Ericsson "erleichtert" seine 5G-Technik
Der Netzwerkausrüster Ericsson hat seine Produktfamilie "Massive MIMO" um drei neue Funkmodule erweitert. Das "RAN Compute"-Angebot wurde um sechs weitere Produkte ausgebaut.
Die neuen Lösungen basieren auf der "Ericsson Silicon"-Serie. Das ist eine System-on-a-Chip-Reihe (SoC), die speziell für Ericsson hergestellt wird. Die Chips schaffen die notwendige Rechenleistung für einen schnellen Ausbau energieeffizienter und hochleistungsfähiger Netze.
Mit den neuen Produkten sollen Netzbetreiber den Aufbau ("Rollout" ) ihrer Netze im "mittleren 5G-Frequenzspektrum" (1800, 2100 und 2600 MHz) beschleunigen.
Konzentration auf mittlere Frequenzen
Die neue 5G-Antennenfamilie von Ericsson wiegt nur noch 20 Kilogramm
Foto: Ericsson
Mobilfunknetzbetreiber können dort ihr 5G-Spektrum besser ausnutzen, um neue Angebote effizient einzuführen und die Kunden schneller anzubinden. Das mittlere Frequenzband ist ein Kompromiss zwischen dem weiter reichenden "Low Band" (700-900 MHz) und dem extrem schnellen "echten 5G" (3500 bis 3800 MHz)
mit höherer Kapazität, aber deutlich geringerer Reichweite.
Per Narvinger, Produktchef für regionale Mobilfunknetze ("Area Networks") bei Ericsson, erklärt das so: „Nach den ersten Rollouts von 5G-Netzen ist es jetzt an der Zeit, 5G zu skalieren (Anm. der Redaktion = größer und schneller auszubauen), indem Massive MIMO in viel größerem Umfang genutzt wird. Mit unserem neuen Portfolio können Mobilfunknetzbetreiber ihre Implementierungen im mittleren Frequenzbereich beschleunigen, ihren Anwendern eine höhere Leistung bieten und gleichzeitig den Energieverbrauch senken."
Massive MIMO ist eine Technik, wo die Sendeantennen immer optimal auf den aktuellen Nutzer ausgerichtet werden. Dabei wird die Antenne nicht bewegt, sondern im Gehäuse sind viele kleine Antennen, die elektrisch miteinander kombiniert werden und somit ein Richt-Diagramm bilden.
Funkteil im Antennengehäuse
Ericssons neue, leichteren und noch kompakteren "5G Massive MIMO Funkeinheiten für den mittleren Bandbereich" gehören zur Produktlinie "Antenna Integrated Radio (AIR)" des Konzerns. Sie reduzieren durch ihre kompakte Bauform den Platzbedarf am Standort deutlich und erhöhen die Kapazität dort um mehr als das Dreifache. Im "Antennengehäuse" ist nicht nur die Antenne, sondern auch das Funkmodul ("Radio") eingebaut. So ein Funkmodul wiegt nur noch 20 Kilogramm. Die Vorgänger wogen fast das Doppelte. Nicht nur das, die neuen Module sollen auch rund 20 Prozent energieeffizienter sein, verspricht Ericsson. Sie verfügen über eine passive Kühlung, um kostspielige Wartungseinsätze möglichst zu vermeiden.
Die Funkmodule können auf städtischen Hochhäusern, aber auch in vorstädtischen und ländlichen Gebieten für Einsatzzwecke wie Fixed Wireless Access (Internet per Funk, statt per Kabel) für die Automobil-Industrie, für Transport und Logistik auf einem Werksgelände eingesetzt werden.
Sechs neue Elemente für RAN Compute
Ericsson hat außerdem sein Angebot an "RAN Compute"-Produkten um sechs neue Elemente erweitert. Dazu gehören sowohl Indoor- als auch Outdoor-Optionen für 4G-Erweiterungen und 5G-Aufbauten im mittleren Frequenzband.
Die neuen Module sollen bis zu 50 Prozent mehr Übertragungskapazität und einen um 15 bis 20 Prozent geringeren Energieverbrauch im Vergleich zu früheren Lösungen haben.
Wie schon erwähnt basieren die neuen Produkte auf den "Ericsson Silicon"-SoCs. Damit können die Massive-MIMO-Antennen neue Funktionen wie Echtzeit-Kanalschätzung und hochpräzise Beamforming aussenden. In den Chips und der neuen Hardware-Architektur sind weitere Sicherheitsfunktionen eingebaut, damit Software und sensible Daten jederzeit vor den neugierigen zugriffen von Unbefugten geschützt seien, verspricht Ericsson.
Gute Aussichten für Ericsson
Ed Gubbins, MarktAnalyst bei GlobalData findet, dass die neuen Produkte zu einem günstigen Zeitpunkt kommen, da viele Netzbetreiber gerade jetzt ihre Aufmerksamkeit auf die Nutzung des mittleren Frequenz-Spektrums für 5G richten. Kompakte Bauform und geringes Gewicht werde den Netzbetreibern die Installation zu vereinfachen. Besonders gut findet der Analyst, dass Ericsson auf eigene Chipsets setzt.
Wer ist Ericsson?
Ältere Leser werden sich mit Wehmut noch an die optisch langweiligen, aber technisch und mechanisch sehr stabilen Ericsson-Handys erinnern, etwa die "Haifischflosse". Aus diesem Markt ist Ericsson nach einem Joint-Venture gemeinsam mit Sony (Sony-Ericsson) schon vor einiger Zeit ausgestiegen.
Dafür ist Ericsson weiter einer der großen Hersteller von Kommunikationstechnologie und -dienstleistungen und hat seine Firmenzentrale in Stockholm, Schweden. Das Kerngeschäft ist das Ausrüsten von Mobilfunknetzen mit Antennen, Funkeinheiten, Servern und so weiter. 40 Prozent des weltweiten Mobilfunkverkehrs werden nach Angaben des Unternehmens über Netztechnik von Ericsson abgewickelt.
Aktuell nennt Ericsson 127 kommerzielle Vereinbarungen und Verträge mit Mobilfunknetzbetreibern weltweit. Darüber hinaus ist Ericsson als Lieferant oder Service-Partner an einem Großteil aller kommerziell aktiven 5G-Netze beteiligt. Zu den 79 durch Ericsson unterstützten 5G-Live-Netzen weltweit zählen unter anderem auch Netze in Deutschland und der Schweiz.
Gründung im Jahre 1876
Leif Magnus Ericsson gründete sein Unternehmen im Jahre 1876. Es beschäftigt heute weltweit rund 99.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und arbeitet mit Kunden in 180 Ländern zusammen. 2019 erwirtschaftete Ericsson einen Nettoumsatz von 227,2 Milliarden SEK (etwa 22,72 Milliarden Euro)
In Deutschland beschäftigt Ericsson rund 2700 Mitarbeiter an zwölf Standorten – darunter rund 1000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Bereich Forschung und Entwicklung (F&E). Der deutsche Hauptsitz des Unternehmens ist in Düsseldorf.