Burg Eltz: Vom Mittelalter bis zur 5G-Versorgung
Bei strahlend schönen Wetter ist Burg Eltz für viele Besucher ein Muss.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Ältere teltarif.de-Leser erinnern sich vielleicht noch an den 500-DM-Schein oder die 40-Pfennig Briefmarke (zwischen 1977 und 1982). Darauf zu sehen: Die um 1200 erbaute und bis heute unzerstörte mittelalterliche Burg Eltz, die sehr romantisch im Elzbachtal (bei Koblenz, Rheinland-Pfalz) zu finden ist und bis zum Jahre 2020 in einem tiefen dunklen Funkloch lag.
250 000 Besucher pro Jahr
Bei strahlend schönen Wetter ist Burg Eltz für viele Besucher ein Muss.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
250 000 Besucher kommen jedes Jahr, um die architektonisch und historisch einzigartige Ritterburg zu besuchen. Die war bislang telefonisch im Festnetz immerhin über ISDN mit der Außenwelt verbunden. Als aber klar wurde, dass die Tage von ISDN gezählt waren, beschloss der Hausherr Dr. Karl Graf von und zu Eltz und Faust von Stromberg, sich intensiv um eine Verbesserung der Lage zu kümmern, den "Sprung vom Mittelalter in die Jetztzeit" zu wagen und mit Hilfe von Landesregierung Rheinland-Pfalz, der Deutschen Telekom "im hochalpinen Einsatz" - und unter kritischen Augen des Denkmalamtes, das "begeistert vom Meisterwerk der Camouflage" war, "gelang das Kunststück".
Einfacher Mast - geht nicht
Man hätte einfach einen Mast auf oder vor die Burg stellen können, aber das war von Anfang klar: Das historische Gesamtbild der Burg, die in 850 Jahren nie zerstört wurde, sollte und durfte nicht beeinträchtigt werden. Die Antenne musste also komplett unsichtbar sein und trotzdem die Burg optimal versorgen.
Gefunden wurde ein Standort im Wald, gegenüber der Burg, am "Trutzeltz", von wo aus die Burg 1331-1336 belagert und auch beschossen wurde. Dort lag schon Strom (für die Burg) und dorthin wurde auch eine Glasfaser gelegt.
Von links: Telekom Deutschland Chef Dirk Wössner, Gräfin und Graf von und zu Eltz mit Sohn und Schwiegertochter
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Die versorgt nicht nur die Sendestation der Telekom, sondern ab "nächste Woche" auch die gesamte Burg mit Telefon und Internet, wie Telekom-Chef Dirk Wössner versprach, der gemeinsam mit der rheinland-pfälzischen Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihrer Staatssekretärin für Digitales, Heike Raab, am Freitag nach Burg Eltz gekommen war, wo sie vom Hausherrn und seiner Familie höchstselbst begrüßt wurden.
Ein bis zwei Haushalte mehr versorgt
Blick ins Innere der Burg. Hier wurde viel auf-, um- und ausgebaut.
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Zwar werden mit dem neuen Sender "nur" ein oder zwei Familien oder Haushalte mehr versorgt, scherzte Wössner, das sei aber dennoch wichtig. Jedes Bundesland solle mit 98 Prozent, teilweise sogar 99 Prozent der Bevölkerung versorgt werden und allein in Rheinland-Pfalz werd es mehr als 200 neue Basisstationen geben, kündigte Wössner an. Die Telekom habe sich seit Jahren auf den kommenden 5G-Ausbau vorbereitet, in den letzten Jahren wurden etwa 16 000 Antennen (bundesweit) ausgetauscht.
Und Telefónica oder Vodafone?
