Themenspezial: Verbraucher & Service Unseriös

1&1 schiebt Kunden schon wieder Wechsel ins o2-Netz unter

Die Zusam­men­arbeit mit Voda­fone endet zwar - aber warum verschickt 1&1 schon wieder Briefe mit einer neuen SIM und verschweigt dabei den Netz­wechsel? Wir haben nach­gefragt.
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Foto des aktuellen Briefkopfs mit der SIM-Verpackung Foto des aktuellen Briefkopfs mit der SIM-Verpackung
Bild: teltarif.de / Leserzuschrift
Netz­tech­nisch ist bei 1&1 momentan einiges in Bewe­gung: Der Aufbau des eigenen Mobil­funk-Netzes ist gestartet und geht nur sehr langsam voran. Demnächst soll das National Roaming im Telefónica-Netz starten. Und dann gibt es immer noch eine gewisse Zahl an 1&1-Mobil­funk-Kunden im Voda­fone-Netz, diese Tarife werden aber schon seit einigen Jahren nicht mehr neu vermarktet. Spätes­tens 2025 muss 1&1 alle Kunden ins eigene Netz umstellen.

Gerade den 1&1-Mobil­funk-Kunden im Voda­fone-Netz wurden immer wieder Ange­bote gemacht, zu Tarifen im Telefónica-Netz zu wech­seln, bei denen es dann mehr Leis­tung fürs gleiche Geld geben soll. Klar kommu­niziert waren diese Ange­bote aller­dings nicht immer - und aktuell lässt 1&1 nun offenbar eine bekannte Masche aufleben, die bei zahl­rei­chen Kunden gar nicht gut ankommt. Foto des aktuellen Briefkopfs mit der SIM-Verpackung Foto des aktuellen Briefkopfs mit der SIM-Verpackung
Bild: teltarif.de / Leserzuschrift

1&1 preist LTE an - Nutzer haben es seit Jahren

Anfang 2021 hat teltarif.de unter dem Titel 1&1-Falle - Netz­wechsel von Voda­fone zu o2 intrans­parent bereits über das Phänomen berichtet. Gut zwei Jahre später schrieb uns nun ein teltarif.de-Leser mit Bezug auf diesen Artikel, am 27. Januar 2023 habe er einen Brief von 1&1 mit einer beigelegten SIM-Karte erhalten. "Alles scheint sich zu wieder­holen", kommen­tierte der Leser mit Tarif im Voda­fone-Netz den Vorgang und ergänzte: "In dem Brief wird mit keiner Silbe erwähnt, dass ich mit der neuen SIM-Karte auch zu o2 wechsle." Und damit ist nicht der Wechsel zum Provider o2 gemeint, sondern ins Netz von Telefónica o2.

Text des Briefs mit beiliegender Schnellstart-Anleitung Text des Briefs mit beiliegender Schnellstart-Anleitung
Bild: teltarif.de / Leserzuschrift
teltarif.de hat sich den Brief ange­schaut. Geworben wird in der Betreff­zeile damit, als 1&1-Kunde könne er "ohne Mehr­kosten ... 3 GB High­speed-Volumen monat­lich" erhalten. Defi­nitiv falsch ist die nach­fol­gende Aussage "wech­seln Sie einfach kostenlos in einen LTE-Tarif". Denn wie teltarif.de berichtet hat, wurden schon seit dem 18. November 2019 1&1-Kunden im Voda­fone-Netz ange­sichts der seiner­zeit bevor­ste­henden UMTS-Abschal­tung schritt­weise auf LTE umge­stellt, was teltarif.de damals auch kurz getestet hat. Die expli­zite Bewer­bung von LTE ergibt also im aktu­ellen Schreiben genauso wenig einen Sinn wie im Schreiben von 2021.

Auch in der nach­fol­genden Beschrei­bung wird die miss­ver­ständ­liche Formu­lie­rung fort­gesetzt: Der Kunde solle bei der Hotline anrufen und seine Vertrags­daten bereit­halten, dann würde die "LTE-SIM-Karte" sofort frei­geschaltet. Nachdem der Kunde die SIM-Karte einge­legt habe, könne er die "LTE-Vorteile genießen". Auch von einer "besseren Sprach­qua­lität" ist in dem Brief die Rede, ohne dass 1&1 genauer darauf eingeht, was das bedeutet.

Echte Vorteile für den Kunden?

Immerhin weist 1&1 in dem Schreiben auch darauf hin, dass sich der monat­liche Preis für den Kunden durch die Tarifum­stel­lung mit gleich­zei­tiger Netzum­stel­lung nicht ändert, sondern gleich bleibt. Auch die Über­nahme der bishe­rigen Rufnummer verspricht 1&1. In dem Brief wird auch zum Ausdruck gebracht, dass es sich um ein "unver­bind­liches Angebot" handele, der Kunde könne jeder­zeit wieder in den alten Tarif wech­seln.

