Bitkom: Trend zum kontaktlosen Bezahlen setzt sich fort
Regelmäßig meldet sich der Branchenverband Bitkom zu Wort und gibt seine aktuellen Umfrageergebnisse bekannt. Interessantes hat Bitkom zum kontaktlosen Bezahlen zu vermelden, was auf den ersten Blick überraschend klingt. Statt an der Kasse umständlich Münzen oder Scheine aus dem Geldbeutel zu suchen, können Kunden einfach ihre Bankkarte, ihr Smartphone oder die Smartwatch ans Lesegerät halten - der Trend zum kontaktlosen Bezahlen setzt sich nach Angaben des Verbandes ungebrochen fort.
In den vergangenen drei Monaten hätten 95 Prozent der Deutschen mindestens einmal auf diese Weise bezahlt, vor einem Jahr habe der Anteil noch bei 90 Prozent gelegen. 60 Prozent der Käufer hätten kontaktloses Bezahlen sogar mehrmals die Woche genutzt. Das sei eine deutliche Steigerung gegenüber den 50 Prozent aus dem Vorjahr.
Umfrage von 1178 Personen
Den Sparkassen ist es gelungen, die Girocard in Apple Pay einzubinden. Für die Android-Welt gibt es eine eigene App
Foto: Picture Alliance/dpa
Die Zahlen stammen aus einer repräsentativen Befragung von 1178 Personen in Deutschland ab 16 Jahren im Auftrag des Digitalverbands Bitkom.
Gefragt wurde: "Zum Schluss haben wir ein paar Fragen zum Thema bargeldloses Bezahlen. Welche der folgenden Handlungen haben Sie in den letzten 3 Monaten Mehrmals täglich, Täglich, Mehrmals pro Woche, Einmal pro Woche, Seltener oder Nie unternommen?" und "Bitte geben Sie an, inwieweit Sie diesen Aussagen zustimmen oder nicht zustimmen."
Ein Zehntel (10 Prozent) zahlt somit mehrmals täglich kontaktlos, ein Viertel (27 Prozent) täglich, 23 Prozent mehrmals pro Woche, 29 Prozent einmal die Woche und 6 Prozent seltener. "Immer mehr Menschen nutzen das kontaktlose Bezahlen und sie nutzen es immer häufiger."
Aktive Hinweise auf Kartenzahlung
Viele Läden und Restaurants weisen inzwischen deutlich auf die Möglichkeit hin, da sie allen Beteiligten Vorteile bringt: "Der Bezahlvorgang geht schneller, ist bequemer und unterm Strich auch für die Geschäftstreibenden effizienter", sagt Kevin Hackl, Bereichsleiter Digital Banking & Financial Services beim Branchenverband Bitkom.
Zwischen den Altersgruppen gebe es beim kontaktlosen Bezahlen zwar deutliche Unterschiede, es habe sich aber auch bei den Älteren fest etabliert. 98 Prozent der 16- bis 29-Jährigen haben in den vergangenen drei Monaten mindestens einmal kontaktlos bezahlt, bei den 30- bis 49-Jährigen sind es ebenso wie bei den 50- bis 64-Jährigen 99 Prozent. Und selbst unter den Seniorinnen und Senioren ab 65 Jahren habe eine deutliche Mehrheit von 86 Prozent in den letzten drei Monaten kontaktlos bezahlt.
84 Prozent der Jüngeren zahlen mit Smartphone oder -watch
Zugenommen hat auch der Anteil derjenigen, die mit Smartphone oder Smartwatch an der Kasse bezahlen. Erstmals habe eine knappe Mehrheit (51 Prozent) der Deutschen diese Möglichkeit in den letzten drei Monaten genutzt, vor einem Jahr lag der Anteil mit 45 Prozent noch knapp darunter. Acht Prozent bezahlten mehrmals täglich kontaktlos mit Smartphone oder Smartwatch, 13 Prozent täglich und 12 Prozent mehrmals pro Woche. Ebenfalls 12 Prozent haben einmal pro Woche auf diese Weise bezahlt, 6 Prozent seltener.
