Rassisten sollen congstar kündigen - erst zu Vertragsende
Die Aktion von congstar
Bild: congstar
Die bundesweiten Demonstrationen mit tausenden von Teilnehmern in deutschen Städten haben in den vergangenen Tagen Aufsehen erregt. Auch Firmen springen zum Teil auf den Zug mit auf und vertreten ihre Werte in der Öffentlichkeit, beispielsweise über Kampagnen in sozialen Netzwerken.
Kurz vor dem Wochenende startete nun auch der Telekom-Discounter congstar am Freitagabend eine derartige Kampagne auf seinen Social-Media-Auftritten. Da die in dem Text gemachten Aussagen möglicherweise für Kunden vertragsrelevant sind, hat teltarif.de hierzu nachgefragt.
"congstar hat keinen Bock auf Rassist*innen!"
Die Aktion von congstar
Bild: congstar
Unter dem Titel "congstar hat keinen Bock auf Rassist*innen!" veröffentlichte congstar diesen Text als Pressemeldung, der dann auch auf Facebook, LinkedIn und anderen Plattformen erschien:
"Für mehr fair" ist für congstar mehr als eine Werbebotschaft, sondern steht auch für unsere Haltung und unsere Verantwortung, die wir als Mobilfunkanbieter haben. Dazu gehört auch, dass wir uns klar gegen Hass, gegen Rassismus und für die Demokratie positionieren. Wir setzen daher als erster Mobilfunkanbieter Deutschlands ein klares Zeichen: Menschen, die die demokratischen Grundwerte und unsere Vorstellungen von einer vielfältigen und offenen Gesellschaft nicht teilen, rufen wir ab sofort proaktiv auf, bei uns zu kündigen. Denn wir haben lieber weniger Kund*innen, als mit unserem Angebot zur Verbreitung von Hass und Hetze beizutragen. Diese Botschaft werden wir heute und in den kommenden Tagen, Wochen und Monaten immer wieder über unsere verschiedenen congstar Kommunikationskanäle senden, um unsere Reichweite im Sinne der Demokratie zu nutzen!
Weitere Erläuterungen von congstar dazu
Zur vertragsrechtlichen Sache fragten wir congstar: Wenn ein Rassist aus diesem Grund auf diese Mitteilung hin den congstar-Vertrag während der laufenden Vertragszeit kündigt: Wird die Kündigung dann im Sinne einer außerordentlichen Kündigung sofort wirksam oder erst zum Ende der Mindestvertragslaufzeit? Für den Fall, dass eine sofortige außerordentliche und fristlose Kündigung möglich wäre, wollten wir wissen, ob congstar keine Befürchtung habe, dass Kunden, die anderweitig unzufrieden, aber gar keine Rassisten sind, das Verfahren für eine sofortige Kündigung missbrauchen könnten. Hierzu schrieb uns congstar:
Vielen Dank für Ihre Fragen. Unsere Botschaft steht für Offenheit, Vielfalt und Toleranz und in den aktuellen Zeiten für eine klare Positionierung. congstar Kund*innen, die unsere Werte von Freiheit und Demokratie nicht teilen, können die Kündigung über die bekannten Vertriebswege vornehmen: telefonisch beim Serviceteam unter 0221 79 700 700, über das Kündigungsformular auf http://www.congstar.de/, über das meincongstar Konto oder auf dem Postweg.Damit stellt congstar klar, dass kein Kunde mit Verweis auf die Aktion ein außerordentliches sofortiges Kündigungsrecht hat. Und bei einer regulären Kündigung zum Vertragsende spielt es dann auch gar keine Rolle, ob der Kunde hierfür einen Grund angibt oder nicht, denn für eine reguläre Kündigung muss kein Grund angegeben werden.Wir haben die verschiedenen Möglichkeiten der Kündigungen ganz offen besprochen und uns ganz bewusst dafür entschieden, kein Sonderkündigungsrecht einzuräumen, weil wir so den Kund*innen, die unsere Werte von Freiheit und Demokratie nicht teilen, aus Sicht aller anderen Kunden einen Vorteil einräumen würden. Da wir jedoch schon immer die Möglichkeit der monatlichen Vertragskündigung angeboten haben, haben viele unserer Kunden auch die Möglichkeit, uns jederzeit zum Monatsende zu verlassen.
Interessante Formulierung im Text
Interessant ist auch die Formulierung im Text "...als mit unserem Angebot zur Verbreitung von Hass und Hetze beizutragen". Wir fragten congstar, ob es denn ganz konkrete Vorfälle gebe oder gegeben habe, bei denen congstar-Kunden die congstar-Tarife und -Dienste nachweislich zur Verbreitung von Hass und Hetze verwendet haben. Hierzu konnte oder wollte uns congstar allerdings keine Auskunft geben.
Auch die Frage, ob congstar von sich aus den Vertrag kündigt, wenn der Provider in der Öffentlichkeit oder in sozialen Netzwerken feststellen sollte, dass eigene Kunden rassistische Hetze verbreiten oder die demokratischen Grundwerte und congstars Vorstellungen von einer vielfältigen und offenen Gesellschaft nicht teilen, wollte congstar uns nicht beantworten.
Prepaidkunden von congstar können 5G ohne Aufpreis nutzen. Für Vertragskunden wurde nur der Preis für die 5G-Option gesenkt. Wir haben die Pressestelle des Discounters auch hierzu um eine Stellungnahme gebeten.