Es stellt sich aber die Frage, warum 1&1 wiederum den Wechsel ins Telefónica-Netz in dem Brief so hart­näckig verschweigt. Inzwi­schen gibt es hierfür nicht einmal mehr nach­voll­zieh­bare Gründe, weil laut diverser Netz­tests das Telefónica-Netz in zahl­rei­chen Regionen mitt­ler­weile deut­lich besser ausge­baut ist als das Voda­fone-Netz. Mögli­cher­weise rechnet 1&1 aber damit, dass in den Köpfen der Kunden immer noch veran­kert ist, dass es sich beim o2-Netz um das am schlech­testen ausge­baute Netz handelt.

Die Stel­lung­nahme von 1&1

Die zuvor formu­lierte Frage haben wir bei unserer Anfrage zu dem Vorfall auch an 1&1 gestellt. Gleich­zeitig fragten wir, was dieser Netz­wechsel zum jetzigen Zeit­punkt über­haupt für einen Sinn habe, wenn schon ab nächstem Jahr ein erneuter Netz­wechsel (wahr­schein­lich mit erneutem SIM-Tausch) ins 1&1-Netz statt­findet und laut BNetzA sogar statt­finden muss?

Gleich­zeitig erfragten wir, warum 1&1 derar­tige Schreiben mit SIM-Karte erneut unauf­gefor­dert versendet, wenn die Kunden weder einen Tarif­wechsel noch einen Netz­wechsel beauf­tragt haben. Außerdem wollten wir wissen, ob Voda­fone einen Termin gesetzt hat, bis zu dem alle 1&1- und Dril­lisch-Kunden aus dem Voda­fone-Netz "entfernt" werden müssen. Neben der Frage, wie viele derar­tige Briefe aktuell versandt wurden und ob alle Kunden im Voda­fone-Netz ange­schrieben wurden, erkun­digten wir uns auch danach, was passiert, wenn Kunden im Voda­fone-Netz den Brief igno­rieren. In der Stel­lung­nahme beant­wor­tete uns eine 1&1-Spre­cherin aller­dings nicht alle Fragen:

Bei dem von Ihnen ange­spro­chenen Schreiben handelt es sich um ein unver­bind­liches Angebot, welches sich an einen ausge­suchten Kreis unserer Bestands­kun­dinnen und -kunden richtet.

Sofern Kundinnen und Kunden Inter­esse an unserem Angebot haben, können sie mit uns zum Beispiel über die ange­gebene Rufnummer, die kosten­frei aus dem 1&1 Netz erreichbar ist, in Kontakt treten. In einem Tele­fonat bespre­chen wir alle Details, selbst­ver­ständ­lich auch den Netz­wechsel. Die SIM-Karte liegt dem ange­spro­chenen Schreiben bei, damit inter­essierte Kundinnen und Kunden unser Angebot kostenlos und unver­bind­lich testen können. Sollten Kunden mit dem neuen Tarif nicht zufrieden sein, können sie jeder­zeit und mit nur einem Anruf bei 1&1 wieder in ihren alten Tarif zurück­wech­seln - dies ist auch explizit im aktu­ellen Kunden­anschreiben noch einmal aufge­führt.

Im Einklang mit den Fristen der Bundes­netz­agentur (BNetzA) wird 1&1 die Doppel­stel­lung als Diens­tean­bieter und Netz­betreiber einstellen. Telefónica ist aktuell dabei, National Roaming für uns vorzu­bereiten und wird es im Sommer bereit­stellen. Wie von der BNetzA vorge­sehen, werden wir anschlie­ßend die Neukun­den­gewin­nung im MVNO-Geschäfts­modell einstellen und inner­halb von etwa zwei Jahren unsere 11 Millionen Mobil­funk-Kunden auf unser neues Netz migrieren. Bis Ende 2025 soll dieser Prozess abge­schlossen sein.

Es gibt für 1&1-Kunden also keinen Grund, auf den Brief einzu­gehen, wenn sie aktuell keinen Wechsel ins Netz von Telefónica o2 wünschen.

Update 28. Februar: 1&1 zum Thema SIM-Tausch

Schon seit längerer Zeit gab es Speku­lationen darüber, dass für die Umstel­lung ins eigene 1&1-Netz nicht für alle Kunden ein Tausch der SIM-Karte notwendig wird. Das bestä­tigte 1&1 inzwi­schen offi­ziell gegen­über teltarif.de. Ende des Updates.

Erst Ende 2022 im FWA-Probe­betrieb ging das 4. Mobil­funk­netz der 1&1 in Deutsch­land an den Start. Regel­betrieb ist für 2023 geplant. Eine aktu­elle FAQ.

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