Besonders beliebt ist das Bezahlen mit Smartphone und Smartwatch bei den Jüngeren von 16 bis 29 Jahren, von denen es 84 Prozent zumindest ab und an genutzt haben. Bei den 30- bis 49-Jährigen sind es 65 Prozent und bei den 50- bis 64-Jährigen 53 Prozent. Zurückhaltend sind in diesem Fall die älteren Menschen ab 65, von denen nur 19 Prozent Smartphone oder Smartwatch zum kontaktlosen Bezahlen nutzen - aber auch hier gibt es gegenüber dem Vorjahr (11 Prozent) einen deutlichen Anstieg.
Die Zahlen werden nach Ansicht des Bitkom weiter steigen, gehe es nach den Wünschen der Kundinnen und Kunden. 61 Prozent wollen künftig noch seltener Bargeld verwenden - vor einem Jahr waren es erst 52 Prozent, die sich das vorgenommen haben. Dabei geben bereits 81 Prozent an, dass sie in den vergangenen Jahren seltener Bargeld verwendet haben - hier dürfte auch die Corona-Pandemie eine Rolle gespielt haben.
Pflicht zur bargeldlosen Zahlung?
51 Prozent nehmen Bargeld nur noch aus Sorge mit, an einer Kasse nicht digital bezahlen zu können. Entsprechend fühlen sich 70 Prozent gestört, wenn man im Geschäft nicht bargeldlos bezahlen kann. Zwei Drittel wünschen sich daher eine "gesetzliche Pflicht für Geschäfte", neben Bargeld-Zahlungen auch mindestens eine elektronische Bezahlmöglichkeit anzubieten. "Cash-only sollte für jedes Geschäft, jedes Restaurant und jede Verkaufsstelle endgültig der Vergangenheit angehören. Die Menschen wollen Wahlfreiheit beim Bezahlen und sie möchten mit Smartphone, Smartwatch oder Karte bezahlen können. Auf der einen Seite denkt die Politik über die Einführung von digitalem Zentralbankengeld nach, auf der anderen Seite müssen Verbraucher bei Ticketautomaten oder beim Kiosk um die Ecke nach Münzen suchen. Wahlfreiheit zu garantieren ist vornehmlich eine politische Aufgabe", so Hackl.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Der Autor zahlt am liebsten mit der Smartwatch, weil das einfach am schnellsten geht und sofort eine Rückmeldung erfolgt, ob die Zahlung geklappt hat. Im Alltag sollte man an der Kassentheke "mit Karte" sagen, "mit Uhr" verwirrt das Personal eher. Oft hört man "Wir nehmen nur EC-Karte". Der Begriff EC-Karte wurde längst durch "Girocard" ersetzt, aber im Volksmund ist diese Änderung kaum angekommen.
Es gab aber auch schon einen Fall an einer Imbissbude auf einer (deutschen) Ferieninsel, wo der Verkäufer darauf hinwies, dass EC-Karte bei ihm nicht funktioniere, Kreditkarten aber schon. Des Rätsels Lösung: Dort ist ein Terminal von Sumup im Einsatz, das mit der reinen Girocard wirklich nichts anfangen kann. Ist die Girocard noch mit Maestro oder schon mit Mastercard Debit oder Visa Debit verknüpft, klappt das einwandfrei.
Anhänger der Apple-Welt können mit der Girocard auch kontaktlos über ihr Smartphone oder Uhr bezahlen, sofern sie Kunde bei einer Sparkasse sind. Die Sparkassen haben das Kunststück fertig gebracht, den Apple-Konzern von der Einbindung der rein deutschen Lösung "Girocard" zu überzeugen. Das hat den Sparkassen viele Bestandskunden gerettet und sogar manche Neukunden angezogen.
Reine Debitkarten haben Nachteile
Online-Banken, die ihren Kunden liebend gerne nur noch reine Debit-Karten von Mastercard oder Visa geben, die Girocard dabei aber weglassen, dürfen sich nicht wundern, wenn die Kunden frustriert sind. An der Girocard-Funktion kommt man derzeit einfach nicht vorbei - notfalls mit einem Zweitkonto bei einer "altmodischen" Bank oder Sparkasse.
Wer lieber mit Bargeld bezahlt, soll das weiter tun können. Kontaktloses Bezahlen ist sehr schnell und bequem, kann aber auch zu Spontan-Käufen mit nachfolgender Überlastung des eigenen Budgets führen.
Bei Störung oder Ausfall des weltweiten Internets oder von Bezahlterminals und Bankensystemen würde dann erst einmal gar nichts gehen. Solche Fälle sind selten, können aber vorkommen. Dann schlägt wieder die Stunde des Bargelds.