Handy-Boom bald vorbei?
Nach dem ersehnten Boom, der den Mobilfunkmarkt in diesem Jahr satte Zuwächse beschwert hat, scheint sich nun das Blatt zu wenden: Laut neuer Prognosen wird das Wachstum der Handyindustrie im nächsten Jahr stark einbrechen. Das schreibt heute die Financial Times Deutschland (FTD [Link entfernt] ). So erwarte die Marktforschungsfirma Strategy Analytics erwartet, dass die Zahl der weltweit verkauften Mobiltelefone nach einer Zuwachsrate von 30 Prozent in diesem Jahr 2005 nur noch um acht Prozent auf insgesamt 726 Millionen Stück zunehmen wird.
Einen noch stärkeren Rückgang erwarte Roland Pitz, Analyst bei der HypoVereinsbank. Er gehe von einem Wachstum zwischen drei und sieben Prozent aus. Der Grund für den erfolgenden Rückgang sei in erster Linie das Abebben der ersten Verkaufswelle von Kamerahandys in den Industrieländern. Interessant in diesem Zusammenhang ist, dass das Marktforschungsunternehmen Gartner gestern sehr gute Absatzzahlen für diesen Bereich gemeldet hat - allerdings für dieses Jahr.
Erbitterte Preisschlacht
Die Rückgangszahlen klingen dramatisch, es handelt sich aber wohlgemerkt "nur" um die Wachstumszahlen, die nicht mehr wie gewohnt in die Höhe schnellen werden. Der Markt an sich wird weiterhin wachsen, nur eben nicht so schnell. Es handelt sich also um eine leichte Stagnation auf hohem Niveau. Trotzdem hat diese Abflachung der Wachstumskurve für die Wettbewerber ernste Folgen: Der Wettbewerbsdruck im ohnehin hart umkämpften Handygeschäft wird sich weiter erhöhen, entsprechend wird auch der Druck auf die Gewinnmargen steigen.
Die Anbieter liefern sich bereits jetzt eine erbitterte Preisschlacht, die von Marktführer Nokia eingeläutet wurde. Der finnische Weltmarktführer senkte die Preise für wichtige Modelle, um verlorene Marktanteile von Konkurrenten wie Motorola, Samsung oder Siemens zurückgewinnen. Gleichzeitig versucht Samsung, den ewigen Zweiten Motorola einzuholen, auch der Kampf um die weiteren Plätze wird immer härter. Zugleich befindet sich die gesamte Branche im Umbruch von einem wachstumsstarken und gewinnbringenden Hightechgeschäft zu einem Massenmarkt mit sinkenden Gewinnmargen.
Neuordnung in der Branche zu erwarten
Insgesamt steigt der Konsolidierungsdruck in der Branche. Im Markt für Personal Computer führte ein vergleichbarer Umbruch zu einer Neuordnung geführt: IBM zog sich weitgehend aus diesem Geschäft zurück, Dell übernahm die Marktführerschaft und Hewlett-Packard kaufte den Rivalen Compaq auf.
In der Handybranche vermehren sich die Anzeichen für einen ähnlichen Vorgang: Marktführer Nokia stauchelte wegen Versäumnissen bei der Entwicklung aktueller Modelle und verlor Marktanteile. Bei Siemens gab wegen des Preisdrucks zeitweise sogar Überlegungen, das unprofitable Handygeschäft auszulagern. Jetzt soll die ramponierte Sparte im Zuge einer Neuordnung des Telekommunikationsgeschäfts saniert werden. Alcatel aus Frankreich lagerte das Handygeschäft als Minderheitspartner in ein Joint Venture mit dem chinesischen TCL-Konzern aus.
Die Finnen konnten mit ihrer aggressiven Preisstrategie im dritten Quartal wieder aufholen; laut Strategy Analytics steigerte Nokia den weltweiten Marktanteil im Vergleich zum zweiten Quartal um über zwei Prozentpunkte auf 30,6 Prozent. Motorola und Samsung büßten dagegen Marktanteile ein. Leicht zulegen konnten Siemens und LG Electronics aus Südkorea.