Derzeit versorgt nur die Telekom ("D1") die Burg mit Mobilfunk. Mit Vodafone und Telefónica hat die Telekom schon Kontakt aufgenommen, damit auch diese Netzbetreiber die Anlage mitnutzen können. Seitens Telefónica sei wohl schon Interesse bekundet worden, doch noch gibt es ein regulatorisches Problem zu lösen: Das Bundeskartellamt sieht noch Klärungsbedarf, wie am Rande der Veranstaltung bekannt wurde, man sei aber optimistisch, dass das lösbar sei.
Rheinland-Pfalz: Runder Tisch und Clearingstelle beschleunigen Ausbau
Malu Dreyer (Mitte), Ministerpräsidentin von Rheinland-Pfalz lobte die Telekom für ihren Mut, die Burg Eltz mit Mobilfunk zu versorgen.
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Ministerpräsidentin Dreyer ist sich sicher: "Burg Eltz ist ein touristisches Highlight in Rheinland-Pfalz und die wohl meistbesuchte private Burg in Deutschland, ein symbolischer Ort für die Erschließung eines Bundeslandes mit vielen Burgen und Tälern." Dreyer freute sich, dass sich die Telekom an die Versorgung der Burg gewagt habe, denn "Wenn die Telekom es schafft, diese Burg zu versorgen, dann schafft sie es auch in ganz Rheinland-Pfalz", schließlich sei der Tourismus heute digital.
In Rheinland-Pfalz wurde ein Runder Tisch Mobilfunk gegründet, wo alle Netzbetreiber (Telekom, Vodafone, Telefónica) und alle in Frage kommenden Behörden eingeladen wurden. Eine Clearingstelle beim Land hat die Aufgabe, anstehende Probleme und Fragen wie Bedenken von Bürgerinitiativen oder den Umweltschutz zu erkennen und gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Dreyer erwartet bis 2025 "überall 5G und vorher schon 4G". Die Gesamtverantwortung für den Ausbau liege beim Bund und den Netzbetreibern.
Burg Eltz sei in dieser Hinsicht ein Idealfall, wie der Ausbau (in Rheinland-Pfalz) gelingen kann, "wenn die Eigentümer kooperieren" und eine "kreative Lösung" entwickeln. Dreyer möchte zeigen, was das Land zu bieten hat, und ist sich sicher, das mehr Menschen Urlaub in Rheinland-Pfalz machen werden.
Anreise über enge kurvige Sträßchen
Besucher, die nach Burg Eltz kommen, empfangen auf dem Parkplatz hinter dem Ort Wierschem noch alle drei Netze, dann geht es aber in Serpentinen den für den öffentlichen Verkehr gesperrten Berg in das Elzbachtal hinunter. Dort gab es bis Jahresanfang überhaupt kein Netz. Jetzt sendet die Telekom auf 800 und 1800 MHz in LTE (Carrier-Aggregation), 30 MHz Bandbreite stehen bei 1800 (Band 3) und 10 MHz bei 800 MHz (Band 20) zur Verfügung, ferner läuft 2G (GSM) auf 900 MHz. Über 12 Antennenleitungen werden die Signale auf drei Kombi-Antennen von Commscope gegeben, die schon für Frequenzen bis 2600 MHz vorbereitet sind.
Antenne quasi "unsichtbar"
Genau hinschauen: Die Antennen sind von der Burg aus kaum zu erkennen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Damit die Antennen nicht auffallen, wurden sie dunkelbraun eingefärbt. Man muss schon wissen, wohin man schauen muss, sonst bleiben die drei Antennen dem Besucher absolut verborgen, obwohl sie unmittelbar gegenüber die mehrfach umgebauten und erweiterten, dicken Eifelgranitmauern der Burg mit Signal durchdringen.
Burg bekommt 5G - noch dieses Jahr
Und damit nicht genug: Noch in diesem Jahr wird die Burg in das 5G-Zeitalter aufsteigen und mit 5G-Technik auf 2,1 GHz (Band n1) versorgt werden. Dazu wird wahrscheinlich das 1800-MHz-Radio gegen ein Multiband-Modul ausgetauscht, das dann auch 2,1 GHz abdecken kann.
