DG Nexolution: "Girocard ist Erfolgsprodukt"
Jens Hoffmann-Wülfing von DG Nexolution
Foto: DG Nexolution
Kontaktloszahlungen werden für alle Banken immer wichtiger. Dennoch gibt es bei der konkreten Umsetzung durchaus strategische Unterschiede zwischen Sparkassen, Privatbanken und Genossenschaftsbanken. Letztere setzen auch in der digitalen Welt weiterhin auf das Erfolgsprodukt Girocard. Darüber sprechen wir mit Jens Hoffmann-Wülfing, Product Manager Mobile Payment bei DG Nexolution.
teltarif.de: Herr Hoffmann-Wülfing, bargeldlose Zahlungen sind in Deutschland auf dem Vormarsch und Corona hat eine solche Entwicklung zweifelsohne beschleunigt. Wie zeigt sich dieser Trend konkret am Beispiel der Genossenschaftsbanken?
Jens Hoffmann-Wülfing von DG Nexolution
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Jens Hoffmann-Wülfing: Das ist richtig: Corona hat dem (kontaktlosen) Bezahlen mit Karte einen Schub gegeben! Und das gilt auch für die Genossenschaftsbanken. Insbesondere die Mobile Payment-Bezahllösungen haben davon profitiert. Sowohl die Anzahl an neu bestellten, digitalen Girocards sowie Mastercard und Visa-Karten sind sprunghaft gestiegen, als auch die Nutzungsquote der Bestandskarten. Hier spielt Mobile Payment natürlich noch den zusätzlichen Vorteil aus, dass unabhängig von der Betragshöhe kein direkter Kontakt mit dem Kartenterminal erfolgt. Die Kunden haben sich schnell an diesen Komfortgewinn gewöhnt: Die moderne Art zu bezahlen heißt Mobile Payment!
teltarif.de: NFC-Payment gewinnt insbesondere im stationären Handel zunehmend an Relevanz. Warum setzen die Genossenschaftsbanken hier mit der digitalen Girocard auf eine nationale Kartenlösung?
Jens Hoffmann-Wülfing: Laut der regelmäßigen Erhebungen des EHI befindet sich die Girocard in 2021 auf Platz 1 unter allen Bezahlarten: mehr als 42 Prozent aller Umsätze wurden mit der Girocard bezahlt.
Die Girocard ist also das Erfolgsprodukt im deutschen Markt. Und was liegt da näher, als dieses Erfolgsprodukt als digitale Variante anzubieten?
Diese Tatsache wird bei der bankeneigenen Lösung für Android-Smartphones entsprechend gewürdigt. Die Banken können ihren Kunden eine bankeigene Payment-App anbieten – made in Germany und nach höchsten Sicherheitsstandards.
teltarif.de: Bei kontaktlosen Zahlungen mit Smartphones dominieren auch in Deutschland Google und Apple Pay den Markt. Wie ist dies aus Ihrer Sicht mit Blick auf die Wettbewerbssituation zu bewerten?
Jens Hoffmann-Wülfing: Das Bezahlen mit digitalen Karten wird in der Genossenschaftlichen FinanzGruppe bereits seit 2018 als Standardprodukt angeboten. Damit waren die Volksbanken und Raiffeisenbanken tatsächlich die ersten in Deutschland, die das gesamte Kartenportfolio ihrer Kundschaft als digitale Karten zur Verfügung gestellt haben. Nahezu alle Genossenschaftsbanken haben seitdem das Produkt in ihr Leistungsportfolio für ihre Kundinnen und Kunden aufgenommen.
Mobile Payment ergänzt also bereits seit einigen Jahren das Angebot der Genossenschaftsbanken. Bei der genossenschaftlichen Lösung kann der Kunde sicher sein, dass seine persönlichen Daten natürlich geschützt sind und die Bezahllösung den höchsten Sicherheitsstandards entspricht. Auch ist selbstverständlich den iPhone-Nutzern das Bezahlen mit Apple Pay und ihrer genossenschaftlichen Mastercard oder Visa Karte möglich.
teltarif.de: Ein besonders interessanter Wachstumsmarkt sind sogenannte passive, tokenisierte Wearables. Zu nennen wären hier beispielsweise Ringe, Armbänder oder Armbanduhren mit integrierter NFC-Schnittstelle. Größter Vorteil: Diese Wearables benötigen keine aktive Stromquelle, zudem steigt der Komfort, denn man trägt seine digitale Geldbörse ständig am Körper. Dennoch scheinen Banken und Sparkassen bei diesem Thema zurückhaltend. Was ist die Ursache?
