Recht auf Internet: BNetzA verpflichtet ersten Provider
In Niedersachsen gibt es einige mit Breitband unterversorgte Orte (Symbolbild)
Bild: picture alliance/dpa
Die TKG-Novelle 2021 brachte eine von vielen Verbrauchern lang ersehnte Regelung: Das Recht auf schnelles Internet. Einfordern konnte das seinerzeit allerdings noch niemand, weil die dafür notwendige Verordnung der Bundesnetzagentur noch fehlte - diese folgte erst im Juni 2022. Das Prozedere, nach dem Bürger eine Unterversorgung feststellen lassen können, haben wir in einem Ratgeber zum Recht auf schnelles Internet erläutert.
Doch auch in der Zwischenzeit hat sich herausgestellt, dass das offizielle Prozedere bis jetzt ganz nutzlos war, weil bis zum Sommer 2023 alle Provider, die zur Versorgung der betreffenden Haushalte verpflichtet werden sollten, dagegen Beschwerde eingelegt hatten und die BNetzA nun mit der Bearbeitung dieser Beschwerden beschäftigt war. Immerhin konnte in mindestens einem Fall durch einen besseren Mobilfunk-Netzausbau schnelles Internet geliefert werden (was dann die behördliche Feststellung der Unterversorgung aufhebt).
BNetzA stellte Unterversorgung fest
Die Bundesnetzagentur berichtet heute darüber, dass sie nun erstmals einen Anbieter verpflichtet hat, einen Haushalt in Niedersachsen mit "angemessenen Internet- und Telefondiensten" zu versorgen. Die dort verfügbaren Telekommunikationsdienste hätten bislang nicht die Mindestanforderungen erfüllt. Den Namen des verpflichteten Providers nennt die Behörde allerdings nicht und spricht generell von einem "Pilotverfahren".
In Niedersachsen gibt es einige mit Breitband unterversorgte Orte (Symbolbild)
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Der Auslöser für die Entscheidung der Bundesnetzagentur sei die Beschwerde eines Verbrauchers gewesen. Dessen (bislang nicht genannter) Wohnort habe nur "mit einer Internetverbindung zu einem zu hohen Verbraucherpreis versorgt werden" können. Dieser Hinweis der Behörde lässt darauf schließen, dass möglicherweise dort als einziges Internet via Satellit verfügbar gewesen wäre, was die Vorgaben des Gesetzes erfüllt (10 MBit/s Downstream, 1,7 MBit/s Upstream und Latenz unter 150 Millisekunden). Die Bundesnetzagentur habe auf Grundlage der gesetzlichen Mindestanforderungen eine Unterversorgung festgestellt. Dazu gehört laut der Behörde auch, "dass Telekommunikationsdienste zu einem erschwinglichen Preis angeboten werden".
Das erste "Verpflichtungsverfahren"
Daraufhin hätten alle am Markt tätigen Telekommunikationsanbieter einen Monat Zeit gehabt, eine Mindestversorgung anzubieten. Da sich kein Unternehmen zu einer freiwilligen Nachbesserung bereit erklärt hätte, habe die Bundesnetzagentur ein Verpflichtungsverfahren durchgeführt. Dabei habe sie mehrere Unternehmen angehört, die am betreffenden Ort bereits über Infrastruktur verfügen. Darunter seien sowohl Betreiber von leitungsgebundenen Netzen als auch Anbieter für Internet per Mobilfunk oder Satellit gewesen.
Der verpflichtete Anbieter müsse nun gegenüber dem Verbraucher eine Mindestversorgung erbringen, die sich nach den oben genannten gesetzlich festgelegten Werten richtet. Diese Versorgung müsse der Anbieter "zu einem erschwinglichen Verbraucherpreis erbringen". Für diesen habe die Bundesnetzagentur zuletzt ca. 30 Euro pro Monat errechnet.
Ob der betreffende Verbraucher nun wirklich schon bald in den Genuss von schnellem Internet kommt, steht aber noch nicht fest, denn die BNetzA verweist von sich aus auf einen Pferdefuß des Verfahrens: Das verpflichtete Unternehmen habe die Möglichkeit, die Entscheidung gerichtlich prüfen zu lassen. Derzeit würden sich bereits rund 130 weitere Beschwerdeverfahren in der Prüfung befinden.
Kämpft die BNetzA für höhere Pflichtvorgaben?
Um die oben genannten Pflichtvorgaben mit den genannten Werten hatte es bereits im Vorfeld der Regulierungsverfügung von Sommer 2022 heftige Diskussionen gegeben. Denn einerseits kann man bei 10 MBit/s Downstream und 1,7 MBit/s Upstream nicht gerade von "Breitband" sprechen. Andererseits würde es bei einem Hochsetzen dieser gesetzlichen Werte wohl sehr viel mehr Verbraucher geben, die einen Rechtsanspruch geltend machen könnten, was die Zahl der Verfahren bei der BNetzA deutlich erhöhen würde. Angaben der BNetzA zufolge gibt es aktuell schätzungsweise schon etwa 400.000 Haushalte, die im Rahmen des jetzigen Rechtsanspruches als unterversorgt gelten.
Eine Aussage von Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur, kann man aber dahingehend verstehen, dass sich auch die Behörde für höhere Werte einsetzt: Die in der Verordnung definierten Werte würden "derzeit kritisch überprüft und ggf. im Einvernehmen mit dem Digitalministerium und dem Digitalausschuss des Bundestages angepasst."
Auch in Deutelbach (Gemeinde Aura im Sinngrund) im Main-Spessart-Kreis in Bayern hat die Bundesnetzagentur Unterversorgung festgestellt. Es muss sich also was tun.