Unsicher

Darum könnten viele WLAN-Radios in Kürze verstummen

Versagen schon Anfang nächster Woche zahl­reiche WLAN-Radios ihren Dienst? Ausge­schlossen ist das offenbar nicht.
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Im Herbst 2023 haben wir darüber berichtet, dass Fron­tier sein bislang für die Kunden kosten­loses Online-Portal für die Favo­riten­ver­wal­tung von WLAN-Radios einstellen will. Zum 1. März 2024 sollte ein kosten­pflich­tiges Nach­folge-Angebot kommen. Anfang Februar teilte der Platt­form-Betreiber auf der Start­seite des Smar­tradio-Portals schließ­lich mit, man sei in Gesprä­chen mit den Endge­räte-Herstel­lern. Ziel sei es, das Portal für Endver­brau­cher weiter kostenlos anzu­bieten.

"Die Gespräche kommen gut voran und wir sind zuver­sicht­lich, dass eine Eini­gung erzielt wird. Sofern Sie nichts von uns hören, gehen Sie bitte davon aus, dass der Dienst weiterhin so funk­tio­niert", so der weitere Text auf der Webseite. Zwischen den Zeilen kann man heraus­lesen, dass Fron­tier anstelle der Endver­brau­cher die WLAN-Radio-Hersteller zur Kasse bitten will, um den weiteren Betrieb der Platt­form zu gewähr­leisten. Viele WLAN-Radios bald ohne Online-Anbindung? Viele WLAN-Radios bald ohne Online-Anbindung?
Bild: teltarif.de
Das Ansinnen des Unter­neh­mens ist nach­voll­ziehbar. Bislang hat Fron­tier nur durch den Verkauf von Chip­sätzen für die smarten Radio­geräte Einnahmen. Der Betrieb der Platt­form zieht aber laufende Kosten nach sich - für den Betrieb der Server, für die Daten­bank-Pflege usw. Diese Kosten lassen sich nicht durch jeweils einma­lige Einnahmen durch den Chip-Verkauf decken, wie Fron­tier einräumt.

Dienste werden künftig nicht mehr auto­matisch akti­viert

Laut unserer Redak­tion vorlie­genden Infor­mationen plant Fron­tier, die unter der Marke Nuvola ange­botenen Online-Dienste künftig nicht mehr auto­matisch zu akti­vieren. Statt­dessen müssen Endver­brau­cher ihre WLAN-Radios regis­trieren, um diese mit dem Nuvola-Portal zu verbinden. Das sei per App und über das Smar­tradio-Portal möglich. Betroffen sind auch Bestands­kunden. Diesen soll ein entspre­chender Hinweis auf dem betrof­fenen Radio und in der App ange­zeigt werden.

Zahlt der Gerä­teher­steller Lizenz­gebühren an Fron­tier, so sind Regis­trie­rung und Nutzung für die Kunden kostenlos. Ist das nicht der Fall, werden für den Radio­hörer Abo-Gebühren fällig, sofern er die Internet-basierten Dienste nutzen möchte. Auch wenn ein Hersteller die Zahlung entspre­chender Lizenz­gebühren zu einem späteren Zeit­punkt kündigt, fallen für den Endkunden Abo-Kosten an - oder er muss auf die Online-Dienste verzichten.

Geplant sind offenbar verschie­dene Abo-Modelle, die unter­schied­liche Inklu­siv­leis­tungen bieten. Es läuft aber darauf hinaus, dass zumin­dest die Webradio- und Podcast-Funk­tion eines Smart Radios mit Fron­tier-Chip­satz demnächst nicht mehr funk­tio­nieren wird, wenn weder der Gerä­teher­steller noch der Endver­brau­cher dafür Lizenz- oder Abo-Gebühren zahlt. Bisher nicht bekannt ist, welche Hersteller das neue Geschäfts­modell von Fron­tier akzep­tieren und welche Hörer sich darauf einstellen müssen, dass die Online-Funk­tionen ihrer Radios nur noch dann nutzbar sind, wenn ein entspre­chendes Abon­nement abge­schlossen wird.

