Lizenzierte Funkamateure können bei Katastrophen helfen
Bei Katastrophen wie der Flut im Ahrtal können auch Internet und Telefon ausfallen. Am Bodensee wollen deshalb die lizenzierten Funkamateure (oft fachlich inkorrekt als "Amateurfunker" bezeichnet) bei einem Modellprojekt den Behörden unter die Arme greifen - unter anderem mit einem eigens zusammengebauten Einsatzfahrzeug.
Mobile Funkzentrale
Lizensierte Funkamateure können weltweit via Sprech-, Datenfunk oder mit Morsetelegrafie in Kontakt treten.
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Mit einer mobilen Funkzentrale wollen Hobbyfunker am Bodensee Behörden im Katastrophenfall helfen. Der Pick-up-Truck könne unter anderem via Funk und Satellitenverbindung nach außen kommunizieren, einen Internet-Hotspot für die Bevölkerung bieten und bis zu eine Woche ohne zusätzlichen Strom oder Treibstoff auskommen. Das sagte der Vorsitzende des Vereins Notfunk Bodensee, Robert Traussnig, in Friedrichshafen. „Notfalls können wir auch morsen.“
Tausende Arbeitsstunden
Die zehn Mitglieder des Vereins hätten Tausende Arbeitsstunden und etwa 10.000 Euro in die Ausstattung des von Airbus gespendeten Fahrzeugs investiert, sagte Traussnig, der für den Flugzeugbauer Airbus am Bodensee arbeitet. Anfang Oktober wolle man damit bei einer Großübung zum Katastrophenschutz im Bodenseekreis teilnehmen. „Da werden wir testen, ob das alles so funktioniert“ ist sich Traussnig zuversichtlich.
Pilotprojekt mit dem DARC
Zudem werde im Rahmen eines Pilotprojekts des Deutschen Amateur-Radio-Club (DARC) ein Konzept mit Bereitschaftsdiensten erarbeitet, um das Fahrzeug notfalls zu jeder Zeit nutzen zu können. Beteiligt seien Hobbyfunker in Vereinen in Friedrichshafen, Lindau, Ravensburg und Markdorf.
Der DARC wolle solche Konzepte nach dem Modellprojekt deutschlandweit entwickeln, sagte eine Sprecherin des Verbandes im Vorfeld der Messe Ham Radio in Friedrichshafen. Die Schau von Freitag bis Sonntag ist nach Angaben der Veranstalter die größte Messe für Amateurfunk in Europa. Bei derzeit rund 33 000 DARC-Mitgliedern bundesweit könne in ganz Deutschland ein Netzwerk zur Katastrophenhilfe entstehen.
Behörden erwarten Verbindlichkeit
Ein Sprecher des Landratsamts Bodenseekreis in Friedrichshafen betonte, beim Katastrophenschutz müsse „ein gewisses Maß an Verbindlichkeit und Verlässlichkeit gegeben sein, wenn Ressourcen aus der Amateurwelt planerisch in den Katastrophenschutz eingebunden werden sollen“. Solche Notfälle seien aber „nur bedingt plan- und vorbereitbar“ und die Möglichkeiten der Behörden „nicht unendlich“, sagte der Sprecher. „Insofern ist es grundsätzlich gut, wenn der behördliche Katastrophenschutz um solche Möglichkeiten weiß.“
Das Landratsamt selbst könne im Katastrophenfall via Satellitentelefon mit anderen Behörden und Stellen des Katastrophenschutzes Kontakt halten. Auch die digitale Kommunikation der Feuerwehren könne man nutzen. „Im Extremfall werden Boten eingesetzt, wenn alle anderen technischen Verbindungen unterbrochen sind“, sagte der Sprecher des Landratsamts. Die Bevölkerung könne man zum Beispiel durch Lautsprecherdurchsagen informieren.
„Wenn es hart auf hart kommt, muss sowieso immer auch improvisiert werden“, sagte der Sprecher. Da sei es auch mit Blick auf die Amateurfunker am Bodensee „gut, wenn man voneinander weiß“.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Der lizensierte Funkamateur hat durch Ablegen einer Prüfung bei der Bundesnetzagentur nachgewiesen, dass er oder sie sich mit gewissen Grundlagen der Funktechnik auskennt und somit auch eigene Geräte selbst bauen oder an vorhandenen Geräten schrauben und experimentieren darf. Für den lizensierten Amateurfunk gibt es sogar ein eigenes Gesetz, das kurz nach dem 2. Weltkrieg erlassen wurde.
CB-Funk hingegen ist in einer Allgemeinverfügung geregelt, hier darf "Jedermann" zum Funkgerät greifen. Neben dem klassischen CB-Funk auf 27 MHz kann auf 149 oder 446 MHz mit kommerziell hergestellten Geräten gefunkt werden. Seit der Corona-Pandemie werden immer mehr kleine Funkgeräte gekauft , die "im Falle eines Falles" genutzt werden sollen.
Das Problem ist aber, es gibt dort kein Netzwerk und keine "Hotline", die dann parat steht und sofort helfen kann. Alle Gesprächspartner müssen auch in "normalen" Zeiten regelmäßig funken, damit sie wissen, wer wo und wann erreichbar ist und wie man Nachrichten übermittelt, wenn die Sprachverbindung nicht so gut oder gestört ist. Das gilt auch für den Amateurfunk.
Viele Hobbyfunker (ob mit Lizenz oder ohne) sind ausgesprochene Individualisten. Staatliche Regelungen werden zunächst sehr kritisch gesehen. Bei einer Anerkennung durch die Behörden müssten die Hobbyfunker sich in ein streng hierarchisches Konzept einfügen, wo viele Beteiligte sich als "wichtig" empfinden (oder es sogar sind), aber nicht jeder Teilnehmer kann oder will das akzeptieren.
Ohne Handys gehts oft doch nicht: Die Telekom vergibt mehr Datenvolumen.