Themenspezial: Verbraucher & Service Verbraucher-Recht

Verbraucherverträge: Die neuen Regeln ab 1. Dezember

Kunden und Verbrau­cher­schützer haben lange gekämpft, am 1. Dezember treten nun neue Regeln für Verbrau­cher­ver­träge in Kraft. Auto­mati­sche Vertrags­ver­län­gerungen um ein ganzes Jahr sind auch bei Bestands­kunden tabu.
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Neue Verbraucherrechte ab Dezember Neue Verbraucherrechte ab Dezember
Foto: Image licensed by Ingram Image, Montage: teltarif.de
Am 1. Dezember ist es endlich so weit: An diesem Tag wird nicht nur das erste Türchen beim Advents­kalender geöffnet, sondern dann treten auch neue Regeln für Verbrau­cher­ver­träge in Kraft, für die Kunden und Verbrau­cher­schützer zum Teil schon mehrere Jahre gekämpft haben. Alle Rege­lungen gelten übri­gens auch für Bestands­kunden, also nicht nur für ab Dezember abge­schlos­sene Verträge.

Dabei gilt es fest­zuhalten: Nicht alle ursprüng­lichen Ideen haben es in das endgül­tige Gesetz geschafft. Die maxi­male Vertrags­lauf­zeit wird nicht auf 12 Monate begrenzt. Das ist auch gar nicht zwin­gend notwendig, weil es zahl­reiche Provider gibt, die zum Teil schon seit vielen Jahren ohne Aufpreis bei der Grund­gebühr Handy-Verträge mit einmo­natiger Mindest­ver­trags­lauf­zeit anbieten. Das zeigt der teltarif.de-Handy­tarif­ver­gleich bei Mobil­funk­ver­trägen. Neben einem 24-Monats-Vertrag muss aber auch ein 12-Monats-Vertrag ange­boten werden.

Im Folgenden haben wir die wich­tigsten ab 1. Dezember geltenden Rege­lungen in einer Über­sicht zusam­men­gefasst.

Vertrags­ver­län­gerung nur um einen Monat

Ist die Mindest­ver­trags­lauf­zeit des 24-Monats-Vertrags abge­laufen, darf sich dieser nicht mehr auto­matisch und unge­fragt um weitere 12 Monate verlän­gern, sondern nur noch um einen Monat. Hat der Kunde also die recht­zei­tige Kündi­gung drei Monate vor Ablauf des Vertrags verpasst, bleibt er maximal noch einen weiteren Monat im Vertrag und nicht mehr ein weiteres Jahr. Wie gesagt: Insbe­son­dere dieser Passus gilt auch für alle bereits bestehenden Verträge.

Kein Unter­schieben von Verträgen am Telefon mehr

Bislang war es gang und gäbe, dass Verbrau­cher sich bei der Hotline ihres Provi­ders ein Angebot einholen wollten - und der Kunden­betreuer schal­tete sofort einen wirk­samen Vertrag frei, ohne dass der Kunde dies beauf­tragt hatte. Bislang konnte ein Kunde einen derar­tigen Vertrag inner­halb von 14 Tagen ohne Angabe von Gründen wider­rufen. Der Gesetz­geber dreht den Spieß nun aber um: Nach dem neuen Gesetz müssen Provider nun immer vorab eine Vertrags­zusam­men­fas­sung in Text­form aushän­digen.

