Smart Radio soll UKW, DAB+ und Internetradio vereinen
Smart Radio von TechniSat
Bild: TechniSat
Die Euro-Chip-Initiative der European Broadcasting Union (EBU) tritt ab sofort unter dem Namen Smart Radio auf. Dadurch will das Konsortium, dem sich inzwischen zahlreiche öffentlich-rechtliche, staatliche und private Radioanbieter angeschlossen haben, ein Pendant zum Smart-TV
beim Fernsehen schaffen.
Ziel der Initiative ist es, dass jedes künftig im EBU-Raum verkaufte Radiogerät neben analogem UKW- auch terrestrisches Digitalradio (DAB/DAB+, optional DRM/DRM+) sowie Internetradio empfangen kann. Durch die hohen zu produzierenden Stückzahlen könnten die Chippreise massiv fallen; die Rede ist von ungefähr fünf Euro pro Stück. Dadurch könnten Radios, die alle Spezifikationen enthalten, zu ähnlich günstigen Preisen in den Markt kommen wie heute Nur-UKW-Radios. Bisher kosten günstige Modelle, die alle Spezifikationen einhalten, rund 90 Euro.
Noch keine EU-Richtlinie
Smart Radio von TechniSat
Bild: TechniSat
Auch in mobilen Geräten wie Smartphones und Tablets soll der neue Chip eingebaut werden. Die dafür
benötigten Chips seien bereits heute verfügbar, erklärt Christian Vogg, Head of Radio bei der EBU. "Eine gebündelte Unterstützung der öffentlich-rechtlichen und kommerziellen Radioanbieter stärkt die Argumente für Autohersteller, Mobilfunkbetreiber und Smartphone-Hersteller. Die Zukunft des Radios ist hybrid", so Vogg.
Allerdings gibt es bisher weder eine Richtlinie der EU noch eine Umsetzung in Landesrecht beim Smart Radio. Vor allem große Privatsender, die stur an UKW fest halten, lehnen die Initiative nach wie vor ab, weil ihnen durch den Hybrid-Chip wesentlich mehr Konkurrenz das Leben schwer machen könnte. Terrestrisch sind bis zu 30 Hörfunksender mehr verfügbar, in einem WLAN-Netz via Internet sogar über 20 000.
DLM-Vorsitzender will UKW-Abschschaltung
Unterdessen gibt es einen neuen Mitstreiter bei der Forderung eines analogen Abschalttermins auch beim Radio. Der Vorsitzende der Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM), Jürgen Brautmeier, hat sich laut dem Branchenmagazin Digital Insider auf einem Empfang der Sächsischen Landesmedienanstalt (SLM) dafür ausgesprochen, den UKW-Hörfunk abzuschalten. Neben der Vielfaltssicherung, der Plattformregulierung und der Standardisierung nannte der DLM-Vorsitzende im Rahmen der Digitalisierung vor allem die Zukunftssicherung des terrestrischen Rundfunks als eines der wichtigsten Ziele. Daher sei auch ein Abschalttermin für die analoge Terrestrik wichtig. Große Widerstände gegen eine UKW-Abschaltung gibt es aber nach wie vor aus dem Privatfunk-Lager, und auch Radiovermarkter sind gegen einen solchen Schritt. Die Konsumenten könnten zu neuen Diensten wie Spotify wechseln anstatt sich neue Digitalradio-Geräte anzuschaffen, warnte zuletzt etwa der Chef des Vermarkters Studio Gong, Philipp von Martius.
Ab- und Aufschaltungen bei DAB+ in der Schweiz
In der Schweiz läuft DAB+ im Vergleich zu Deutschland bereits sehr gut. Mehr als 20 Prozent der Bevölkerung besitzen bereits mindestens ein Digitalradio-Gerät. Und doch können auch hier einige Hörfunkveranstalter die hohen Kosten für den Sendebetrieb nicht tragen. Mit dem Tourismus-Radio Swiss Mountain Holiday Radio steigt jetzt bereits der vierte Hörfunkveranstalter aus dem deutsch-schweizer Privatradio-Multiplex aus.
Am 1. Mai gibt es für Privatradios jedoch eine Alternative: Der Anbieter Digris AG startet das erste privat betriebene DAB-Netz im Raum Genf. Einige Wochen später kommt der Raum Zürich hinzu, beides zunächst im Rahmen eines Testbetriebs. Das Unternehmen garantiert weit geringere Verbreitungskosten als beim Netzbetreiber Swiss Media Cast, der mit der deutschen Media Broadcast vergleichbar ist. Über einen ähnlichen Vorstoß und einen alternativen Netzbetrieb in Deutschland haben wir in der vergangenen Woche berichtet.