind praktisch unmöglich. Auch der eingebaute Nachtmodus schafft es hier nicht, scharfe Bilder zu erzeugen. Stattdessen gibt es bisweilen unansehnlich verwaschene Farbflächen. Die Testfotos der Hauptkamera haben für Sie im Original angehängt, damit Sie sich selbst ein Bild machen können.
- Hauptkamera 1: Gute Lichtverhältnisse mit Blitz
- Hauptkamera 2: Schlechte Lichtverhältnisse ohne Blitz
- Hauptkamera 3: Nachtmodus
Foto: teltarif.de Für Selfies und Videotelefonate hat Wiko eine 5-Megapixel-Kamera verbaut. Spezielle Filter gibt es keine – zumindest nicht ab Werk. Auch hier gilt: Stimmt das Licht, dann passt es auch mit den Aufnahmen. Die Details unseres „Models“ sind gut zu sehen. Allerdings erscheint das Gesicht ein wenig unvorteilhaft grünlich. Bei schlechtem Licht zeigt sich, dass der Blitz das Motiv nicht richtig ausleuchten kann. Details gehen unter, stattdessen wird ein deutliches Farbrauschen sichtbar.
- Frontkamera 1: Gute Lichtverhältnisse ohne Blitz
- Frontkamera 2: Schlechte Lichtverhältnisse mit Blitz
Die Bedienung der Kamera wird niemanden vor unlösbare Aufgaben stellen. Es gibt außer der Bokeh-Funktion nur wenige Einstellungen. Auch der 16:9-Modus fehlt. Stattdessen bietet Wiko nur das 4:3 oder 1:1-Format an. Letzteres ist zwar für Instagram optimal, insgesamt produziert diese Beschränkung aber später beim Ansehen am PC oder Fernseher viele störende schwarze Balken.
Fragt man die Hersteller, warum sie auf das 16:9-Format verzichten, dann verweisen sie auf die Optik. Die habe die besten Abbildungseigenschaften bei einem Kreis. Je näher das fertige Bild dieser Geometrie kommt, desto besser Qualität, so die Argumentation. Letztlich spart es wohl auch Aufwand und Geld bei der Linsenoptimierung.
Fazit
Man muss es leider sagen: Wer nur 130 Euro für ein Smartphone anlegen will, bekommt auch nur ein Smartphone für 130 Euro. Das Wiko View 3 Lite ist zwar modern und elegant und auch leidlich fit, um die meisten Aufgaben des täglichen Smartphone-Lebens zu erledigen, aber so richtig Spaß macht es nicht. Das gilt insbesondere für die Kamera. Grau verwaschene Partybilder könnten der Anlass sein, warum Käufer irgendwann doch auf ein teureres Modell umsteigen. Und dann wäre billig halt eben doch teuer.
Gesamtwertung von teltarif.de
Wiko View 3 Lite
- Headsetbuchse
- Dual-SIM plus Speicherslot
- Modernes und handliches Design
- Wenig Arbeitsspeicher
- Schwache Prozessorleistung
- Schwache Kamera
Einzelwertung Wiko View 3 Lite
-
Gehäuse / Verarbeitung
9/10
- Material 8/10
- Haptik 10/10
- Verarbeitung Gehäuse 8/10
-
Display
8/10
- Touchscreen 10/10
- Helligkeit 7/10
- Pixeldichte 2/10
- Blickwinkelstabilität 8/10
- Farbechtheit (DeltaE) 9/10
- Kontrast 10/10
-
Leistung
1/10
- Benchmark Geekbench Single 0/10
- Benchmark Geekbench Multi 0/10
- Benchmark Browsertest 7/10
- Benchmark Antutu 0/10
-
Software
10/10
- Aktualität 10/10
- Vorinstallierte Apps 9/10
-
Internet
7/10
- WLAN 3/10
- LTE 10/10
- LTE Geschwindigkeit 5/10
- 3G 10/10
- 5G -
- Empfangsqualität 9/10
- Dual-SIM 8/10
-
Telefonie
8/10
- Sprachqualität 8/10
- Lautstärke 8/10
- Lautsprecher (Freisprechen) 8/10
-
Schnittstellen / Sensoren
7/10
- USB-Standard 7/10
- NFC 10/10
- Navigation 6/10
- Bluetooth 9/10
- Kopfhörerbuchse 10/10
- Video-Out 10/10
- Fingerabdruckscanner 0/10
- Gesichtserkennung 6/10
-
Speicher
7/10
- Größe 6/10
- SD-Slot vorhanden 10/10
-
Akku
7/10
- Laufzeit (Benchmark) 9/10
- Induktion 0/10
- Schnellladen 0/10
-
Kamera
6/10
- Hauptkamera
- Bildqualität hell 8/10
- Bildqualität dunkel 3/10
- Bildstabilisator 5/10
- Frontkamera
- Bildqualität hell 8/10
- Bildqualität dunkel 6/10
- Kameraanzahl 8/10
- Video 6/10
- Handling 9/10