Editorial: Gebrauchtes Handy? Ja, aber bitte neue Software!
Nachhaltigkeit und Umweltschutz sind wichtige Themen unserer Gesellschaft. Dazu gehört auch das Recycling gebrauchter Smartphones, die aufbereitet und wieder zurück in den Kreislauf geschickt werden. Ein länger genutztes Handy soll die Umwelt schonen. Das ist nicht nur logisch, sondern auch ein ausgesprochener Vorteil, an dem nicht zu rütteln ist, und den ich voll und ganz unterstütze.
Je nach Modell kann es aber schnell von Nachteil sein, dieses zu kaufen, wenn es bereits einige Zeit Marktpräsenz auf dem Buckel hat. Hier sollte man genau aufpassen, für welches man sich entscheidet.
Smartphones - Hardware-Power für Jahre
Ein gebrauchtes Smartphone ist eine schöne Sache - wenn die Software aktuell ist
Fotos: Image licensed by Ingram Image/teltarif.de, Montage: teltarif.de
Moderne Smartphones haben Leistungsreserven für mehrere Jahre. Bei Messaging, Telefonie, Surfen, Social Media und auch Gaming können sich viele Modelle auf die Fahne schreiben,
diese Anforderungen über Jahre zu beherrschen. Das liegt schlicht an sehr leistungsfähigen Hardware-Komponenten. Letztlich müssen CPU, GPU, Speicher und Co. auch besondere
Aufgaben leisten. Beispiele dafür gibt es aus den Reihen von Motorola und Samsung. Die Hersteller haben Modelle im Portfolio, deren Software sich mit Zubehör und externen Bildschirm in ein Desktop-Design
wandelt, mit dem unter anderem Textverarbeitung wie am klassischen PC möglich ist oder ein gekoppelter Controller Gaming-Türen wie auf einer Konsole öffnet. Das Smartphone ist eine Leistungsmaschine geworden, aber nicht
nur für einen Generationenzyklus, sondern weit darüber hinaus. Was liegt also näher, diese Geräte über mehrere Jahre zu nutzen - auch als gebrauchte Geräte, die wieder aufgearbeitet werden,
bei denen bei Bedarf einzelne Komponenten ausgetauscht werden, und sie im besten Fall wieder wie neu erscheinen? Auf der einen Seite finde ich es eine großartige Idee, alleine weil
der Markt von unzähligen Einsteiger-, Mittelklasse- und Flaggschiffmodellen längst gnadenlos überflutet wurde - und ein Ende ist nicht in Sicht.
Prinzipiell könnte man sich jeden Monat ein neues Smartphone kaufen, weil man durch die Vielzahl an Neuvorstellungen glauben könnte,
das gerade erst erworbene Top-Modell ist schon wieder veraltet. Tatsächlich ist das aber nicht richtig. Neuerungen, Verbesserungen und hier und da schnellere Komponenten wird es immer
geben - auch Entwicklungen im wichtigen Bereich der Smartphone-Fotografie werden das ein oder andere Modell "besser" machen.
Letztlich sind das aber nur kleine Sprünge. Und Leaks im Vorfeld von Neuvorstellungen führen im Zweifel ohnehin schon dazu, dass es keine Höhepunkte mehr gibt. Und beim Design kommt seit einiger Zeit auch nicht viel rum. Die Modelle sehen meist alle gleich aus: Display mit möglichst wenig sichtbarem Rahmen und ein Loch im Panel für die Selfiekamera. So ist also auch die Optik derzeit kein Grund, das alte Handy gegen ein gleichaussehendes neues auszutauschen.
Alles spricht aus meiner Sicht also dafür, ein gebrauchtes, erneuertes, "refurbished"- oder "renewd"-Handy zu kaufen. Und selbst die, die es nicht wollen, könnten ihre Altgeräte über Ankaufportale wieder in den Kreislauf schicken. Vielleicht ist es auf den ersten Blick kaputt, aber vielleicht reicht auch ein neuer Akku oder ein Displaytausch aus, um das Gerät wieder fit und andere glücklich zu machen, die nicht so viel Geld für ein nagelneues Flaggschiff ausgeben wollen.
Es kommt auf die Software an
Eine gute Smartphone-Hardware ist allerdings keine Garantie dafür, dass das Modell vom Hersteller auch lange mit wichtigen Software-Updates versorgt wird. Aber diese sind aus meiner Sicht doch genauso wichtig wie eine Hardware, die über mehrere Jahre mit allen möglichen Anforderungen klarkommen soll. Mir geht es nicht unbedingt um die jährlich neuen OS-Versionen von Google oder Apples iOS. Mir geht es um wichtige Sicherheitsupdates, die zwischendurch geliefert werden, wie die im Android-System bezeichnete "Android-Sicherheitspatch-Ebene", die mit dem ersten jeden Monats datiert ist.
