Darum kommt die UMTS-Abschaltung verfrüht
UMTS-Aus verfrüht
Foto: Image licensed by Ingram Image, Grafik/Montage: teltarif.de
Die deutschen Mobilfunk-Betreiber haben mit der seit langem geplanten endgültigen Abschaltung der UMTS-Netze begonnen. LTE und 5G sind zweifellos die besseren Techniken für den mobilen Internet-Zugang. Doch kommt die UMTS-Abschaltung wirklich zum richtigen Zeitpunkt? Und wäre es nicht vielleicht besser gewesen, anstelle von 3G zunächst den noch älteren GSM-Standard aufzugeben?
Die Netzbetreiber sehen GSM als nahezu flächendeckend verfügbare Mobilfunk-Basisversorgung an. In der Tat reicht das 2G-Netz für die Telefonie, für den Austausch von SMS-Mitteilungen und für langsame Datenübertragungen, auf die vor allem im M2M-Bereich, also bei der Kommunikation zwischen Maschinen, auch heute noch zurückgegriffen wird. Daher mag es schlüssig erscheinen, GSM vorerst beizubehalten.
Es geht auch anders
UMTS-Aus verfrüht
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Netzbetreiber wie die Swisscom in der Schweiz und AT&T in den USA sind den umgekehrten Weg gegangen. Sie haben sich zuerst vom 2G-Standard getrennt und UMTS beibehalten. Das hätte auch in Deutschland Vorteile gehabt. Vor allem Einfach-Handys, die nur GSM unterstützen, hätten ausgetauscht werden und die M2M-Nutzer hätten reagieren müssen. Letztere hatte die Swisscom in der Schweiz mit einem Vorlauf von fünf Jahren über die geplante Änderung informiert.
Auf den 2G-Standard beschränkte Einfach-Handys mögen auch heute noch vereinzelt im Einsatz sein. Möchte der Besitzer auch heute noch weitgehend auf mobile Datendienste verzichten und mit dem Handy nur telefonieren, so bekommt er für schmales Geld Ersatz in Form von Feature Phones mit UMTS- und LTE-Unterstützung. Was die Flächendeckung angeht, so ist LTE auf 700, 800 und 900 MHz ähnlich gut ausgebaut wie GSM, letzte Lücken sollten durch den Wechsel des Netzstandards an "2G-only-Standorten" schließen lassen.
In diesen Fällen wäre UMTS weiterhin wichtig
Einen echten Mehrwert hätte der Weiterbetrieb der UMTS-Netze beispielsweise für Besitzer von Fahrzeugen gehabt, die zwar über einen Mobilfunk-gespeisten WLAN-Hotspot und Online-Multimedia-Dienste verfügen - allerdings nur über UMTS und nicht über LTE. Wie berichtet ist die Umrüstung der im Auto verbauten Funktechnik oft nicht möglich. Kunden, die keinen Bastellösung haben möchten, bleibt oft nur der Neukauf.
Selbst aktuelle Smartwatches wie die Apple Watch Series 6 und die Samsung Galaxy Watch 3 unterstützen nur LTE und UMTS, nicht aber den GSM-Standard. Beherrscht das in der Uhr verwendete eSIM-Profil - aus welchem Grund auch immer - den VoLTE-Standard nicht, dann kann der Kunde zwar noch Datendienste nutzen, mit der Smartwatch aber nicht mehr telefonieren.
VoLTE-Roaming ist derzeit noch eher die Ausnahme als die Regel. Dafür gibt es mittlerweile auch erste Smartwatches, deren Mobilfunk-Modul auch im Ausland funktioniert. Bietet der jeweilige Netzbetreiber den UMTS-Standard nicht mehr an, so ist das Roaming ohne VoLTE-Funktion ebenfalls auf Datendienste beschränkt und Telefonate sind nicht möglich. Das gilt im Zweifelsfall selbst für Notrufe.
GSM für mobiles Internet unbrauchbar
Nicht zuletzt hätte UMTS als "Unterbau" für LTE und 5G den Vorteil, Datendienste zumindest in halbwegs zeitgemäßer Übertragungsgeschwindigkeit zu ermöglichen. Das GSM-Netz wirft die Kunden mit GPRS und EDGE "gefühlt" in die Zeiten von Akustikkoppler und Analogmodem zurück. So sehr die Ambitionen der Netzbetreiber, UMTS loszuwerden, auch nachvollziehbar sind: Es hätte auch gute Gründe dafür gegeben, zuerst auf 2G zu verzichten und 3G noch einige Jahre "am Leben" zu halten.
Auch in unserem Editorial sind wir vor wenigen Tagen auf das Aus für UMTS eingegangen.