WiFi: Nach 2,4 und 5 kommen bald auch 6 GHz
Im Mobilfunk ist es seit Jahren üblich, jede neue Generation auch mit neuen Frequenzen auszustatten: 2G/GSM bei 900 und 1800 MHz, 3G/UMTS bei 2100 MHz, 4G/LTE bei 800 und 2600 MHz, 5G bei 700 und ab 3400 MHz und künftig auch noch im Millimeterband (letzteres in Europa voraussichtlich bei 28 GHz). Und wo bleibt dabei im Vergleich das drahtlose WiFi-Heimnetzwerk? Die letzte Frequenz-Erweiterung dort, nämlich die Zuteilung des 5-GHz-Bandes, erfolgte bereits 1999, also vor 20 Jahren, auch, wenn entsprechende Geräte direkt nach dem Start noch rar gesät waren und erst später den Mainstream erreichten. Zwar wurde zwischenzeitlich WiFi 802.11ay eingeführt, das sogar bei 60 GHz funkt, aber das ist wirklich Spezialanwendungen vorbehalten, wo Router und Endgerät direkte Sichtverbindung zueinander haben.
Die Frage nach dem "wo bleibt WiFi" stellten sich auch die Verantwortlichen bei Broadcom und Qualcomm. Sie veröffentlichten daher eine Studie, wie sehr WiFi von zusätzlichen 500 MHz im "Mid Band" bei einstelligen Gigahertz-Werten profitieren würde, und stellten bei der in den USA für die Frequenzvergabe zuständigen Federal Communication Commission (kurz FCC) einen Antrag auf weitere 500 MHz Bandbreite. Sie waren dann entsprechend positiv überrascht, als sie sogar 1200 MHz erhielten, wenn auch mit einem gewaltigen Pferdefuß: Diese Frequenzen, die überwiegend im 6-GHz-Band liegen, sind bereits in Benutzung. Und die bisherigen Benutzer werden auch nicht verschwinden.
Teilen von Frequenzen ist Standard
Vorschlag für neue WiFi-Frequenzen im Bereich um 6 GHz: Insgesamt 1200 MHz stehen in den USA zur Verfügung, in Europa immerhin 520 MHz.
Foto: Kai Petzke
Nun hat WiFi die unlizenzierten Frequenzen immer schon mit anderen Diensten geteilt: Bei 2,4 GHz funken
auch Bluetooth und ZigBee. Mikrowellen heizen mit dieser Frequenz sogar das Essen auf. Weil
Mikrowellengehäuse nie ganz dicht sind, gelangt immer auch ein kleiner Teil der starken Sendeleistung
nach außen. Das war damals der Grund für die Allgemeinzuteilung in diesem Bereich: Wenn die Frequenzen
um 2,4 GHz wegen der Störmöglichkeit durch die Mikrowellen eh nicht für kommerzielle Funkdienste
verwendet werden, dann wird auch durch die Allgemeinzuteilung dieser Frequenzen die Situation nicht
verschlechtert. Trotz - oder vielleicht sogar wegen - dieses "sozialistischen" Ansatzes ist das Geschäft
mit 2,4-GHz-Endgeräten zum Multi-Milliarden-Markt geworden. In keinem anderen Band tummeln sich
so viele Endgeräte wie rund um 2,4 GHz: Neben klassischen vernetzten IT-Geräten wie Smartphones, Routern,
Laptops und Druckern inzwischen auch immer mehr Lautsprecher, Kameras, Lichtschalter,
Heizungsthermostaten und unzählige weitere Smart-Home-Geräte. Die Zahl der Endgeräte im
durchschnittlichen Heimnetz verdoppelt sich alle zwei Jahre.
Lage und Bandbreite der neuen für WiFi vorgesehenen Frequenzen
Foto: Kai Petzke
Die WiFi-Technologie musste also schon immer damit klarkommen, dass die Funkbänder auch von anderen
mit genutzt werden. Einer der maßgeblichen Treiber bei der Entwicklung neuer WiFi-Standards war immer
schon, die gleichzeitige Nutzung desselben Kanals durch unterschiedliche Geräte besser zu managen
und die totale Verstopfung zu verhindern. Es gibt aber einen weiteren fundamentalen Unterschied:
Bei 6 GHz müssen die WiFi-Netze künftig nicht nur mit Störungen durch andere Sender klarkommen. Sie
müssen darüber hinaus auch sicherstellen, andere, lizenzierte Funkdienste selber nicht zu stören! Das
war bei 2,4 und 5 GHz bisher kein Problem: Da keiner eine Lizenz hatte, durfte jeder jeden stören und
jeder Dienst musste seine eigene Technologie entwickeln, um mit diesen Störungen klarzukommen.
Satelliten-Uplink und Richtfunk
Lage und Bandbreite der neuen für WiFi vorgesehenen Frequenzen
Foto: Kai Petzke
Die beiden Nutzungen des zitierten 6-GHz-Bands sind Satelliten-Uplinks und Richtfunk-Verbindungen.