Auf dem Bild sieht man zwei Anschlussschränke mit dem Glasfasermodem (OLT) und der Stromversorgung. Die jeweils drei kleinen Boxen mit Griff enthalten die Sendertechnik ("Radios") vom Lieferanten Huawei.
Gute deutsche Eiche als Sendemast
Auf den ersten Blick sieht man die Antennen im braun-grauen Gehäuse kaum.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Da ein klassischer Sendemast aus Schleuderbeton oder gar eine Gitterstahlkonstruktion aus Denkmalschutzgründen nicht in Frage kamen, wurde ein gute alte deutsche Eiche gewählt, die in den Wäldern des Grafen eingeschlagen wurde. Sie wurde auf ein gegossenes Betonfundament gesetzt, denn darunter befindet sich purer nackter massiver Fels. 10 Meter ist die Eiche hoch, die Unterkante der Antenne noch 6 Meter über Grund.
Große Kombi-Antennen (wie im Bild) wiegen 45 kg das Stück, gebraucht werden davon drei (für drei Sektoren). Die Antennen bei Burg Eltz sind etwas leichter und wurden über eine Hebebühne an den Montageort "angeliefert".
3600 Nutzer, 450 Downloads
Die Antennen-Eiche mit Betonfundament, Stromversorgung, optisches Modem (OLT) und die kleinen Kartons enthalten die Funksender (Radios)
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Anlage kann zeitgleich 3600 Benutzer verwalten, die zeitgleich 450 Downloads ausführen können. Technisch ist eine maximale Downloadgeschwindigkeit von bis zu 190 MBits/s und ein Upload von bis zu 50 MBit/s möglich. Bei Messungen von teltarif.de erzielten wir an einer Stelle 176 MBit/s im Downstream (gemessen mit Speedtest.net und einem iPhone SE (2020). Das Fernsehteam des Südwestrundfunks (SWR) nutzte gleich die Gelegenheit, seinen Filmbeitrag über die neue Anlage ins Studio zu überspielen.
Ausbauverpflichtung 2015 erfüllt - es geht weiter
Telekom-Chef Wössner sieht damit die Ausbauverpflichtungen aus 2015 (97 Prozent der Bevölkerung) erfüllt, und peilt als nächsten Schritt die 98 Prozent bis 2021 an.
50 Prozent aller Telekom-Standorte (auch in Rheinland-Pfalz) sollen bis Ende des Jahres mit 5G versorgt sein, passende Endgeräte (Handys) werden "ab jetzt lieferbar" sein.
Ende für Brieftauben - Elzbachtal und Wanderweg versorgt
Mit dem Sender Burg Eltz wird jetzt das Elzbachtal, die Ringelsteiner Mühle und der Wanderweg Moselsteig versorgt. Vorher mussten Anfragen nach Material über die Burg mit dem Versand von DVDs oder CD per Luftpost ins Ausland befriedigt werden. Öfters fuhren Landwirte aus Versehen über die "alte Leitung" oder rammten einen Leitungsmasten. Im Mittelalter hatte man sich mit Feuer- oder Rauchzeichen verständigt oder Brieftauben ausgesendet, das ist jetzt vorbei. Auf ihrem YouTube-Kanal Telekom Netz stellt die Telekom das Projekt im Video vor:
Eine Einschätzung von Henning Gajek
Wenn Grundstückseigentümer und die Politik an einem Strang ziehen, findet sich auch ein Netzbetreiber, der selbst komplexe Funklöcher gut versorgen kann. Das geht nicht mit immer neuen Vorschriften und bürokratischen Hürden, sondern mit dem Auffinden und Lösen von Problemstellen unter Einbeziehung aller Beteiligten in viel kürzerer Zeit als sonst. Die Genehmigungen für Burg Eltz haben nur sechs Monate gebraucht.