Perspektive

Editorial: WePad hat noch einen weiten Weg vor sich

Ohne guten Touchscreen und viele Inhalte kein Konkurrent für das iPad
Von Steffen Herget

Die gestrige Pressekonferenz von Neofonie, auf der das WePad präsentiert wurde, hat einige Fragen beantwortet, viele aber unbeantwortet gelassen und auch neue aufgeworfen. Sicher, mittlerweile ist bekannt, was das Tablet aus Berlin - das allerdings in Asien produziert wird - kosten und wann es auf den Markt kommen soll. Auch in Sachen Technik wurde der Vorhang weiter gelüftet, wobei bis auf den HD-Beschleuniger und den HDMI-Ausgang im Top-Modell die Eckdaten ohnehin bereits bekannt waren. So weit, so gut.

Das WePad will kein iPad-Killer sein Das WePad will kein iPad-Killer sein
Foto: mobicroco.de
Allerdings schwieg sich Neofonie-Geschäftsführer Helmut Hoffer von Ankershoffen zu einigen wesentlichen Themen auch aus. So blieb der gewählte OEM-Hersteller ebenso im Dunkeln wie der Partner für den Support, der ebenfalls von einer Fremdfirma übernommen wird. Die Gerüchte verdichten sich mittlerweile in die Richtung, dass die Asus-Tochter Pegatron für die Produktion und das bekannte Unternehmen Medion für den Support zuständig sein werden. Auch konnte nicht genau erläutert werden, wie auf einem vom Partnerunternehmen 4tiitoo entwickelten Linux-Betriebssystem die Einbindung von Android-Apps realisiert werden wird.

Ausprobieren war nicht drin

Der größte Faux-pas, den sich Neofonie auf der gestrigen Veranstaltung geleistet hat, war allerdings die Tatsache, dass die versammelte Presse keine Möglichkeit bekam, das WePad einmal in die Hand zu nehmen und kurz auszuprobieren. Es gab nur ein einziges Exemplar des Tablets, auf dem lediglich eine Demo zu bestaunen war. Diese lief übrigens in Form eines Videos unter Windows 7, wie Neofonie auf dem eigenen Facebook-Profil verkündet hat. Eines der wichtigsten Kriterien bei einem Tablet ist der Touchscreen und die Umsetzung des Bedienkonzepts. Das erschließt sich nur beim Selbst-Anfassen und Ausprobieren, und genau das war eben nicht gegeben. Sogar die Vertreter von Neofonie selbst haben die Bedienung nicht gezeigt, was immer noch anschaulicher als ein reines Video gewesen wäre. Eine verlässliche Aussage darüber, ob das WePad dem iPad wird Paroli bieten können, ist daher noch nicht möglich.

Vergleich mit dem Apple iPad? Leider Fehlanzeige

Auch abgesehen von der Touch-Bedienung dürfte das WePad es im Kampf mit dem iPad schwer haben. Die Nachteile durch den erst Monate später startenden Verkauf und die bis jetzt nicht im realen Einsatz zu beurteilende Technik sind nicht zu unterschätzen, zudem hat sich Neofonie mit Apple einen Gegner ausgesucht, der mindestens eine Nummer zu groß für die Berliner ist. Auch wenn von Ankershoffen betont, man wolle kein iPad-Killer sein, werden doch Seitenhiebe auf die Konkurrenz deutlich. Mehrfach wurde der eigene, offene Ansatz gegenüber Apples geschlossenem System gelobt und die - tatsächlich besseren - Schnittstellen des WePad betont. Wenn dann noch Äpfel verteilt werden, die mit dem Logo des WePad geprägt sind, ist der Zweck solcher Aktionen kaum zu verschleiern. Sich dann allerdings dagegen zu sträuben, auch nur ein Foto mit WePad und iPad zusammen zu machen, zeugt nicht unbedingt von gesteigertem Selbstbewusstsein.

Gute Ideen mit ungewissen Ausgang

Allgemein kann dem WePad ein gewisser Charme auf jeden Fall nicht abgesprochen werden. Die sehr offen angelegte Strategie und das ambitionierte Vorhaben sind löblich, zudem machen die Demonstrationen und das gezeigte Tablet wirklich Lust auf mehr. Solange allerdings nicht bekannt ist, ob die Funktion des WePad und die Bedienung den Anforderungen der Kundschaft an ein gutes Tablet genügen kann und an die Leistungen des großen Konkurrenten - nichts anderes kann es sein - aus Cupertino auf diesem Gebiet heran reicht, wird es für das WePad wie für viele andere Mitbewerber schwer werden. Im derzeitigen Stadium der Entwicklung, die momentan beim WePad erlangt ist, gibt es noch eine ganze Reihe weiterer Exemplare von anderen Herstellern, von denen sicher nicht alle am Ende in den Handel gelangen werden. Neofonie muss schnell in die Gänge kommen und der Schuss muss ein Treffer werden, sonst könnte es um das WePad schnell deutlich ruhiger werden, als den Machern lieb sein kann.