War das vor Vertrags­schluss nicht möglich, wie etwa am Telefon, muss dies unver­züg­lich nach­geholt werden und der Kunde muss den Vertrag in Text­form (zum Beispiel per E-Mail) geneh­migen. Hat der Inter­essent diese schrift­liche Einwil­ligung nicht gegeben, wurde auch der Vertrag niemals wirksam abge­schlossen. Der Provider hat in diesem Fall ab sofort auch keinen Anspruch auf Wert­ersatz mehr, falls er bereits Tele­kom­muni­kati­ons­leis­tungen erbracht hat, wie das bisher noch der Fall war. Neue Verbraucherrechte ab Dezember Neue Verbraucherrechte ab Dezember
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Provider ändert Vertrag: Sofor­tige frist­lose Kündi­gung

Anbieter können auch weiterhin unter bestimmten Bedin­gungen den Vertrag mit dem Kunden einseitig ändern. In einem solchen Fall kann der Kunde aber ab sofort fristlos kündigen. Die Provider müssen ihre Kunden mindes­tens einen und höchs­tens zwei Monate vor der Ände­rung darüber infor­mieren. Kunden können ihre Kündi­gung dann inner­halb von drei Monaten ab dem Zeit­punkt dieser Infor­mation erklären, aller­dings frühes­tens für den Zeit­punkt der Gültig­keit der Ände­rung. Falls die Ände­rungen ausschließ­lich zum Vorteil oder rein admi­nis­tra­tiver Art und ohne nega­tive Auswir­kungen sind, bezie­hungs­weise wenn der Anbieter zu den Vertrags­ände­rungen recht­lich verpflichtet ist, gilt das Recht zur sofor­tigen frist­losen Kündi­gung nicht.

Jähr­liche Infor­mation zu besserem Tarif

Bislang haben es Provider oft schamlos ausge­nutzt, wenn ihre Kunden lange in alten und teuren Bestands­ver­trägen geblieben sind, obwohl es beim selben Anbieter mitt­ler­weile Tarife mit deut­lich mehr Leis­tung fürs Geld gibt. Das soll sich ändern: Den Anbie­tern wird nun vorge­schrieben, ihre Bestands­kunden einmal jähr­lich über den, anhand des aktu­ellen Tarifes, opti­malen Tarif zu infor­mieren. Das darf der Anbieter übri­gens nicht ausschließ­lich am Telefon tun.

Pakete aus Tarif und Smart­phone komplett kündigen

Bei Bündel­paketen, beispiels­weise aus Handy-Tarif und Smart­phone, war es bislang so: Konnte der Anbieter einen Teil des Vertrags nicht erfüllen, konnte auch nur dieser Vertrags­bestand­teil gekün­digt werden, der andere lief weiter. Konnte der Anbieter also beispiels­weise das verspro­chene Smart­phone nicht liefern, lief der Mobil­funk-Vertrag trotzdem weiter. In vielen Fällen können Verbrau­cher nach der neuen Rege­lung nun aber gleich­zeitig das gesamte Paket kündigen.

Kündi­gungs­button auf der Webseite

Einen Vertrag online zu schließen, war bislang schon einfach, die Online-Kündi­gung wurde Kunden aber oft erschwert oder unmög­lich gemacht mit unsäg­lichen Maschen wie der "Online-Kündi­gungs­vor­mer­kung", bei der die Kündi­gung anschlie­ßend tele­fonisch bestä­tigt werden musste (was aber über­wie­gend dazu diente, den Kunden am Telefon zum Bleiben zu über­reden). Davon haben sich viele Kunden einschüch­tern lassen und auch ihr bishe­riges Recht zur einfa­chen Kündi­gung in Text­form mögli­cher­weise nicht wahr­genommen.

Damit ist jetzt Schluss: Wer online Verträge anbietet, muss auch online spätes­tens ab dem 1. Juli 2022 einen leicht auffind­baren Kündi­gungs­button anbieten (zum Beispiel im Kunden­center), über den der Vertrag wirksam ohne weitere Nach­frage gekün­digt wird. Die Kündi­gung muss in Text­form vom Provider bestä­tigt werden.

