Gesetzesentwurf

Lahmes Internet: Darf der Kunde die Kosten mindern?

Wenn eine Miet­woh­nung Mängel hat, darf der Mieter die Miete kürzen. Wie ist das bei Inter­net­kom­mu­ni­ka­tion? Ein Gesetz­ent­wurf sieht Ähnli­ches vor.
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In Berlin plant man ein "Recht auf schnelles Internet", das geht aus einem Gesetz­ent­wurf hervor, wie das Online-Magazin Spiegel berichtet. Es könnte dann wie bei einem Wohnungs­miet­ver­trag laufen: Hat der eigene Anschluss Mängel, soll der Kunde seine monat­liche Rech­nung kürzen dürfen.

Alte Idee, neu aufge­frischt

Schon Ende Mai 2016 hatten die Grünen im Bundestag einen ähnli­chen Vorschlag gemacht: Inter­net­pro­vider sollten Bußgeld oder sogar Scha­dens­er­satz zahlen müssen, wenn ihre Kunden nicht mindes­tens 90 Prozent der gebuchten maxi­malen Inter­net­ge­schwin­dig­keit bekommen. Das wurde natür­lich erst einmal abge­lehnt, weil die Grünen in der Oppo­si­tion sind. Zwei Jahre später hatte der Bundesrat eine ähnliche Idee und forderte die Bundes­re­gie­rung zum Handeln auf. Jetzt könnte daraus viel­leicht etwas werden.

Das Blog Netzpolitik.org veröf­fent­lichte einen Entwurf des geplanten Tele­kom­mu­ni­ka­ti­ons­mo­der­ni­sie­rungs­ge­setzes (Stand Mai) worin eine solche Rege­lung ange­dacht ist. Würde der Netzausbau beschleunigt, wenn Kunden bei mieser Qualität schneller kündigen könnten? Würde der Netzausbau beschleunigt, wenn Kunden bei mieser Qualität schneller kündigen könnten?
Bild: Deutsche Glasfaser/Martin Wissen

Darf der Kunde kürzen?

Demnach dürften die Kunden anteilig so viel Geld einbe­halten, wie ihr Provider unter­halb der vertrag­lich verein­barten Inter­net­ge­schwin­dig­keit bleibt. Wie ein tech­ni­scher Laie das gerichts­fest beweisen soll, sagt der Entwurf nicht. Ein Beispiel: Wer einen Anschluss mit 200 MBit/s gebucht hat, aber nur 100 MBit/s bekommt, könnte 50 Prozent des monat­lich fälligen Entgelts einbe­halten. Besser ist die Alter­na­tive: Man darf seinen Vertrag kosten­frei kündigen.

Auf Mobil­funk bezogen würde das bedeuten: Keine oder schlechte Netz­ver­sor­gung heißt Vertrag sofort kündbar. Das brächte wohl sicher­lich Bewe­gung in den Netz­ausbau.

Bundes­netz­agentur soll Netz­be­treiber zum Ausbau "zwingen" können?

Natür­lich gibt es schon im Entwurf jede Menge "Klein­ge­drucktes": Es muss sich um eine "erheb­liche, konti­nu­ier­liche oder regel­mäßig wieder­keh­rende Abwei­chung" handeln, "die durch einen von der Bundes­netz­agentur bereit­ge­stellten Über­wa­chungs­me­cha­nismus ermit­telt" wurde. Zudem kann der Anbieter beweisen "dass er die Abwei­chungen nicht zu vertreten hat".

Der Entwurf sieht außerdem einen Anspruch auf "einen schnellen Inter­net­zu­gangs­dienst für eine ange­mes­sene soziale und wirt­schaft­liche Teil­habe" vor. Dazu soll die Bundes­netz­agentur unter­ver­sorgte Gebiete heraus­finden. Sollte genau dort kein Netz­be­treiber von sich aus vorhaben, selbst auszu­bauen - soll die Netz­agentur sich einen heraus­pi­cken und zum Ausbau verdon­nern können.

Bezahlen müsste das die Branche selbst: Netz­be­treiber müssten je nach Umsatz in einen gemein­samen Topf einzahlen, aus dem der zu einem Ausbau verpflich­tete Anbieter dann entschä­digt wird. Ob dann auch auto­ma­tisch büro­kra­ti­sche und örtliche Wider­stände gegen den Ausbau ("kein Sende­mast vor meiner Türe") über­wunden werden können, steht in dem Entwurf nicht. Das geplante Gesetz muss noch Kabi­nett, Bundestag und Bundesrat passieren. Dabei könnte sich vieles wieder ändern.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Wer heute daheim einen Internet-Anschluss hat, verwendet gerne WLAN (per Funk) oder Power-Line (über die Strom­lei­tung), um das Internet im ganzen Haus verteilen zu können. Beides ist nicht immer ideal. Wer sich wirk­lich einmal die Mühe macht, seinen PC direkt am Router (per LAN-Kabel!) anzu­schließen und dann mit den über das wack­lige WLAN erziel­baren Daten­raten vergleicht, wird sich wundern: Aus flotten mögli­chen 50 MBit/s können plötz­lich nur noch 1-2 MBit/s im Down­load werden. Da hilft das Rekla­mieren beim Anbieter natür­lich wenig. Da muss im Haus entweder rich­tiges Kabel verlegt oder eine (Mesh-)Repeater-WLAN-Lösung instal­liert werden. PowerLine stört mehr andere Dienste, als es vernünftig funk­tio­niert.

Lustig könnte das bei TV-Koax­kabel basierten Internet-Anschlüssen werden, die regel­mäßig zur TV-Haupt­sen­de­zeit "wegbre­chen". Da können die Anbieter schon gleich einkal­ku­lieren, ob sie ihren Kunden lieber sofort ziehen lassen oder ihr Netz besser ausbauen.

Schick wäre es bei Mobil­funk: Hat der Kunde kein Netz in seiner Wohnung oder am Arbeits­platz oder dort wo es ihm wichtig ist, könnte er sofort kündigen. Das könnte viel­leicht den Netz­ausbau beschleu­nigen, wenn dabei auch die örtliche Büro­kratie und die örtli­chen Mobil­funk­skep­tiker "über­zeugt" werden könnten.

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