Klatsche für Konkurrenten: Telekom pocht auf freie Router
Telekom pocht auf freie Router-Wahl bei Glasfas
Bild: Deutsche Telekom/Maike Darnai
In den vergangenen Monaten hat sich immer wieder herausgestellt, dass einige Glasfaser-Netzbetreiber ihren Kunden gerne die freie Router-Wahl verbieten wollen. Das gipfelte in einem recht dreisten Antrag der Glasfaser-Lobby bei der Bundesnetzagentur, freie Router per Regulierungsverfügung zu verbieten. Technisch konnten sie dafür allerdings kaum stichhaltige Beweise liefern.
Es drängte sich also der Verdacht auf: Die Verbände lamentieren nur und haben die Befürchtung, dass ihnen das lukrative Zusatzgeschäft mit Leih-Routern gegen Aufpreis durch die Lappen gehen könnte.
Bislang auffallend schweigsam zu der Thematik war die Deutsche Telekom. Wie erst jetzt bekannt wurde, hat sie aber noch nachträglich eine Stellungnahme bei der BNetzA eingereicht, die erst jetzt veröffentlicht wurde. Und wer denkt, die Telekom wolle hauptsächlich ihre eigenen Speedport-Router verkaufen oder verleihen und würde sich daher auf die Seite der Glasfaser-Lobby schlagen - der täuscht sich gewaltig.
Telekom betont Vorteile für die Kunden
Direkt zu Beginn ihrer Stellungnahme, die sich auf Glasfaseranschlüsse für Privatkunden bezieht, empfiehlt die Telekom unmissverständlich, alle diese Anträge der Lobbyisten abzulehnen. Inhaltlich könne die Telekom "den Antragstellern weder in der Problembeschreibung noch in der Schlussfolgerung folgen, eine Abweichung vom passiven Netzabschlusspunkt sei notwendig". Die Telekom betreibe "eine sehr große Anzahl an FTTH-Anschlüssen im Privatkundensegment, bei denen der passive Netzabschluss verbaut ist und ohne auffällige Störungen betrieben wird und an denen Endkunden ihr Recht auf kundeneigene Endgeräte inkl. des Modems in Anspruch nehmen".
Telekom pocht auf freie Router-Wahl bei Glasfas
Bild: Deutsche Telekom/Maike Darnai
Die Telekom habe "ein hohes Interesse daran, dass das Modem (ONT) als Schnittstelle zwischen dem Glasfaseranschluss und einem Router sowie weiteren Endgeräten des Endkunden in dessen Verantwortung liegt und nicht Teil des Netzes ist". Die Endgerätefreiheit bei FTTH ermöglicht dem Kunden nach Auffassung der Telekom Freiheiten, welche die Telekom "ihren Endkunden und den Endkunden ihrer Zugangsnachfrager keinesfalls vorenthalten möchte".
Obwohl die Telekom natürlich die Nutzung von Telekom-Geräten empfiehlt, weiß und akzeptiert sie, dass es Kunden gibt, die Geräte anderer Hersteller bevorzugen. Durch die Endgerätefreiheit könnten die Kunden "jederzeit integrierte Drittgeräte wie z. B. die AVM FRITZ!Box 5530 Fiber betreiben". Die Telekom erwähnt dabei nicht nur ein konkretes Gerät vom Hersteller AVM, sondern verweist per Weblink sogar auf die AVM-Seite, in der AVM vorrechnet, wie viel Strom die Kunden durch ein integriertes Gerät gegenüber der von den Lobbyisten favorisierten Lösung mit zwei Geräten sparen können.
Gleichwohl akzeptiere die Telekom, dass Kunden z. B. in Einfamilienhäusern mit Glasfaseranschluss im Keller teilweise eine Split-Installation mit ONT im Keller und Router in den Wohnräumen bevorzugen und dass Kunden möglicherweise bestehende Kupfer-DSL-Router durch Verwendung von Stand-alone ONT weiter betreiben wollen. Den Kunden zu zwingen, funktionsfähige Geräte zu entsorgen, könne die Telekom "auch aus Nachhaltigkeitsgesichtspunkten nicht unterstützen".
Telekom als Vorkämpferin für Open Access?
Da die Glasfaser-Konkurrenten ja immer dafür plädieren, zu möglichst günstigen Konditionen auf die Netze der Telekom gelassen zu werden, spricht die Telekom an dieser Stelle eine unverhohlene Drohung aus: Der passive Netzabschlusspunkt bei FTTH ermögliche auch in der zukünftigen, stärker als bislang zersplitterten Landschaft von Teilnehmernetzbetreibern die "Interoperabilität im Vorleistungsmarkt". Sie sei "Voraussetzung für standardisierte Vorleistungsprodukte (Open Access), die einem Vorleistungsnehmer nicht aufzwingen, seine aktive Netzsteuerung auf die ONT der jeweiligen Teilnehmernetzbetreiber anzupassen".
