Glasfaserausbau gerät zunehmend unter Druck
Experten rechnen schon länger mit einer Marktkonsolidierung, nachdem erste Ankündigungen zu Netzverkäufen und Stellenabbau aufkamen. "Das aktuelle Marktumfeld mit hohen Zinsen, gestiegenen Kosten und knappen Baukapazitäten stellt derzeit die gesamte Branche vor Herausforderungen", sagte Gerda Meppelink, Senior Expert Politik und Verwaltung bei der Deutschen Glasfaser, auf einer Veranstaltung des Kommunalen Breitbandmarktplatzes in Osterholz-Scharmbeck. Im gesamten Landkreis investiert der Netzbetreiber 60 Millionen Euro, um 26.000 Haushalte eigenwirtschaftlich mit Glasfaser zu versorgen. "Trotz dieser Rahmenbedingungen halten wir das Ausbautempo auch im Landkreis Osterholz hoch", sagte Meppelink.
Die gestiegenen Zinsen und Kosten wirken sich auf die Finanzierung von Glasfaserprojekten aus. Für Investoren heißt das: Es wird teurer bzw. der zu erwartende Gewinn sinkt. Deshalb rechnen Investoren und Telekommunikationsunternehmen nun mit spitzem Bleistift ihre Business Cases nach. Unternehmen wie etwa GlobalConnect kommen dann zu dem Schluss, dass sie aus dem Endkundenmarkt lieber aussteigen. "GlobalConnect wird ihre Investitionen in den B2C-Märkten in Dänemark, Schweden und Norwegen fortsetzen und sich insbesondere darauf konzentrieren", heißt es in einer Mitteilung. Das Endkundengeschäft (B2C) werde in Deutschland nicht weiter ausgebaut. GlobalConnect will sich auf die deutschen Business- und Carrier-Segmente konzentrieren.
Gerda Meppelink, hier mit ihrem Kollegen Marco Buchholz von der Deutschen Glasfaser, versprechen Landrat Bernd Lütjen (r.) trotz widriger wirtschaftlicher Rahmenbedingungen das Ausbautempo im Landkreis Osterholz hochzuhalten.
Foto: Deutsche Glasfaser
Meiningen kündigt Vertrag mit der Deutschen GigaNetz
Nachgerechnet hat auch die Deutsche GigaNetz für ihr Ausbauprojekt im thüringischen Meiningen. Der Ausbau sollte laut dem News-Portal der Tageszeitungen Freies Wort, Südthüringer Zeitung und FW Meininger Tageblatt (Paywall) bereits im vergangenen Herbst anlaufen. Passiert ist indes wenig. Die Deutsche GigaNetz erklärte auf Nachfrage der Kommune, dass man sich wegen "fehlender Wirtschaftlichkeit aus dem Projekt etwas zurückzieht", wie das Portal berichtet.
Die Neubewertung wurde für die GigaNetz deshalb notwendig, weil die hiesige Wohnungswirtschaft mit einem anderen Glasfaserunternehmen verhandelte. "Zur eigenwirtschaftlichen Finanzierung von aufwendig zu erschließenden Gebieten in Kommunen benötigt es auch immer den Ausbau von rentablen Stadtteilen mit u.a. einem hohen Anteil von Wohneinheiten der hiesigen Wohnungswirtschaften – wie in diesem Fall der Kernstadt von Meiningen", erklärt Danny Trodler, Regionalleiter Ost bei der Deutschen GigaNetz. Die Hamburger wollten weiter abwarten und den Markt beobachten. Das wollte aber die Kommune nicht, kündigte den Vertrag mit der GigaNetz und unterschrieb einen mit OXG. Die Deutsche GigaNetz wollte 40 Millionen Euro in Meiningen für einen flächendeckenden Glasfaserausbau investieren. Die OXG baut zunächst 9100 Anschlüsse. Der Westen der Stadt bleibt zunächst außen vor.
Da war noch alles in Ordnung: Meiningens Bürgermeister Fabian Giesder (l.) bei der Vertragsunterzeichnung 2023 mit dem damaligen Regionalleiter der Deutschen GigaNetz, Stefan Hess, und Oliver Kornmann (r.), Projektleiter Sales Region Ost der Deutschen GigaNetz.
Foto: Stadt Meiningen
Leonet steht in Viechtach auf der Kippe
Dass es in einem Ort mehr als einen Netzbetreiber gibt, der Glasfaser ausbauen will, ist keine Seltenheit. Inzwischen gehen viele Netzbetreiber vom Land in die Speckgürtel der Großstädte, wo nicht nur andere Glasfaserunternehmen bauen wollen, sondern wo bereits mittels Super-Vectoring bis zu 250 MBit/s sowie über Kabel sogar Geschwindigkeiten im Download bis 1 GBit/s möglich sind. Die Verbraucher sind trotz der technologischen Überlegenheit der Glasfaser wenig wechselwillig. Hohe Preise für höhere Bandbreiten schrecken ab, zumal die meisten Online-Anwendungen bislang auch ohne Glasfaser funktionieren. Warum also wechseln?
Diese Zurückhaltung bekommt auch Leonet zu spüren. In Bad Birnach buchten nur 12 Prozent der Haushalte einen Glasfaseranschluss des bayerischen TK-Unternehmens – zu wenig. Leonet begräbt seine Pläne für die niederbayerische Kommune. In Viechtach hat Leonet ein letztes Mal die Vorvermarktung verlängert. Hier will das Unternehmen das Stadtgebiet sowie die Ortsteile Pirka und Schlatzendorf mit Glasfaser versorgen – insgesamt 3200 Haushalte. "Es wäre eine Katastrophe für unsere Stadt, wenn Leonet sich zurückzieht", sagt Bürgermeister Franz Wittmann. "Der Stadtkern ist nicht förderfähig und allein das Förderverfahren für die unterversorgten Gebiete wie Pirka und Schlatzendorf dauert mindestens drei Jahre." Wittmann rechnet mit starken finanziellen Belastungen, sollte der eigenwirtschaftliche Ausbau entfallen.
In Viechtach gibt es noch einiges für die Kommune und Leonet zu tun, wollen sie die notwendige Vermarktungsquote von 25 Prozent bis Ende Mai erreichen. Das Problem ist der mit Kabel gut versorgte Stadtkern, ohne den ein flächendeckender Ausbau aber für Leonet unwirtschaftlich ist.
Screenshot: Marc Hankmann
Das Problem: Der Stadtkern ist über das Kabelnetz noch gut versorgt. In den Ortsteilen hat Leonet jeweils die Vermarktungsquote erreicht. In Pirka hat sogar fast jeder zweite Haushalt einen Vorvertrag mit Leonet abgeschlossen. Der Ausbau könne aber nur realisiert werden, wenn inklusive Stadtkern eine Gesamtquote von 25 Prozent erreicht werde, erklärt das Unternehmen. Noch läuft die Vorvermarktung. Sie endet am 31. Mai 2024.
Die Verbraucher könnten auch deshalb kein Interesse an der Glasfaser haben, weil sie an der Haustür falsche Informationen erhalten. Das behauptet zumindest ein Netzbetreiber.