Stuxnet-Nachfolger

Cyberkrieg neu entfacht: "Flame"-Virus greift den Iran an

Spion macht Screenshots und greift auf Tastatur und Mikrofon zu
Von mit Material von dpa

Cyberkrieg: Flame-Virus greift den Iran an Cyberkrieg: "Flame"-Virus greift den Iran an
Screenshot: dpa
IT-Experten haben einen neuen Computerschädling entdeckt, der vor allem Rechner im Nahen Osten und dem Iran ausspionieren soll. Das Programm mit dem Namen "Flame" werde derzeit in mehreren Ländern aktiv als Cyberwaffe eingesetzt, warnte das russische Antivirus-Unternehmen Kaspersky Lab. "Die Komplexität und Funktionalität der neu entdeckten Schadsoftware übersteigt die aller bislang bekannten Cyber-Bedrohungen." Das Schadprogramm wurde von Kaspersky Lab im Rahmen einer Untersuchung im Auftrag der zur UNO gehörenden International Telecommunication Union (ITU) als Worm.Win32.Flame entdeckt.

Firmen-Chef Eugene Kaspersky setzte Flame in eine Reihe mit den Sabotageprogrammen Stuxnet und Duqu. Der Computerwurm Stuxnet, der eine Steuerungsanlage von Siemens manipulieren kann, hatte offenbar vor allem das Ziel, Atomanlagen im Iran zu sabotieren. Duqu ist eine Stuxnet-Variante, die zusätzlich die Aufgabe hat, Industrieanlagen auszuspionieren.

Flame macht Screenshots und greift auf Tastatur und Mikrofon zu

Cyberkrieg: Flame-Virus greift den Iran an Cyberkrieg: "Flame"-Virus greift den Iran an
Screenshot: dpa
Flame dient ebenfalls vor allem als Spionagewerkzeug: Nach der ersten Analyse von Kaspersky überwacht der 20 Megabyte große Schädling den Datenverkehr im Netzwerk, nimmt Bildschirm-Fotos (Screenshots) auf und protokolliert Tastatur-Eingaben und zeichnet über das im PC eingebaute Mikrofone Gespräche als Audio-Datei auf. Außerdem greift der Wurm auf gespeicherte Dateien und Kontaktdaten zu.

Das Programm, das für Windows-PCs entwickelt wurde, verbreitet sich demnach über infizierte USB-Sticks, manipulierte E-Mails und Websites sowie über lokale Netzwerke (LAN). Flame wird durch externe Computer über das Internet gesteuert. Erste Infektionen konnten bis zum August 2010 zurückverfolgt werden. Allerdings ist das Programm so komplex und darüber hinaus bislang äußerst zielgerichtet eingesetzt worden - darum konnte es von Sicherheitssoftware bis jetzt nicht aufgespürt werden.

Besonders starkes Auftreten von Flame im Iran beobachtet

Die meisten Infektionen seien im Iran entdeckt worden (189 Fälle), danach folgen Israel/Palästina (98), der Sudan (32), Syrien (30) der Libanon (18) und Saudi-Arabien (10). Eugene Kaspersky sagte, die Flame-Schadsoftware sehe wie eine neue Phase im Cyberkrieg aus. "Es ist wichtig zu verstehen, dass diese Cyberwaffen einfach gegen jedes Land eingesetzt werden können. Und im Gegensatz zur konventionellen Kriegsführung sind vor allen die weiter entwickelten Länder am meisten anfällig."

Wer genau hinter der Programmierung von Flame steckt, konnte Kaspersky nicht sagen. In Israel schürte Vize-Premierminister Mosche Jaalon Gerüchte, sein Land stehe hinter der Cyber-Attacke. In einem Interview des Armeerundfunks sagte Jaalon, Israel sei damit "gesegnet, eine Nation zu sein, die überlegene Technologie besitzt. Diese Errungenschaft eröffnet uns alle möglichen Optionen."

Die Regierung im Iran reagierte auf die Berichte über Flame mit einer scharfen Attacke auf Israel. Der iranische Außenamtssprecher Ramin Mehmanparast sagte auf einer Pressekonferenz in Teheran, Flame sei "nichts Wichtiges". "Es gibt nun mal illegitime Regime, die nur eines im Sinn haben: Verbreitung von Viren, um anderen Ländern zu schaden. Man sollte daher versuchen, nicht nur diese Viren, sondern auch die Ursache dieser Viren auszutrocknen."

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