Stichtag 1. April

Die Gespräche von Fron­tier mit den Gerä­teher­stel­lern laufen seit Februar. Zum 1. April (und das ist kein April­scherz) soll der kosten­pflich­tige Service­zeit­raum beginnen. Ob die Daten­dienste für WLAN-Radios, für die der Hersteller keine Gebühren gezahlt hat, dann sofort abge­schaltet werden, ist nicht bekannt. Eben­falls ist unklar, inwie­weit ggf. schon Anfang April Endver­brau­chern Abos ange­boten werden, um den Online-Zugang für ihre Empfänger zu erhalten.

Zum 1. Juni sollen alle Nutzer zur Regis­trie­rung aufge­for­dert werden, um die Nuvola-Dienste weiter verwenden zu können. Je nachdem, welches Modul im betrof­fenen Radio verbaut ist, will Fron­tier zusätz­liche Premium-Dienste im Abon­nement anbieten. Denkbar wäre, dass beispiels­weise Geräte mit dem aktu­ellen Venice-X-Chip gegen Aufpreis einen Zugang zum Smar­tradio-Portal bekommen, über das nicht nur eine komfor­table Favo­riten­ver­wal­tung möglich ist, sondern auch eigene Stream-Adressen einge­pflegt werden können. Info zu "Serviceänderungen" auf der Startseite des Smartradio-Portals von Frontier Nuvola Info zu "Serviceänderungen" auf der Startseite des Smartradio-Portals von Frontier Nuvola
Quelle: smartradio.frontier-nuvola.net, Screenshot: teltarif.de

Eine Einschät­zung von Markus Weidner

Die Vergan­gen­heit hat gezeigt, dass es für Endver­brau­cher prak­tisch unmög­lich ist, die lang­fris­tige Nutzung eines WLAN-Radios zu planen. Immer wieder haben in den vergan­genen Jahren Chip-Hersteller oder Daten­bank-Betreiber ihren Dienst einge­stellt. Nach einer Über­gangs­zeit wurden die betrof­fenen Empfänger zu Elek­tronik­schrott.

Nun stehen auch den Nutzern von Radios auf der Fron­tier-Platt­form unsi­chere Zeiten bevor. Wird "mein" Hersteller die Lizenz­gebühren zahlen und wenn ja, für welche Geräte und für welchen Zeit­raum? Muss ich selbst ein Abon­nement abschließen, das Kosten verur­sacht, die beim Radio­kauf nicht einkal­kuliert waren? Oder fällt das Geschäfts­modell von Fron­tier perspek­tivisch sogar in sich zusammen, weil niemand zahlen will, und die Radios werden eben­falls reif für den Sonder­müll?

Ich kann verstehen, dass Fron­tier irgend­wann Geld verdienen muss. Wenn das auf Basis des bishe­rigen Geschäfts­modells nicht funk­tio­niert, müssen Ände­rungen her - und zwar für neu verkaufte Module bzw. WLAN-Radios. Unse­riös ist es hingegen, für längst verkaufte Hard­ware im Nach­hinein die Kondi­tionen für Gerä­teher­steller und/oder Endver­brau­cher zu verschlech­tern.

Ange­sichts der bishe­rigen Erfah­rungen kann man den Kauf eines WLAN-Radios kaum noch empfehlen. Die Alter­native wäre beispiels­weise die Nutzung eines Smart­phones oder Tablets, das - beispiels­weise per Blue­tooth - mit einem Laut­spre­cher oder der HiFi-Anlage verbunden und als Inter­net­radio-Empfangs­gerät genutzt wird. Funk­tio­niert eine Webradio-App nicht mehr, so kann man bequem auf eine andere Anwen­dung auswei­chen. Es ist aber nicht erfor­der­lich, gleich die ganze Hard­ware zu verschrotten.

In einer weiteren Meldung haben wir hinter­fragt, ob die DAB+-Nutzung tatsäch­lich rück­läufig ist, wie die aktu­elle Media Analyse zumin­dest teil­weise sugge­riert.

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