Dritt­anbieter-Leis­tungen auf der Rech­nung

Zum wieder­holten Mal versucht der Gesetz­geber, das Ärgernis von nicht bestellten, aber auf der Handy-Rech­nung abge­rech­neten Leis­tungen dubioser Dritt­anbieter zu beenden. Hat der Kunde Einwände gegen Dritt­anbieter-Forde­rungen auf der Rech­nung, kann er sich anstatt an den Dritt­anbieter auch an den Handy-Provider wenden. Für Beschwerden beim Dritt­anbieter müssen auf Rech­nungen nun die ladungs­fähige Adresse, eine natio­nale Orts­fest­netz­nummer oder kosten­freie Hotline-Nummer sowie ein Hinweis auf eine Inter­net­seite des Dritt­anbie­ters ange­geben werden.

Entschä­digung bei Internet-Ausfall oder zu lang­samer Geschwin­dig­keit

Wenn der Inter­net­anschluss doch nicht so schnell ist wie verspro­chen, können Verbrau­cher nach dem neuen Tele­kom­muni­kati­ons­gesetz die Grund­gebühr mindern oder auch den Vertrag fristlos kündigen. Ist das Internet erheb­lich, ständig oder regel­mäßig zu langsam, kann der Kunde dies über die Breit­band­mes­sung der Bundes­netz­agentur nach­weisen. Gemin­dert werden kann die Grund­gebühr um den Faktor der schlech­teren Leis­tung (z. B. um 50 Prozent, wenn die Geschwin­dig­keit statt 250 MBit/s nur 125 MBit/s beträgt).

Möchte der Kunde darum den Vertrag außer­ordent­lich kündigen, muss er dem Anbieter aller­dings vorher die Gele­gen­heit zur Nach­bes­serung geben. Funk­tio­niert der Anschluss über­haupt nicht mehr, haben Verbrau­cher ab dem dritten Kalen­dertag nach Eingang ihrer Störungs­mel­dung einen Anspruch auf Entschä­digung. Wie hoch diese ausfällt, bemisst sich an der monat­lichen Grund­gebühr, das Gesetz legt aber auch Mindest­sätze fest.

Für den 3. und 4. Ausfalltag muss der Provider mindes­tens 10 Prozent der vertrag­lich verein­barten Grund­gebühr ersetzen, aber mindes­tens 5 Euro. Ab dem 5. Tag sind 20 Prozent der Grund­gebühr zu erstatten, aber mindes­tens 10 Euro. Versäumt der Provider Tech­niker- oder Instal­lati­ons­ter­mine, stehen dem Kunden 20 Prozent der Grund­gebühr zu, aber mindes­tens 10 Euro.

Neue Rege­lung beim Umzug des Internet-Anschlusses

Wenn Internet-Kunden an einen neuen Wohnort umziehen und der bishe­rige Provider die Leis­tung dort nicht anbietet, konnte bisher schon der Vertrag gekün­digt werden, aller­dings mussten als Abgel­tung dafür noch drei Grund­gebühren an den Provider bezahlt werden. Ab sofort ist in diesem Fall die Kündi­gung mit einmo­natiger Frist möglich. Die Kündi­gung kann der Kunde nun also auch recht­zeitig vorab erklären, damit diese zum Zeit­punkt des Auszugs wirksam wird.

Anbie­ter­wechsel: Weiter­ver­sor­gung und Entschä­digung

Wech­selt ein Breit­band-Kunde seinen Provider, ist der alte Anbieter wie bisher auch schon dazu verpflichtet, den Kunden bis zur endgül­tigen Umschal­tung weiter zu versorgen. Dazu stehen ihm auch wie bisher maximal 50 Prozent der Grund­gebühr zu. Wird die Leitung bei der Umschal­tung dann länger als einen Arbeitstag unter­bro­chen, steht dem Kunden für jeden weiteren Arbeitstag eine Entschä­digung zu, und zwar 20 Prozent der Grund­gebühr, aber mindes­tens 10 Euro. Bei einer fehl­geschla­genen Rufnum­mern­por­tie­rung steht dem Kunden ab dem zweiten Arbeitstag nach dem verein­barten Portie­rungs­termin eine Entschä­digung von 10 Euro für jeden weiteren Tag zu.

