Ericsson & o2 erproben schnelleren Richtfunk für 5G
Wenn ein Sendemast irgendwo in der Einöde steht, gibt es zwei Probleme: Wo bekommen wir Strom her und wie transportieren wir die Signale von oder zur Mobilfunkvermittlung? Die konventionelle Lösung ist: Graben und Leitungen verlegen. Aber das Verlegen einer Glasfaser ist teuer, deshalb wird schon immer gerne per Richtfunk gemacht. Einach eine weitere Antenne an den Mast und die auf Sichtkontakt mit der Gegenstelle ausgerichtet. Nachteil des Richtfunks: Er ist wetteranfällig.
Ericsson und o2 erzielen Erfolg
Was aussieht wie Suppenschüsseln, sind Richtfunkspiegel. Sie kommen auch in Birkach zum Einsatz.
Foto: Ericsson GmbH
In einem gemeinsamen Projekt haben Ericsson und Telefónica (o2) erfolgreich "5G Wireless Backhaul" (zu Deutsch: Anbindung der Mobilfunkstandorte via Richtfunk) für die Versorgung von ländlichen Gebieten und Vorstädten demonstriert. Damit, so betonen die beteiligten Unternehmen, seien Geschwindigkeiten von bis zu 10 GBit/s über eine Entfernung von mehr als 10 Kilometern mit einer glasfaserähnlichen Leistung, aber via Richtfunk umsetzbar. Diese Technologie könne den großflächigen 5G-Ausbau beschleunigen.
5G: Schneller aufs Land
"Für uns hat es Priorität, die Digitalisierung durch mobile Konnektivität und einen schnellen 5G-Ausbau weiter in ländliche Gebiete und Vororte zu bringen", betont Aysenur Senyer, seines Zeichens "Director of Transport Networks" bei o2 Telefónica. Sein Gesprächspartner Ricardo Queirós, Head of Microwave Systems, Business Area Networks, Ericsson, bekräftigt den Zugang zu mobilen Hochgeschwindigkeitsdiensten als "Schlüssel zur Überwindung der digitalen Kluft, die durch weniger gut angebundene Gebiete entsteht."
Spätestens seit der Covid-19-Pandemie und der Zunahme von "Home Office" ist der Bedarf an schnellen und zuverlässigen Verbindungen in nicht-städtischen Umgebungen über zwei bis drei Kilometer Entfernung gestiegen. Jetzt können mehr als 10 Kilometer überbrückt werden, ideal für schwer zugängliche Gebiete.
Hohe Kapazität braucht Bandbreite
Hohe Kapazitäten erfordern große Bandbreiten, die es normalerweise nur in Millimeterwellen-Frequenzbändern (E-Band, 60-90 GHz) verfügbar sind. Das E-Band ist aber empfindlich gegen Regen. Kunden des ehemaligen E-Plus-Netzes erinnern sich, dass bei stärkerem Regen oder Gewitter komplette Sende-Stationen kurzzeitig "weg" waren.
Technische Details
Bei dem Demo-Betrieb mit o2 besteht die Neuheit darin, MIMO (Multi-Input-Multi-Output - Übertragung über mehrere Ebenen) mit hoher Modulation in 112 MHz breiten Funkkanälen zu nutzen. Normalerweise unterstützen kommerzielle MIMO-Lösungen nur maximal 56 MHz Bandbreite. Durch Carrier Aggregation ("Zusammenkleben" von Funkträgern) konnten niedrigere Richtfunkfrequenzen zum Einsatz kommen. Dieser Trick erlaubt größerer Reichweite mit stabileren Signalen.
Bei der Demo wurde auf 18 GHz gefunkt, mit "MINI-LINK"-Radioeinheiten und einem neuen Basisband-Algorithmus, welcher die Nutzung von MIMO in 2x 112-MHz-Kanälen ermöglicht. Diese Software ist noch im "vorkommerziellen" Status. Würde man "normalen" Richtfunk verwenden, würde ohne MIMO eine Bandbreite von 448 MHz in einer kreuzpolaren Anordnung gebraucht.
Die Kostenrechner bei den Netzbetreibern haben Grund zum Jubeln, denn Richtfunk ist kosten- und zeiteffizienter als eine Glasfaser.
Langjährige Erfahrung
Ericsson arbeitet in Deutschland mit allen drei Netzbetreibern zusammen. Schon seit dem Sendestart im Jahre 1992 lieferte Ericsson an Mannesmann Mobilfunk (heute Vodafone), anfangs verwendete Technik anderer Hersteller erfüllte nicht die Erwartungen und "flog raus". Seit kurzem ist Ericsson bei der Telekom an Bord (weil der Lieferant Nokia die technischen Anforderungen verfehlte) und jetzt (bei Richtfunk) ist Ericsson mit Telefónica-o2 verbunden. Die Zusammenarbeit sei auf mehrere Jahre ausgerichtet, betonen die Beteiligten.
Einst Marconi - heute Ericsson
Übrigens: Die Geschichte der drahtlosen Nachrichtenübertragung geht auf Guglielmo Marconi zurück, der die erste transatlantische Funkverbindung realisierte und 1896 zum Patent anmeldete. Marconi wurde später der wohl weltweit führende Spezialist für Richtfunkverbindungen und dieses Unternehmen wurde 2006 von Ericsson übernommen.
In Herzogenrath gab Ericsson Einblicke in die Mobilfunk-Zukunft.