Amazon plant angeblich Übernahme von Filmstudio MGM
In dieser Woche bleibt in Hollywood kein Stein auf dem anderen. Bereits gestern berichteten wir, dass sich der Telekommunikationskonzern AT&T von seiner Tochter WarnerMedia trennt und diese mit dem Wettbewerber Discovery fusioniert. Nun meldet unter anderem die "Financial Times", dass sich Amazon seit Wochen in Verhandlungen mit MGM befindet.
Das renommierte aber wirtschaftlich angeschlagene Filmstudio mit einem Marktwert von 5,5 Milliarden US-Dollar könnte damit schon in Kürze den Besitzer wechseln. Es wäre auch eine direkte Kampfansage an die bislang übermächtige Studio-Konkurrenz.
Amazon als Filmproduzent
James Bond könnte bald im Dienst von Amazon stehen
Foto: Andy Rain/dpa
Auslöser des Verkaufs war laut Bericht des "Wall Street Journals" im vergangenen Jahr der New Yorker Hedgefonds Anchorage Capital Group. Dieser stand auch finanziell unter Druck, weil das illiquide Investment bei MGM eine zunehmend größere Belastung einnahm. Die Investmentbanken Morgan Stanley und LionTree wurden schließlich beauftragt, den Verkaufsprozess für das Studio einzuleiten. Sollte Amazon den Zuschlag tatsächlich erhalten, würde sich der Internetkonzern Lizenzen an zahlreichen Blockbustern und Hollywood-Klassikern sichern, ein besonderes Filetstück ist dabei zweifelsohne die James Bond-Filmreihe.
Viel interessanter dürften für Amazon aber die zusätzlichen Produktionskapazitäten sein, denn das Unternehmen ist mit seinen "Amazon Studios" für den eigenen Streaming-Dienst Prime Video bereits seit längerer Zeit im Produktionsgeschäft tätig. Mit MGM würde man jedoch in die erste Liga der Hollywood-Studios aufsteigen und damit in direkten Wettbewerb zu anderen Major Studios wie Disney, Paramount oder Warner treten.
Wie reagiert Netflix?
Eine potenzielle Übernahme von MGM durch Amazon setzt jedoch auch Erzrivale Netflix schwer unter Druck. Zwar ist der Streamer aus Los Gatos nach wie vor globaler Marktführer, doch im Gegensatz zum Wettbewerb fehlen dem Unternehmen notwendige Produktionsressourcen. Bekommt MGM den Zuschlag, wäre Netflix de facto der einzige globale Streaming-Dienst am Markt, welcher nicht über ein Hollywood-Studio verfügt oder zu einem großen Medienkonzern gehört.
Schlimmer noch: Sollte sich aktuell Lizenzware von MGM im Katalog von Netflix befinden, würde Amazon diese womöglich bei Netflix abziehen oder aber dort zu happigen Konditionen lizenzieren. Das wäre ein Fiasko, denn Netflix ist aufgrund mangelnder eigener Produktionskapazitäten nach wie vor auf eben solche Lizenzverträge angewiesen und hatte beispielsweise erst kürzlich einen Deal mit Sony Pictures geschlossen.
In den vergangenen Monaten verlor der Streamer außerdem viele attraktive Inhalte, weil auch Studios wie Disney und WarnerMedia auf eine Direktverwertung mit ihren eigenen Streaming-Diensten setzen.
Kinos unter Druck
Große Auswirkungen hätte ein Verkauf von MGM an Amazon letztendlich für die Kinobetreiber. Damit würde Amazon nämlich auch selbst zu einem der großen Filmverleiher aufsteigen. Zudem wurde in der Vergangenheit bereits kolportiert, dass Amazon auch Interesse an der Übernahme von AMC Theatres zeigt. Sollte Jeff Bezos hier ebenfalls den Zuschlag bekommen, würde Amazon die gesamte Verwertungskette von der Filmproduktion über Kinos bis hin zum Streaming kontrollieren. Das wäre sicherlich ein Albtraum für viele Wettbewerber.
Am Kaufpreis sollte ein entsprechender Deal für Amazon zumindest nicht scheitern. Selbst wenn ein Vertrag deutlich über dem aktuellen Marktwert von MGM ausgehandelt wird, könnte Amazon dies gewissermaßen aus der Portokasse zahlen. Fakt ist aber auch: Sofern das Studio vom Markt ist, ergeben sich für Netflix nicht mehr viele Optionen.
Dann wäre bestenfalls noch der Einstieg bei kleineren Studios wie Lionsgate oder Sony Pictures möglich. Da die gesamte Branche aber aktuell ohnehin stark in Bewegung ist, sind Prognosen zu weiteren Verkäufen zumindest derzeit schwierig einzuschätzen.
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