Schnelles Internet: Wer anderen eine Grube gräbt ...
Beim Tauziehen um die Glasfaser kommt es darauf an, wer zuerst baut. Derzeit kann das noch Nachteile haben.
Foto: Picture-Alliance /dpa
Heute hört sich der Deutsche Bundestag in einer öffentlichen Anhörung die Argumente zur geplanten Novelle des sogenannten DigiNetz-Gesetzes (DigiNetzG) an. Zu der Anhörung des Ausschusses für Verkehr und digitale Infrastruktur sind diverse Sachverständige – darunter auch vom BREKO Verband, der sich als "führende deutscher Glasfaserverband" sieht, eingeladen.
Zum Hintergrund: Das Bundesministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur (BMVI) will das sogenannte DigiNetz-Gesetz anpassen, um den Überbau bzw. Doppelausbau von Glasfaserleitungen künftig zu verhindern. Nach dem Gesetz besteht im Rahmen von öffentlich (teil-)finanzierten Bauarbeiten die Pflicht, Telekommunikationsunternehmen die Verlegung von Breitbandinfrastrukturen im Rahmen der Bauarbeiten zu ermöglichen.
Lieb gemeint, schlecht gemacht
Beim Tauziehen um die Glasfaser kommt es darauf an, wer zuerst baut. Derzeit kann das noch Nachteile haben.
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Die ursprüngliche Idee des DigiNetz-Gesetzes war gut gemeint: Wenn Straßen überhaupt geöffnet werden – etwa im Zuge von Reparaturen, bei Neubauten oder der Verlegung von Infrastruktur wie Strom-, Wasser- oder Gasleitungen –, sollte die Gelegenheit genutzt und Glasfaserleitungen gleich mitverlegt werden können, man spricht auch gerne von "Synergien".
Doch in der Praxis gab's ein kurioses Problem: Das Gesetz werde "in seiner aktuellen Form vielfach dazu missbraucht", (zusätzliche) Glasfaserleitungen kostengünstig mitzuverlegen. Nach dem Motto: "Wenn da sowieso gebuddelt wird, legen wir unsere eigene Leitung gleich mit dazu und sparen Kosten. Damit entsteht sogenannter "Überbau/Doppelausbau", wenn Gebiete erstmalig mit Glasfaser erschlossen (und aus diesem Grunde die Straße geöffnet wird) und dazu öffentliche (Steuer-)Mittel genutzt werden.
„Die aktuellen Regelungen des Paragraphen 77i TKG benachteiligen kommunale Unternehmen beim Glasfaserausbau enorm“, erläuterte Geschäftsführer Wolfgang Heer vom Bundesverband Glasfaser (BUGLAS) die Problematik. „Denn sie müssen unter bestimmten Bedingungen der Konkurrenz gestatten, deren Infrastrukturen im Rahmen eigener Bauarbeiten mitzuverlegen.“ Damit wird der ohnehin sehr kostenintensive Glasfaserausbau bis mindestens in die Gebäude in der Regel unwirtschaftlich, weil dann statt einem gleich zwei Netze refinanziert werden müssen. Dies habe zu einem investitionsfeindlichen „Glasfaser-Mikado“ geführt, bei dem immer das kommunale Unternehmen verliert, wenn es den Netzausbau selbst in die Hand nimmt. „Das führt in der Praxis dazu, dass viele Unternehmen erst gar nicht ausbauen. Damit wird entgegen der Intention des DigiNetz-Gesetzes der Glasfaserausbau nicht beschleunigt, sondern abgewürgt“, führt Heer aus.
Erzrivale Telekom?
Die Glasfaser-Anbieter haben insbesondere den Erzrivalen Telekom im Blick. Der würden die privaten Anbieter gerne ihre eigenen Glasfaserleitungen mitvermieten, doch die Telekom legte dann lieber eine eigene Leitung parallel und am Ende blieben die privaten Wettbewerber auf ihren nagelneuen Leitungen sitzen. Das sorgte für sehr viel Frust.
