Verwirrend: Was kostet Ladestrom fürs Auto?
Wer erinnert sich noch, als man vor dem Aufbau einer Telefonverbindung erst aufwendige Recherchen nach dem aktuell gültigen Tarif für das danach geplante Telefongespräch führen musste?
Teltarif hat das längst vereinfacht. Dafür haben wir heute eine ähnliche Situation bei Fahrstrom-Anbietern, die Strom zum Aufladen eines Elektro-Autos anbieten.
Klimaziele mit E-Autos erreichen
Wer elektrisch Auto fährt, sollte die Pausen fürs Aufladen nutzen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Damit Deutschland seine Klimaziele erreichen kann, sollen mehr Elektroautos auf die Straße. Das Netz der Ladesäulen wächst, doch beim Bezahlen kann es noch viele Probleme geben. Pioniergeist und gute Informationen sind gefragt.
Wer weiterhin mit einem Diesel oder einem Benziner unterwegs ist, weiß Bescheid: Den Spritpreis über eine App checken und dann zu der Tankstelle fahren, wo es gerade günstig ist.
Preis durch Ladekarte steuerbar
Mit einem Elektroauto geht das etwas anders. An der gleichen Ladesäule kann der Strom zugleich günstig oder teuer sein. "Der Kunde kann oftmals kaum oder nur mit sehr viel Aufwand feststellen, was ihn das Laden kosten wird", klagt ein Sprecher des ADAC. "Regelmäßig tappen Verbraucher hier in Kostenfallen. Die Preise müssten, wie an der Tankstelle, vorher sichtbar sein."
Kein Preis dran
In der Tat: An den allermeisten Ladesäulen steht gar kein Preis dran. Preisabfrage und Bezahlung kann auf verschiedenen Wegen erfolgen. Üblicherweise identifiziert sich der elektrische Autofahrer über eine NFC-Ladekarte, die er vorher von einem Ladestromanbieter bekommen hat oder über eine App des Kartenanbieters oder Ladesäulenproviders.
Es gibt Säulen, die einen per aufgeklebtem QR-Code auf eine Webseite lotsen, wo man direkt seine Kreditkartennummer eingeben oder sogar per Paypal in der bezahlen kann. Dafür sollte etwas Zeit eingeplant werden und Mobilfunk-Netzversorgung an der Ladesäule ist bei der App oder Internet-Lösung absolutes Muss.
28 oder 89 Cent?
Wir haben den Test gemacht: Eine Ladesäule in der Berliner Kirchstraße (Zwischen Alt-Moabit und der S-Bahn-Station Bellevue) kann mit EnBW 28 Cent pro Kilowatt kosten, mit Get-Charge/Alpiq sind es 89 Cent. Der Strom, der aus der Säule fließt, ist absolut der gleiche.
Verschiedene Apps und Webseiten helfen
Es gibt inzwischen erste Apps und Webseiten, wo man die besuchte Ladesäule aufsuchen und die möglichen Preise ermitteln kann. Eine davon ist chargeprice.app. Hier öffnet sich eine Landkarte. Nach Abfragen zum verwendeten E-Fahrzeug und einigen weiteren Kriterien, kann die Karte genutzt werden. Mit Klick auf eine bestimmte Ladestation erfährt man, was es kosten wird, bevor geladen wird.
Empfehlenswert: ADAC-Tarif von EnBW
Wer ADAC-Mitglied ist, sollte sich die Mobility App des ursprünglich baden-württembergischen Energieversorgers EnBW anschauen und dort den ADAC Tarif buchen, der übrigens keine Grundgebühr kostet. Damit sind viele Ladesäulen in Deutschland und darüber hinaus nutzbar.
Schnell aber teuer: Ionity
Man sollte auch wissen: Die Säulen des Anbieters "Ionity" können mit EnBW nicht (mehr) genutzt werden. Ionity ist ein Projekt verschiedener deutscher Autohersteller, die derzeit bundesweit Hochleistungs-Ladesäulen (mit 100 - 350 kW Ladeleistung) an Autobahnen und wichtigen Autofahrer-Treffpunkten aufbauen. Ionity hatten seine Preise so stark erhöht, dass verschiedene Ladekarten-Anbieter mit "einfachen" Tarifen mit ihren Kalkulationen schnell Schiffbruch erlitten und die Tarife erhöhen mussten. Wer hingegen das "richtige Auto" fährt, bekommt bei Ionity direkt günstigere Preise, muss aber ein Abo mit Grundgebühr abschließen.
Von Telekom zu Alpiq: Holpriger Wechsel
Die Deutsche Telekom hatte sich mit "Get-Charge" [Link entfernt] in das Thema Fahrstrom eingeklinkt, verlor aber die Lust und übergab das Geschäft und die Bestandskunden an den Schweizer Stromanbieter "Alpiq". Dieser Wechsel war holprig. Zeitweise war das System gar nicht nutzbar, langsam tauchen in der interaktiven Landarte nutzbare Ladepunkte auf, nur die Anzeige der Ladehistorie hat noch Lücken. Alpiq ist aber offenbar dabei, sich ins elektrische Leben zurückzukämpfen. Eine Testladung mit Alpiq war möglich, der (korrekte) Preis wurde auch sofort vom hinterlegten Bankkonto abgezogen, aber eine Rechnung oder ein Nachweis gab es bislang nicht.
Trotzdem einfacher geworden
Inzwischen sei beim Stromtanken vieles einfacher geworden, versichert Kerstin Andreae, die Vorsitzende der Hauptgeschäftsführung des Energieverbandes BDEW. Die meisten Fahrer eines Elektroautos hätten einen Vertrag mit einem Ladestromanbieter und damit "volle Preistransparenz". Wie beim Haushaltsstrom werde vorab ein Preis für die Kilowattstunde festgelegt. Der Autofahrer könne dabei einen Anbieter danach aussuchen, was ihm wichtig sei: Preis, Marktabdeckung oder Grünstrom.
Auch die Zeiten, in denen es "schwierig war, mit einer einzigen Ladekarte durch Deutschland zu kommen", seien längst vorbei, betont Andreae. Mehrere Anbieter hätten inzwischen eine Marktabdeckung von deutlich über 80 Prozent erreicht. Mit ihren Karten könne das Elektroauto an neun von zehn Ladepunkten nachgetankt werden.
Welche Rolle die Ladekarte spielt und wieso Tesla-Fahrer einen gewaltigen Vorteil haben, lesen Sie auf der nächsten Seite