Risiken und Nebenwirkungen

Flatrate: Anbieter haben den Hals schneller voll als die Nutzer

Was tun, wenn der Anbieter die Flatrate kündigt?
Von Marie-Anne Winter

Das gerade wieder zu beobachtende Phänomen des Flatrate-Sterbens ist in der Telekommunikationsbranche nicht neu, auch wenn es sich hier ja um ein eher partielles Sterben handelt, das weniger die Anbieter, als die Kunden betrifft. Schon im Jahr 2000 stellten innerhalb kurzer Zeit eine Reihe von Schmalband-Internet-Anbietern ihre Pauschalangebote für die Internet-Nutzung ein, weil ihr Konzept nicht aufging. Im Grunde konnte es auch gar nicht aufgehen, weil die Anbieter ausgehend von der tatsächlichen Durchschnittsnutzung ihre Flatrate-Angebote kalkulierten. Eine unbegrenzte oder auch nur ständig überdurchschnittliche Nutzung war zu dem monatlichen Preis, den sie berechnet hatten, schlicht und einfach nicht möglich. Ähnlich wie auch jetzt nahmen die Anbieter an, dass die Nutzung insgesamt etwas zunimmt und es einige Nutzer geben würde, die das Angebot strapazieren. Allerdings gingen sie davon aus, dass die meisten Kunden aber unter der Grenze bleiben würden, an der sich das Angebot für den Anbieter nicht mehr lohnt.

Mit der Flatrate kommt auch das Flatrate-Verhalten

Ähnlich ist das auch jetzt: Die Anbieter gehen davon aus, dass die Kunden ihr Surf- oder Telefonierverhalten nicht auffällig ändern werden, nur weil sie eine Flatrate buchen. Bei vielen Menschen ist bzw. war das tatsächlich so: Sie kaufen mit der Buchung einer Flatrate vor allem die Sicherheit ein, dass die Rechnung am Ende des Monats nicht höher als erwartet ausfällt. Entsprechend wurde vor einiger Zeit dieser Aspekt in der Werbung für neue Pauschalangebote hervorgehoben. Sinngemäß zusammengefasst lautete die Hauptaussage: Liebe Kunden, vielleicht telefoniert (oder surft) ihr gar nicht so viel, aber dennoch habe ich ein tolles Pauschalangebot für euch, bei dem ihr keine Angst mehr haben müsst, dass es am Ende teurer wird, wenn ihr man länger telefoniert oder im Internet unterwegs seid.

Doch der Trend sagt etwas anderes: Wer eine Flatrate hat, gewöhnt sich daran, diese entsprechend zu nutzen. Zwar verhalten sich nicht alle Kunden so, aber doch viele. Und die Anbieter reagierten damals entsprechend, aus Schmalband- und DSL-Flatrates wurden wieder DSL-Volumentarife bzw. wieder minutenbasierte Zugänge. Gut, das war vor fünf Jahren, mittlerweile sind im Festnetz Doppelflatrate-Angebote für Breitband-Internet und Festnetztelefonie innerhalb Deutschlands unter 30 Euro an der Tagesordnung. Das liegt zum einen an neuen Großhandelsangeboten, die der Telekom auferlegt wurden, zum anderen auch an der technischen Entwicklung, denn heute stehen sehr viel größere Kapazitäten in den Festnetzen zur Verfügung.

Die Mobilfunker fürchteten die Flatrate lange Zeit - und hatten Recht damit

Im Mobilfunk zögerten die Anbieter länger - zwar gab es immer wieder spürbare Preisschritte nach unten, doch es war klar, dass die Schmerzgrenze mit einem Flatrate-Angebot überschritten würde: Noch während der CeBIT 2005 sagte der damalige E-Plus-Chef Uwe Bergheim, dass eine Gesprächsflatrate die letzte Masche sei, die ein Mobilfunkanbieter auf dem deutschen Markt bringen könne. Genau deshalb zögerten die Anbieter auch, diesen Stein ins Rollen zu bringen. Denn eines war allen Anbietern klar: Wie immer diese Angebote gestrickt würden - sie würden letztendlich auf einen neuen, möglicherweise finalen Preiskampf herauslaufen.

Dieser Preiskampf tobt nun tatsächlich und die Folgen dieser Entwicklung sind derzeit am schrumpfenden Umsatz der gesamten TK-Branche sichtbar: Selbst wenn der jeweilige Anbieter den Pauschalpreis für Sprachtelefonie oder Datennutzung ziemlich hoch ansetzen würde, schneidet er damit die Umsätze nach oben ab, die er maximal mit Gesprächen oder Daten aus dem jeweiligen Vertrag generieren könnte. Wenn die Spitzen abgeschnitten werden, sinkt der Umsatz insgesamt. Das ist aber nur einer der negativen Aspekte, die eine breite Einführung von Pauschalangeboten mit sich bringt. Ein anderer Effekt ist, dass der eine Anbieter den anderen geringfügig nach unten unterbietet, um dadurch Kunden zu gewinnen. Also kalkulieren die Anbieter immer knapper - und immer mehr Kunden telefonieren und surfen immer mehr, ohne dass sich das positiv im Umsatz niederschlägt.

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