Die ONT-Endgerätefreiheit ermögliche den Zugangsnachfragern "ein eigenes, von der Telekom unabhängiges Endgeräteangebot an ihre Endkunden". Man sei davon überzeugt, "dass dies den Wettbewerb und die Vielfalt im Markt fördert und uns und unseren Zugangsnachfragern ermöglicht, sich über Endgeräte in der Kundenwahrnehmung zu differenzieren".
Möglicherweise scheitert es mitunter auch genau daran, dass die Telekom im Gegenzug Glasfaser-Leitungen der Mitbewerber anmietet. Die Telekom stellt klar, dass ein Zwang, ONT des lokalen Teilnehmernetzbetreibers in das eigene Angebot einzubinden, auch die Nachfrage der Telekom als Vorleistungsnehmer bei solchen alternativen Netzbetreibern blockiere. Bei Netzbetreibern mit Netzbetreiber-eigenem ONT wäre es dem anderen Anbieter (u. a. der Telekom) "nicht ohne weiteres möglich, Vorleistungsprodukte (z.B. L2-BSA) einzukaufen und darauf basierende Dienste für ihre Kunden zu realisieren, ohne Einschränkungen im Kundenerlebnis, im Produkt und in der zugrundeliegenden Prozessierung hinnehmen zu müssen".
Die Vorteile für den Netzbetreiber
In einer letzten Breitseite gegen die Glasfaser-Lobbyisten betont die Telekom die deutlichen Vorteile der Endgerätefreiheit für Netzbetreiber - wenn diese richtig implementiert werde. Den ONT als kundeneigenes Gerät zu betreiben, ermögliche stabilere und fehlerfreie Prozesse. So gebe es z.B. bei einem Anbieterwechsel/Umzug keine blockierten Leitungen mehr. Durch die von der Telekom gewählten und mit der BNetzA diskutierten Prozesse könnten in einer Wohnung mehrere Kunden unabhängig voneinander (aber nicht gleichzeitig) an einer Glasfaserdose Online gehen. So blockiere z. B. ein weggezogener oder gekündigter Kunde, der nicht ordentlich bei seinem abgebenden Anbieter gekündigt hat, nicht mehr die Leitung einer Wohnung bzw. den Anbieterwechsel.
Genau wie Router haben nach Auffassung der Telekom ONT technische Lebenszyklen. Es gebe in Deutschland 45 Mio. Haushalte und es liegt nicht im Interesse der Netzanbieter, "Millionen von aktiven Netzelementen in den Wohnräumen der Kunden zu betreiben". Ein Austausch der ONT im Rahmen der periodischen Router-Upgrades durch die Kunden sei "sowohl für Kunden als auch Netzbetreiber erheblich vorteilhafter".
Die passive Infrastruktur sei "hoch stabil" - die aktive Infrastruktur unterliege hingegen Innovationszyklen. Der Markt werde z. B. in den nächsten Jahren ein Upgrade der heutigen GPON auf die zukünftige XGSPON Technologie vornehmen. Durch ONT-Endgerätefreiheit könnten Netzbetreiber die neue Technologie im Netz im Rahmen von Tarifwechseln "kundenindividuell durch Router-/ONT-Tausch einführen" und müssten "keinen Gesamttausch der Geräte in den Liegenschaften der Kunden vornehmen".
Kleine Statistik zu aktuellen Installationen
Nach diesen sicher aus der Praxis der Telekom stammenden Ausführungen gibt die Telekom abschließend eine kleine Statistik darüber, wie die Installationen momentan realisiert sind: Im Netz der Telekom würden aktuell drei Viertel der aktiven Anschlüsse in der Tat (noch) einen vom Router getrennten ONT der Telekom verwenden. Rund 14 Prozent hätten einen Router mit integriertem ONT der Telekom (im Wesentlichen den Speedport Smart 4+) und mehr als 10 Prozent Geräte von Drittanbietern - und das ohne der Telekom bekannte Probleme.
Mit der Zunahme von Anschlüssen von Zugangsnachfragern auf das Telekom-Netz und der Steigerung des Endgeräteangebots erwartet die Telekom in Zukunft "tendenziell einen Anstieg der Geräte von Drittanbietern". Man messe "aktuell eine sehr hohe Kundenzufriedenheit mit der Endgerätefreiheit, inkl. des bei uns eingeführten Selbstinbetriebnahmeprozesses".
Auf die TAL musste die Telekom ihre Wettbewerber schon länger lassen. Aber wie sieht es bei Kabelkanälen, Masten und Trägersystemen aus? Darüber gab es Streit - und das Verwaltungsgericht Köln musste eine Vorentscheidung treffen.