Strafe für Telefónica wegen Verstößen nach E-Plus-Übernahme? (Update)
Telefónica muss sich wegen E-Plus-Übernahme rechtfertigen
Bild: Telefónica
Dem Mobilfunk-Anbieter Telefónica Deutschland
(o2) droht nach der milliardenschweren Übernahme des Rivalen E-Plus
eine saftige Geldstrafe. Das Unternehmen mit Sitz in München hat nach
Ansicht der EU-Kommission gegen Zusagen verstoßen, die es vor der
Übernahme 2014 gemacht hatte. Diese Bedenken habe man Telefónica
Deutschland heute übermittelt, teilte die Brüsseler Behörde mit.
Zunächst handele es sich jedoch um einen vorläufigen Standpunkt.
Wenn sich die Haltung der EU-Kommission bestätigt, könnte die Behörde eine Geldstrafe von bis zu zehn Prozent des Jahresumsatzes von Telefónica Deutschland verhängen. Im vergangenen Jahr waren das 7,3 Milliarden Euro.
Telefónica muss bis 5. April auf Vorwürfe reagieren
Telefónica muss sich wegen E-Plus-Übernahme rechtfertigen
Bild: Telefónica
Telefónica Deutschland äußerte sich heute "zuversichtlich, dass
die Umsetzung dieser Auflage durch uns korrekt erfolgt ist". Das
Unternehmen kündigte an, die Mitteilung der EU-Kommission zu prüfen
und sich fristgerecht dazu zu äußern. Dafür hat die Gesellschaft bis
zum 5. April Zeit. Der Aktienkurs der Telefónica Deutschland sackte
nach der Nachricht merklich ab.
Bei dem Vorwurf der EU-Kommission geht es um einen besseren Zugang für Drittanbieter zum LTE-Mobilfunknetz von o2 in Deutschland. Der Kommission zufolge soll Telefónica Deutschland den Zugang für Drittanbieter zu dem schnellen Datennetz nicht wie vorgesehen "zu günstigsten Preisen" ausgeweitet haben. Dies habe den Wettbewerb auf dem deutschen Mobilfunkmarkt eingeschränkt.
EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager betonte, wie wichtig die Zusagen von Unternehmen für ihre Behörde bei der Prüfung von Übernahmen sind. Sie seien von "entscheidender Bedeutung, um zu gewährleisten, dass anschließend ein wirksamer Wettbewerb gewahrt bleibt und die Verbraucher nicht geschädigt werden". Die Zusagen müssten vollständig eingehalten werden.
Die EU-Kommission hatte die E-Plus-Übernahme im Juli 2014 unter Vorbehalt genehmigt. Telefónica Deutschland ließ sich den Deal damals mehr als acht Milliarden Euro kosten und machte mehrere Zusagen. Dadurch wollte die EU-Kommission gewährleisten, dass neue Unternehmen in den deutschen Mobilfunkmarkt eintreten können und bestehende Konkurrenten gestärkt werden.
Das kritisiert die EU im Einzelnen
Die Genehmigung war laut der EU an die Auflage geknüpft, dass Telefónica seine Verpflichtungszusagen vollständig einhält. Durch diese Verpflichtungen sollte gewährleistet werden, dass neue Wettbewerber in den Mobilfunkmarkt in Deutschland eintreten können und dass die Marktstellung bestehender Wettbewerber gestärkt wird.
Die Verpflichtungen bestanden laut einer Mitteilung der EU-Kommission aus drei Hauptbestandteilen, wobei sich Telefónica nach dieser Mitteilung seinerzeit insbesondere verpflichtete (wir zitieren im Wortlaut):
"1. vor dem Abschluss des Zusammenschlusses bis zu 30 Prozent der Netzkapazität des neu aufgestellten Unternehmens zu festgesetzten Preisen an einen oder mehrere (bis zu drei) Betreiber virtueller Mobilfunknetze (MVNO) in Deutschland zu verkaufen. Solche virtuellen Betreiber nutzen die Netze anderer Betreiber, um Mobilfunkdienste für Verbraucher zu erbringen;
2. ein Funkfrequenzspektrum und bestimmte weitere Vermögenswerte zu veräußern, und zwar entweder an einen neuen Netzbetreiber oder anschließend an virtuelle Betreiber, welche dafür Netzkapazitäten nutzen, die sie aufgrund der Verpflichtungen erworben haben;
3. die bestehenden Vorleistungsvereinbarungen mit den Vorleistungspartnern von Telefónica und E-Plus auszuweiten und allen interessierten Marktteilnehmern 4G-Vorleistungen zu den "günstigsten Preisen" anzubieten. Darüber hinaus verpflichtete sich Telefónica, es seinen Vorleistungspartnern zu erleichtern, Kundenwechsel zwischen Mobilfunknetzbetreibern abzuwickeln."
Die heute von der Kommission übermittelte Mitteilung der Beschwerdepunkte bezieht sich insbesondere auf den dritten Teil dieses Verpflichtungspakets, und zwar insbesondere auf die Verpflichtung von Telefónica, allen interessierten Marktteilnehmern 4G-Vorleistungen zu "den günstigsten Preisen unter Benchmark-Bedingungen" anzubieten.
Erster derartiger Fall in der EU
Die Kommission vertritt in der Mitteilung den vorläufigen Standpunkt, dass Telefónica seinen Verpflichtungen in Bezug auf den 4G-Vorleistungszugang nicht hinreichend nachgekommen ist, weil das Unternehmen bestimmte bestehende Vorleistungsvereinbarungen nicht in die Benchmark einbezogen hat. Wenn Telefónica diese zusätzlichen Vereinbarungen einbezogen hätte, wären die Konditionen für den 4G-Vorleistungszugang für Dritte günstiger geworden. Durch das Verhalten von Telefónica wurde es nach Auffassung der Kommisssion Dritten erschwert, auf dem deutschen Markt für Mobilfunkdienste am Wettbewerb teilzunehmen.
Dies sei übrigens das erste Mal, dass die Kommission eine Mitteilung der Beschwerdepunkte übermittelt hat, in der sie den vorläufigen Standpunkt vertritt, dass ein Unternehmen Verpflichtungen, die es eingegangen war, um von der Kommission auf der Grundlage der EU-Fusionskontrollverordnung grünes Licht für einen Zusammenschluss zu erhalten, nicht nachgekommen ist.