Bezüglich der Satelliten-Uplinks ist die Vermeidung von Störungen einfach: Entsprechende
Uplink-Antennen senden meist mit mehreren Watt Sendeleistung auf einer recht kleinen Bandbreite
(einige 10 MHz) und vor allem mit stark fokussierten Parabolantennen. WiFi-Router haben hingegen
Rundstrahlantennen, und was dann in 36 000 km Entfernung von deren Signal noch bei einem
geostationären Satelliten ankommt, ist wirklich minimal und nicht mehr in der Lage, dort
den Empfang zu stören.
Schwieriger ist die Situation bei den Richtfunk-Verbindungen: Die verwendeten Richtfunkantennen sind, da sie für horizontalen Blick auf einem Masten montiert werden, meist deutlich kleiner als Satellitenantennen, die erdnah mit "Blick nach oben" installiert sind. Der kleine Antennendurchmesser vergrößert aber den Öffnungswinkel, aus dem Störsignale empfangen werden können. Oft werden zudem Punkt-zu-Multipunkt-Verbindungen genutzt: Der zentrale "Punkt", der gleichzeitig mit vielen anderen "Multipunkten" spricht, ist dann sogar ein Rundstrahler oder eine wenig gerichtete Sektorantenne, wie man sie mit 120 Grad, 60 Grad oder vereinzelt auch nur 30 Grad Öffnungswinkel zuhauf bei Mobilfunk-Basisstationen findet. Gerade dieser zentrale Knoten ist dann aber auch für Störsender in der Nähe "empfänglich".
Die - verhalten - gute Nachricht: Richtfunk-Verbindungen sind relativ dünn gesät. An bzw. über den meisten Orten findet man nur null bis zwei Verbindungen und diese auch meist mit überschaubarer Bandbreite von bis zu 30 MHz pro Kanal. Wenn von den genannten 1200 MHz, die nun zugeteilt werden sollen, an einem typischen Standort nur 2 x 30 MHz nicht genutzt werden können, verbleiben immer noch 1140 MHz freies Spektrum - viel mehr, als bisher für WiFi bei 2,4 und 5 GHz zur Verfügung steht!
Erst mal in die Datenbank schauen
Automated Frequency Coordinater (AFC) für WiFi bei 6 GHz
Foto: Kai Petzke
Die Situation wird sogar noch besser: Bei Verbindungen innerhalb geschlossener Räume mit
niedriger Sendeleistung kann man sogar sicher sein, dass bei 6 GHz so wenig Signal nach
draußen dringt, dass es keine Störungen geben wird. Also nur WiFi-Netze im Freien oder
WiFi-Netze mit stärkerer Sendeleistung (letztere auch drinnen) müssen sich überhaupt "Sorgen"
machen, lizenzierte Empfänger zu stören. Um das zu vermeiden, planen die WiFi-Anbieter eine
Datenbank-Lösung: Die Regulierungsbehörden (wie die FCC in Amerika oder die Bundesnetzagentur
in Deutschland) tragen die lizenzierten Richtfunk-Verbindungen in eine elektronische Karte
ein. Der WiFi-Router lokalisiert seinen Standort (zum Beispiel per GPS) und ermittelt dann
anhand der elektronischen Karte, welche Frequenzen an seinem Standort frei sind. Diese, und
nur diese, Frequenzen erlaubt er dann auch den Endgeräten in seiner Umgebung, zu verwenden.
Anders als bei der im 2,4- und 5-GHz-Band gängigen Praxis, dass eingeschaltete Smartphones auf der Suche nach neuen Netzen auf allen Kanälen regelmäßig kurze Anfrage-Pakete ausstrahlen, müssen bewegliche WiFi-Endgeräte bei 6 GHz sich "ruhig" verhalten, bis sie eine Kanalzuteilung erhalten haben. Letztere lässt sich entweder über die bestehenden Frequenzbänder aushandeln, oder die Smartphones lauschen im 6-GHz-Band passiv auf die Beacons der Router, auf die sie dann antworten, statt selber aktiv nach Routern zu suchen. Angesichts der in der Regel deutlich höheren Reichweite des 2,4-GHz-Bandes sollte es aber kein Problem sein, die 6-GHz-Verbindungen über das 2,4-GHz-Band auszuhandeln.
Die weltweite Finalisierung der Frequenzzuteilung - in Europa übrigens mit ca. 500 MHz nicht ganz so üppig wie in den USA, aber immer noch reichlich - erwartet Qualcomm für das kommende Jahr. Erste Produkte dürften schon kurz danach auf den Markt kommen: Wahrscheinlich müssen die bereits bestehenden 5-GHz-Antennen nur wenig umgestaltet werden, um auch den angrenzenden Bereich bei 6 GHz mit abzudecken. Die größten Änderungen werden aufgrund der genannten Datenbank-Abfragen bei der Firmware von leistungsstarken WiFi-Routern nötig sein. Diese werden auch durch den zusätzlichen GPS-Empfänger etwas aufwändiger in der Herstellung. Die Vorteile - große Bandbreite in bisher kaum genutzten Frequenzbereichen - dürften aber die Nachteile bei weitem überwiegen.