Eine Garantie, dass ein stets aktuelles Smartphone absolut keine Sicherheitslücken aufweist, gibt es freilich nicht. Allerdings ist eine veraltete Software nicht gerade hilfreich, wenn es um die Prävention von Sicherheitsrisiken geht. Ich denke an Accounts mit sensiblen Informationen wie Mail-Programme - vom Online-Banking über Smartphone-Apps ganz zu schweigen. Wer Risiken so gut es geht vorbeugen will, der möchte das am besten doch mit einem Smartphone machen, das einen aktuellen Software-Status hat.
Leider ist das nicht bei allen Geräten aller Hersteller gleichermaßen gegeben. Noch vor wenigen Jahren wusste man beim Smartphone-Kauf nicht genau, woran man war, wenn es um regelmäßige Software-Lieferungen geht. Mittlerweile haben viele Hersteller erkannt, dass eine transparente Update-Politik Vertrauen schafft und durchaus ein großes Kaufargument beziehungsweise Kaufgegenargument darstellen kann. Bedeutet unter Strich: Wer ein Smartphone kauft, weiß im besten Fall, wie lange es mit Software-Updates unterstützt wird - sofern die Software-Prognosen seitens der Hersteller eingehalten werden.
Hersteller verraten sich selbst
Samsung, Apple und Google gehören zu den Smartphone-Herstellern, deren Smartphone-Modelle vergleichsweise lange mit Software-Updates versorgt werden. Und damit verraten sich die Hersteller selbst. Wenn Samsung beispielsweise für Modelle wie das Galaxy Z Flip 3 5G und das Galaxy S21 FE vier Jahre OS-Updates und fünf Jahre Sicherheitsupdates verspricht, impliziert das, dass in der Regel auch die Hardware für die jahrelange und ständige Aktualisierung der Software ausgelegt ist. Niemand braucht also jedes Jahr ein neues Modell.
Und hier treten gebrauchte Smartphone-Modelle ins Rampenlicht. Wer sich beispielsweise für ein gebrauchtes Galaxy S21 FE entscheidet, das Anfang des Jahres auf den Markt gekommen ist, wird beim Kauf in zwei Jahren im besten Falle noch drei Jahre Sicherheitsupdates erhalten - eine gute Sache.
Auf der Seite des Ankaufportals reBuy heißt es beispielsweise "Kauf dir das Samsung Galaxy S7 gebraucht! Sei nachhaltig und hilf mit, die Umwelt zu schützen." Man bekommt das Samsung-Flaggschiff aus dem Jahre 2016 dort derzeit noch zu kaufen. Von Software-Support seitens des Herstellers kann hier allerdings nicht die Rede sein. Ich habe schon von jemandem gehört, der ein Galaxy S8 besitzt, das er vor rund einem Jahr gekauft hat. Das gebrauchte Gerät hat der Nutzer also noch nicht so lange im Besitz und plant vermutlich, es noch weitere zwei oder drei Jahre zu verwenden. Allerdings ist sowohl das OS (Android 9) also auch die Sicherheitspatch-Ebene (auf 2019 datiert) total veraltet. Das Problem: Das Galaxy S8 hat ein schönes, großes Display und läuft stabil. Aus Sicht des Nutzers ist es nachvollziehbar, dass er das Smartphone weiterhin verwendet. Schließlich kann er sich über die für seine Anwendungsfälle ausreichend arbeitende Hardware nicht beschweren.
Wer auf Sicherheit wert legt, sollte mit einem solchen Modell allerdings keine sensiblen Bankgeschäfte tätigen. Stattdessen sollten Sie sich an den besagten Software-Prognosen der Smartphone-Hersteller orientieren und danach ein gebrauchtes Gerät auswählen.
Eine weitere Möglichkeit wäre beispielsweise das Galaxy S20, für das vier Jahre Sicherheitsupdates prognostiziert werden. Da das Modell Anfang 2020 auf den Markt kam, dürfte es noch bis 2024 Sicherheitsupdates erhalten. Solche Fälle machen meiner Meinung nach am meisten Sinn - aber hier muss erwähnt werden: Nur wenn der Preis stimmt und der des aufbereiteten Geräts nicht den Marktpreis für ein neues des gleichen Modells übersteigt.
Am Ende ist die Rechnung für die Zukunft aber noch einfacher: Die Hersteller müssen ihre Smartphones noch länger mit Updates unterstützen. Schließlich hält die Hardware das ja jetzt schon mehrere Jahre aus, und Weiterentwicklungen in Richtung noch leistungsfähigerer Hardware wird es geben. Dann ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Gebrauchtes - wie Smartphones - noch attraktiver wird..