Jens Hoffmann-Wülfing: Bereits seit einigen Jahren bietet DG Nexolution den Genossenschaftsbanken Girocard Wearables an. Es handelt sich dabei um Schlüsselanhänger und Armbänder, die mit einer Miniatur-Girocard ausgestattet werden und ebenfalls ohne Smartphone, Akku oder Batterien funktionieren. Wir können daher auf eine längere Historie bei passiven Wearables zurückblicken, wenngleich die bisherigen Wearables überwiegend aus dem Gesichtspunkt Marketing zur Kundenbindung genutzt werden. So bieten z.B. einige Volksbanken und Raiffeisenbanken entsprechend gebrandete Produkte an.
Oft werden passive Wearables als Brückentechnologie und nicht als Ergänzungsprodukt angesehen. Es geht bei dieser Art der Wearables auch nicht darum, jemanden von einem digitalen Device, wie z.B. der vorhandenen Smartwatch auf einen Ring oder ein Uhrenarmband zu bringen, sondern Kunden, die bisher noch keine der verfügbaren Varianten nutzen, ihr Bezahlmedium der Wahl anbieten zu können. Wer bereits heute mit dem Smartphone, der Smartwatch oder klassisch mit der Karte bezahlt und damit sein Mittel der Wahl bereits gefunden hat: Auch perfekt!
teltarif.de: Fidesmo aus Schweden setzt beim Thema passive Wearables auch in Deutschland auf Wachstum, mittlerweile sind große Privatbanken wie comdirect und Consorsbank an Bord. Welche Chancen räumen Sie Fidesmo Pay gerade auch bei den Genossenschaftsbanken oder Sparkassen ein?
Jens Hoffmann-Wülfing: Derzeit pilotieren wir mit einigen Volksbanken Raiffeisenbanken das Bezahlen mit Wearables auf Basis der Fidesmo-Technologie. Wir arbeiten dazu mit den Herstellern Tapster und Pagopace zusammen.
Die Pilotprojekte verlaufen äußerst positiv und auch das Feedback der Teilnehmer ist durchweg gut. Wir gehen davon aus, dass hochwertige Accessoires mit Bezahlfunktion das Produktportfolio der Genossenschaftsbanken perfekt ergänzen können. Das Bezahlverhalten der Kundinnen und Kunden ist sehr individuell und vom jeweiligen Lifestyle geprägt. Nicht jeder möchte beispielsweise eine Smartwatch tragen und mit dieser am POS bezahlen.
Mit den für Fidesmo Pay geeigneten Wearables kann eine attraktive Zielgruppe adressiert werden, die hochwertige Accessoires schätzt. Wenn Sie einmal mit dem für Sie passenden Wearable, z.B. einem Bezahlring oder dem Bezahlarmband an Ihrer Lieblingsuhr bezahlt haben, werden Sie dies schätzen und weiter nutzen. Diesen Zugang möchten wir als Dienstleister in der Genossenschaftlichen Finanzgruppe den Kundinnen und Kunden der Volksbanken Raiffeisenbanken ermöglichen. Daher haben wir ständig ein Auge auf dem Markt und evaluieren interessante Optionen.
teltarif.de: Haben alle Genossenschaftsbanken das Thema Wearables gleichermaßen im Auge oder gibt es vereinzelte Institute, die sich in diesem Bereich stärker engagieren?
Jens Hoffmann-Wülfing: Das ist individuell unterschiedlich. Es zeigt sich, dass sich einige Banken bereits stark engagieren und sich mit einem solchen Produkt vom Wettbewerb absetzen, andere Institute legen Wert auf andere Produkte. Dies hängt stark von der individuellen Kundenstruktur und dem regionalen Markt ab.
teltarif.de: Geht DG Nexolution bei dem Thema aktiv auf die Banken zu?
Jens Hoffmann-Wülfing: Als einer der zentralen Dienstleister in der Genossenschaftlichen Finanzgruppe bietet DG Nexolution den Genossenschaftsbanken Produkte und Lösungen selbstverständlich aktiv an.