Sperre des Anschlusses bei Zahlungs­verzug

Gab es aus Sicht des Provi­ders bislang einen Zahlungs­verzug beim Kunden, sperrten manche Anbieter oft rigoros den Anschluss. Das ist nun nicht mehr so einfach möglich: Erst wenn der Kunde mit mindes­tens 100 Euro in Verzug ist, darf der Provider den Anschluss sperren. Außerdem muss der Anbieter die Sperre zwei Wochen vorher schrift­lich androhen. Eine Sperre darf außerdem nur die Leis­tung betreffen, bei der der Kunde im Verzug ist. Wurde beispiels­weise die Rech­nung des Fest­netz-Vertrags nicht bezahlt, darf dem Kunden nicht auch noch der bezahlte Handy-Vertrag bei selben Provider gesperrt werden.

Mail-Post­fach muss bestehen bleiben

Ange­sichts zahl­rei­cher Free­mail-Dienste gibt es heut­zutage kaum noch eine Veran­las­sung dazu, das vom Internet-Provider bereit­gestellte Mail-Post­fach als Haupt-E-Mail-Adresse zu verwenden. Hat man das aller­dings gemacht und kündigt den Internet-Vertrag, darf der Provider den Kunden in Zukunft nicht mehr einfach aus dem Post­fach ausschließen. Auch nach Vertrags­ende muss der Kunde weiterhin Zugriff auf die E-Mails haben. Eine Frist gibt es dafür aller­dings noch nicht, diese muss die BNetzA noch fest­legen.

"Recht auf schnelles Internet": Noch ein zahn­loser Tiger

Noch ein zahn­loser Tiger ist das im Gesetz formu­lierte "Recht auf schnelles Internet": Dieses ist zwar vom Prinzip her zu begrüßen, aller­dings wurde dafür bislang noch keine Mindest­band­breite fest­gelegt, mit der Kunden ihren Anspruch unter­mauern könnten. Diese muss von der BNetzA erst noch fest­gelegt werden, und zwar bis Anfang Juni 2022.

Glas­faser­anschluss muss mitbe­zahlt werden

Das Gesetz sieht auch eine neue Rege­lung für Glas­faser­anschlüsse vor: Danach müssen im Zweifel alle Mieter für einen Glas­faser­anschluss des Hauses bezahlen, auch wenn sie ihn nicht selbst nutzen möchten. Das ist eine der wenigen Verschlech­terungen für Verbrau­cher im neuen Gesetz. Die Rege­lung gilt sogar rück­wir­kend für alle ab dem 1. Januar 2015 (!) verlegten Glas­faser­anschlüsse und für alle bis zum 31. Dezember 2027 verlegte Glas­faser­anschlüsse. Die Umlage ist auf einen Zeit­raum von fünf Jahren begrenzt (eine Verlän­gerung auf neun Jahre ist möglich). Es können maximal 60 Euro pro Wohn­ein­heit und pro Jahr umge­legt werden, was 5 Euro monat­lich entspricht. Ab Juli 2024 dürfen die jetzigen Kosten für einen TV-Kabel­anschluss dann nicht mehr auf die Miet­neben­kosten umge­legt werden.

Das ab 1. Dezember geltende Telekom­muni­kati­ons­moder­nisie­rungs­gesetz beinhaltet übri­gens auch einen Passus, der insbe­son­dere Handy-Nutzer aufatmen lässt: Die Rufnum­mern­por­tie­rung wird kostenlos.

Meldungen zu weiteren Neue­rungen seit 1. Dezember

Beim Handy­kauf und beim Abschluss von Fest­netz-, Mobil­funk- oder DSL-Verträgen gibt es aller­hand zu beachten. In Meldungen und Ratge­bern finden Sie bei teltarif.de Tipps und Hinter­grund-Infos, um als Verbrau­cher gut infor­miert zu sein.

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