Der BREKO hält neben dem Bundesverband Glasfaser (Buglas) eine Gesetzesänderung für notwendig. Insbesondere der Begriff „öffentlich (teil-)finanzierter Bauarbeiten“ müsse unbedingt geklärt werden. „Der Gesetzgeber muss klar definieren, was unter ‚öffentlich (teil-)finanzierten Bauarbeiten‘ zu verstehen ist. Diese liegen nach unserer Auffassung nur dann vor, wenn sie unmittelbar aus öffentlichen Haushaltsmitteln finanziert werden – also in erster Linie dann, wenn es um einen Glasfaserausbau mit Fördergeldern geht“, erläutert BREKO-Geschäftsführer Dr. Stephan Albers. „Unternehmen mit kommunaler Beteiligung wie Stadtwerke, die den Glasfaserausbau in Deutschland maßgeblich vorantreiben, dürfen von dieser Definition daher nicht erfasst werden“, unterstreicht Albers – und betont: „Kommunale Unternehmen, die eigenwirtschaftlich Glasfaser ausbauen, dürfen nicht schlechter gestellt werden als andere Unternehmen, mit denen sie in intensivem Wettbewerb stehen.“
In der Tat ist es dem Steuerzahler nicht zu vermitteln, wenn eine Gemeinde mit öffentlicher Förderung baut und gräbt, die Telekom dann günstig ihre Leitung dazu legt und die Gemeinde auf ihren teuer erkauften Leitungen sitzen bleibt. Umgekehrt hört man auch, das manche private Anbieter teilweise hohe Zugangskosten für konkurrierende Unternehmen erwarten.
Bei der Telekom denkt man anders: Wenn Gräben ohnehin gegraben werden, wird die "eigene" Leitung auf einmal bezahlbar und man hat weniger Ärger mit der Koordination von Lieferungen und Leistungen und kennt "seine eigene" Technik.
Bundesrat für Änderung
Der Bundesrat hatte im November 2018 vorgeschlagen, dass Unternehmen mit Beteiligung der öffentlichen Hand wie beispielsweise Stadtwerke oder Zweckverbände (z.B. Zusammenschlüsse von Gemeinden), die den Glasfaserausbau in Deutschland in nicht unerheblichem Maße vorangebracht haben, nicht von der Definition „öffentlich (teil-)finanzierter Bauarbeiten“ erfasst werden, wenn sie diesen Ausbau eigenwirtschaftlich – also ohne Inanspruchnahme von Haushaltsmitteln – realisieren. Damit werden alle Unternehmen, die Glasfaser mit eigenen Mitteln ausbauen, gleichbehandelt.
Der Minister hat das Problem verstanden und wollte eine pauschale „Unzumutbarkeitsregelung“ zum Thema Mitverlegung in das Gesetz einbauen, die im Falle von ganz oder teilweise öffentlich finanziertem Ausbau einen „Überbauschutz“ für den schafft, der hier als Allererster Glasfaser ausbaut. Nur gibt es noch ein Problem: Der aktuelle Gesetzesentwurf sieht diese Unzumutbarkeitsregelung nur im Falle von geförderten Ausbauprojekten und auch dann nur im Einzelfall vor, die BNetzA müsste jedes Mal ausführlich prüfen. Das könnte dauern. Für den BREKO und den Buglas sind solche Beschränkungen "nicht sinnvoll". Die Unzumutbarkeitsregelung bei Mitverlegung müsse jedes Mal automatisch gelten, wenn in einem Gebiet erstmalig Glasfaser verlegt und anderen Nachfragern ein Open-Access-Zugang angeboten werde. Das brächte Tempo in die Geschichte, weil der "Erste" in einer Straße, der wirklich Glasfaser ausbaut, hätte die Chance, alle potenziellen Kunden (und sei über andere Anbieter) für sich zu gewinnen.
Schwerpunkt: Open Access
„Von einem solchen Open Access würden alle Beteiligten profitieren“, findet Heer. „Der Wettbewerb um die Endkunden wäre somit sichergestellt und diese hätten die freie Auswahl hinsichtlich ihres Providers. Zudem würden die Netze besser ausgelastet, Doppelinvestitionen vermieden und somit Ressourcen frei für den weiteren Ausbau in bislang unterversorgten Gebieten. Es ist immer besser, Netze gemeinsam zu nutzen, als sich gegenseitig zu überbauen. Dann kann es nicht sein, dass einige Regionen doppelt und dreifach ausgebaut werden, während andere Gebiete nach wie vor unversorgt sind.“
Für den BREKO und Buglas gilt auf jeden Fall: Glasfasernetze bis mindestens in die Gebäude möglichst schnell in ganz Deutschland flächendeckend auszurollen. Nach der Anhörung wird das Telekommunikationsgesetz im Bundestag beraten. Weitere Knackpunkte darin sind beispielsweise die von Politiker-Seite immer wieder vorgetragene Forderung nach nationalem Roaming der Mobilfunker.