Internettelefonie

VoIP mit dem Smartphone: Apps zum Telefonieren über das Internet

Internettelefonie über das Mobilfunknetz nicht immer möglich
Von Hans-Georg Kluge

Wer sich abhörsicher unterhalten möchte, kann sich auf klassische Handy­telefonie nicht verlassen. Auch Dienste wie Skype oder Viber sind nicht per se abhörsicher. Einzig eine Ende-zu-Ende-Ver­schlüsselung bietet die nötige Sicherheit, dass Telefonate nicht von Dritten belauscht werden können. Während es im Chat-Bereich mittlerweile eine ganze Reihe Apps zur verschlüsselten Kommunikation gibt - zum Beispiel Threema oder Heml.is - ist die Verschlüsselung von Sprachdaten bisher bestenfalls bei Politikern verbreitet, aber weniger in der Wirtschaft oder bei Privatnutzern.

Es gibt mit Crypto VoIP und my Secure Voice zwei Android-Apps, die vorgeben, abhörsicheres Telefonieren zu ermöglichen. Crypto VoIP ist schwer einzurichten und scheint auch nicht auf asymmetrische Verschlüsselung zu setzen. my Secure Voice wird im einzigen Kommentar im Play Store als Malware bezeichnet - wir sind das Risiko eingegangen und haben die App dennoch installiert. Dabei schlug der Virenscanner keinen Alarm. Die Einrichtung der App ist recht kompliziert - neben einer einmaligen Gebühr für den App-Download schlagen monatliche oder jährliche Abo-Gebühren zu Buche. Dafür unterstützt der Entwickler allerdings auch die Verschlüsselung von SMS-Nachrichten und E-Mails.

mySecurePhone bietet Verschlüsselung für E-Mail, Sprache und SMS. mySecurePhone bietet Verschlüsselung für E-Mail, Sprache und SMS.
Screenshot: teltarif.de
Nachdem wir die Installation und Einrichtung der App hinter uns gebracht haben - was nicht ganz einfach war -, konnten wir eine Sprachverbindung aufbauen. Allerdings hatten wir mit Verzögerungen der Übertragung zu kämpfen. Immerhin: Ein Handy hatten wir im LTE-Netz - das andere im WLAN -, dennoch funktionierte das Telefonat einigermaßen. Leider ist auch hier die Bedienung nicht ganz eingängig - außerdem benötigten wir teilweise mehrere Versuche, bis ein Telefonat zustande kam.

Wie in vielen anderen Fällen von verschlüsselter Kommunikation gilt aber auch hier: Beide Gesprächs­partner müssen die gleiche App verwenden - bei den hohen monatlichen Kosten dürfte sich die Verbreitung daher in Grenzen halten. Immerhin können Nutzer mit dieser App verschlüsselt telefonieren, SMS austauschen und E-Mails versenden - stets nur zu anderen Nutzern der App.

Android: VoIP-Konto mit Bordmitteln verwenden

mySecureVoice: Verschlüsselte Telefonate mit monatlichen Gebühren. mySecureVoice: Verschlüsselte Telefonate mit monatlichen Gebühren.
Screenshot: teltarif.de
Android-Nutzer können ein VoIP-Konto auch direkt mit der Telefon-App des Betriebs­systems verwenden. Die nötigen Konfigurations­daten können Nutzer in den Anrufeinstellungen eintragen. Leider streichen einige Hersteller diese Funktion aus der Firmware, sodass nicht jeder Nutzer eines Android-Smartphones VoIP- bzw. SIP-Telefonate ohne zusätzliche App führen kann.

Ist das VoIP-Konto erst einmal eingerichtet, erlaubt das Android-Smartphone, bei jedem ausgehenden Anruf auszuwählen, ob das klassische Handynetz verwendet werden soll oder das SIP-Konto. Nutzer können die Einstellung auch als Standard einrichten. Wer über VoIP telefoniert, bezahlt dann jedoch die Konditionen seines VoIP-Anbieters.

In den App Stores von Apple und Google steht eine umfangreiche Auswahl an Apps bereit, die die Nutzung eines SIP-Accounts bei einem anderen Anbieter ermöglichen. Auf Android ist das vor allem für diejenigen Nutzer praktisch, deren Smartphones nicht über eine direkte Unterstützung von Internettelefonaten verfügen.

Der Anbieter easybell hat im Play Store eine VoIP-App eingestellt, mit der Kunden ihren easybell-VoIP-Tarif auf dem Smartphone nutzen können.

Sparen mit VoIP?

VoIP-Apps haben nicht nur innerhalb Deutschlands ihren Nutzen, sondern spielen Kostenvorteile vor allem im Ausland aus. Dort gilt aber noch mehr als im Inland: Datentraffic im Handynetz ist teuer - ein WLAN-HotSpot ist dort für die Kostenkontrolle alternativlos.

Ist diese Hürde jedoch genommen, können Nutzer mit den VoIP-Apps gegenüber den sonst anfallenden Roaming-Kosten deutlich sparen.

Fazit: VoIP-Telefonate am besten im WLAN

Unsere ausgewählten Tests zeigen: VoIP-Telefonate sind bei schlechter Netzverbindung in den Mobilfunknetzen schwierig bis unmöglich. Im WLAN bei stabiler Internetverbindung können die meisten der hier vorgestellten Apps aber überzeugen. Da Nutzer innerhalb eines Dienstes kostenlos telefonieren können, stellen VoIP-Apps eine gute Alternative dar, um zwischen zwei Standorten zu telefonieren. Wer aber auf das mobile Internet angewiesen ist, wird in Regionen mit schlechter mobiler Internetanbindung nicht glücklich werden - auch netzseitige Drosselungen oder Sperren führen zu eingeschränkten Telefonier-Möglichkeiten. Kosten lassen sich nur dann sparen, wenn die Gespräche zu einem Nutzer ins Ausland gehen oder der eigene Handytarif Gespräche zu Handys oder ins Festnetz mit einem (hohen) Minutenpreis berechnet.

Wer diese Apps im mobilen Internet einsetzen möchte, sollte außerdem drei Dinge beachten: Einerseits schließen viele Handyanbieter die Nutzung von VoIP aus. Andererseits verbraucht die Sprachübertragung genug Datenvolumen, um auch einen größeren Tarif mit 1 GB oder mehr monatlichem Volumen schnell an die Drosselungsgrenze zu führen - ist diese einmal erreicht, sind VoIP und schnelles Surfen nicht mehr möglich. Und schließlich: In einigen Fällen war uns über das mobile Internet überhaupt kein Aufbau einer Verbindung möglich, in anderen Fällen war die Qualität nicht alltagstauglich - unzuverlässige Dienste wiederum machen im Zweifelsfall mehr Probleme als sie lösen. Dann jedoch bietet sich noch an, andere Dienste auszuprobieren, denn die möglichen Einschränkungen können von Ort zu Ort und Dienst zu Dienst unterschiedlich sein.

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