Beim jeweiligen Produktportfolio ist die Primärbank jedoch frei in der Entscheidung und kann ihren Kunden die Produkte anbieten, die im regionalen Markt und für das eigene Zielpublikum am besten funktionieren.
Wir können uns vorstellen, zukünftig ein Sortiment Wearables über den hauseigenen „GenoStore“ direkt den Bankkunden zur Verfügung zu stellen. Sozusagen ein Rundum-Sorglos-Paket für die Genossenschaftsbanken: Wenn sie sich entscheiden, das Produkt anzubieten, können Kunden selbstständig die Bestellung ihres Wearables veranlassen. Es wird fix und fertig personalisiert, d.h. mit den für den Zahlungsvorgang notwendigen Informationen bespielt, direkt zum Kunden gesendet, und ist nach einer Aktivierung durch den Kunden sofort einsatzbereit.
teltarif.de: Die Nutzung von Fidesmo Pay setzt eine Visa- oder Mastercard voraus. Damit bleiben allerdings gerade bei Volksbanken viele Kunden außen vor, denn das "Top of the Wallet"-Produkt ist dort nach wie vor die Girocard. Eine Lösung könnte hier das Co-Badge, also die Verschmelzung von Giro- und Mastercard/Visa auf einer Karte sein. Gibt es konkrete Pläne, dies bei allen Genossenschaftsbanken umzusetzen?
Jens Hoffmann-Wülfing: Erst einmal schauen wir, wie die Pilotprojekte weiter verlaufen. Natürlich können wir uns sehr gut vorstellen, das Produkt zunächst in der aktuellen Ausprägung den Genossenschaftsbanken zugänglich zu machen.
In einem nächsten Schritt kann man sich sicherlich auch Gedanken über ein Produktangebot für die Girocard machen. Hier haben wir allerdings noch keine konkreten Pläne. Interessant im Kontext passiver Wearables sind zudem noch Mehrwertlösungen wie z.B. Zutrittssysteme, ÖPNV etc.
teltarif.de: Kürzlich fielen deutschlandweit im stationären Handel Zahlungsterminals von Verifone aufgrund von Softwareproblemen aus. Als Lösung blieb für Kunden und Händler nur Bargeld. Glauben Sie, dass solche Vorfälle das mühsam aufgebaute Vertrauen in Kontaktloszahlungen wieder untergraben?
Jens Hoffmann-Wülfing: Das Vertrauen wurde m. E. nicht mühsam aufgebaut, sondern erfolgte stetig in den letzten Jahren und wurde einfach in die gelebte Praxis übernommen. Wie bereits zuvor erwähnt, hat Corona dieses Verhalten noch beschleunigt.
Die positive Nutzererfahrung bei kontaktlosen Zahlungen ist so überzeugend, dass ich nicht davon ausgehe, dass sich das Verhalten der Kundinnen und Kunden durch eine solche einmalige Störung wieder umkehrt.
teltarif.de: Ihre Prognose: Bis wann werden kontaktlose Zahlungen das Bargeld völlig ersetzen?
Jens Hoffmann-Wülfing: Schwer zu sagen, ob das jemals der Fall sein wird. Das ist auch nicht das Ziel. In den vergangenen Jahren sinkt der Bargeldanteil an den Umsätzen im Einzelhandel kontinuierlich. Die Pandemie hat diesen Trend nochmals verstärkt. Bei Mobile Payment und beim Angebot der Wearables geht es auch gar nicht darum, das Bargeld zu ersetzen, sondern vielmehr darum, den Kunden ein breites Spektrum an Bezahlprodukten an die Hand zu geben, die für sie und ihren persönlichen Lebensstil sinnvoll sind.
teltarif.de: Herr Hoffmann-Wülfing, vielen Dank für das Gespräch.
Zur Person: Jens Hoffmann-Wülfing
Jens Hoffmann-Wülfing ist seit 2013 in der DG Nexolution als Produktmanager Mobile Payment im Geschäftsbereich Cards & Security tätig. Er ist für die fachliche Produktentwicklung auf diesem Gebiet zuständig und hat Mobile-Payment-Projekte auf unterschiedlicher technischer Basis begleitet. Vor seiner Tätigkeit in der Zahlungsverkehrsindustrie arbeitete er mehrere Jahre als Produktmanager in internationalen, Hardware produzierenden Unternehmen.
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