MTEL im Test: Erfahrungen im neuen virtuellen Netz
Am 17.07.2023 ist der virtuelle Netzbetreiber MTEL in Deutschland gestartet. Die Bundesnetzagentur hatte dem Unternehmen schon früher den Netz-Code 262-25 und die Vorwahl 015310 zugeteilt.
teltarif.de ist es gelungen, eine SIM-Karte im Prepaidtarif MTEL #8 zu ergattern. Das war nicht ganz einfach, denn das Unternehmen führt nach eigenen Angaben einen "Softstart" durch, wo am Anfang noch nicht alles verfügbar ist oder rund läuft. Insofern fühlt sich der Tester an die Anfänge der (digitalen) mobilen Telefonie in Deutschland erinnert.
Dreh- und Angelpunkt: Die Hotline
Die Hotline von MTEL ist unter 015 310 310 310 zu erreichen, wobei "015310" die offiziell von der Bundesnetzagentur zugeteilte Vorwahl für MTEL ist. Viele Anwender glauben irrtümlich, es wäre "nur" 0153, was nicht der Fall ist. Der Hintergrund: Auch kleinere Anbieter, die nicht gleich 10 Millionen oder 100 Millionen Nummern benötigen, sollen eine Chance haben und erhalten fünfstellige Vorwahlen (gezählt ohne die führende Null).
Nach Dauerbesetzt - ein Durchkommen
Wer das neue Netz erst einmal ausprobieren möchte, kann mit Prepaid starten und später auf Laufzeit/Postpaid umsteigen, auf Wunsch monatlich kündbar.
Grafik: MTEL
Am Montag, den 17.07.2023 gelang es uns am späten Nachmittag, die Hotline zu erreichen. Zunächst muss man in einem Sprachmenü (IVR) angeben, ob man auf Deutsch oder in Serbisch, Kroatisch oder Bosnisch bedient werden möchte. Nach etwa 20 Minuten Warteschleife meldete sich ein freundlicher Berater mit leicht schwäbischem Akzent und stellte uns das neue Produkt vor.
Anweisungen per E-Mail: Bitte überweisen
Er bat um die Mitteilung der eigenen E-Mail-Adresse und blieb sogar solange in der Leitung, bis diese E-Mail wirklich angekommen war.
Nun erklärte der Hotliner noch einmal in aller Ruhe das, was auch in der E-Mail schon steht.
Wir haben den Tarif MTEL #8 (Prepaid) gewählt und wurden gebeten, 10 Euro auf das Girokonto von MTEL Deutschland überweisen und im "Betreff" den Namen und Vornamen mit dem Vermerk "Prepaid" anzugeben. Ferner sollten wir einen Screenshot von der Zahlung (die wurde hier in Echtzeit durchgeführt) per E-Mail an den Support von mtelgermany.de schicken.
Erste Reaktion nach zwei Tagen
Zwei Tage später kam eine E-Mail zurück. Man bestätigte die Zahlung und bat um eine weitere E-Mail mit Fotos vom Personalausweis mit Vorder- und Rückseite. Eigentlich ist das eine heikle Angelegenheit, denn "normale" E-Mails laufen ungesichert über zig Server und könnten theoretisch auch abgefangen, manipuliert oder umgeleitet werden. Wir haben es riskiert.
Ein Tag später erreichte uns eine weitere E-Mail von MTEL mit den aus dem Personalausweis fertig ausgefüllten Daten mit der Bitte um Unterschrift und Rücksendung. In dem Formular wurde bereits die eigene Telefonnummer +49 15310 10xxxx genannt.
Das Formular wurde ausgedruckt - unterschrieben - eingescannt und zurückgemailt.
In welchem Netz telefonieren wir?
Ein probeweise Anruf dieser Nummern ergab ein "dauerbesetzt", der Telefonrouter (Telekom Speedport) meldete Fehler 603 ("Decline").
Eine Anfrage beim Rufnummern-MNP-Netzzugehörigkeits-Auskunftsdienst der etablierten Netzbetreiber ist interessant:
- Anfrage bei Telekom (Kurzwahl 4387): Das Netz von "MTEL Deutschland". (Stimmt.)
- Anfrage bei Vodafone (12313): "Diese Nummer ist keine Mobilfunknummer." (Stimmt nicht.)
- Anfrage mit einer SMS "NETZ 015310..." an die Kurzwahl "4636" bei o2: "Das Netz ist Vodafone (Stimmt halb.) MTEL nutzt das Netz von Vodafone, ist aber ein MVNO mit eigener Netzkennung (262-25).
Karte kommt als Einschreiben
Die Prepaid-Karte für das MTEL-Netz kam per Einschreiben aus Wien.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Am Montag, den 24.07.23 klingelte morgens früh der Briefträger der Post/DHL: "Ich habe hier ein Einschreiben für Sie". Absender die Firma MTEL aus der Lehargasse 7 in A-1060 Wien (Österreich). Im Umschlag ein kurzes Begleitschreiben, ferner ein Karton-Folder mit SIM-Karte im 3-in-1-Format (Mini, Micro, Nano). Auf dem Kartenträger unter einer Gummischicht zum Abrubbeln: PIN und PUK. Eine PIN2 oder PUK2 wurden hier nicht genannt und sind auch in der Regel nicht mehr notwendig.
Karte bucht ein - muss aber noch aktiviert werden
MTEL #8 ist der Prepaid-Tarif von MTEL, den es bald auch in ausgewählten Shops zu kaufen geben soll.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die eingelegte SIM-Karte buchte sich auch sofort im Netz von Vodafone ein. Im Display ein "E", aber die Karte war noch nicht nutzbar, weder für ein Telefonat noch für Daten.
Auf dem Kartenträger wird darauf hingewiesen, den APN zu kontrollieren. Dieser muss web.mtel.de lauten, Benutzername und Passwort bleiben leer, auch weitere Einstellungen werden nicht angefasst. Inzwischen schickt MTEL aber automatisch eine Konfigurations-SMS, von daher sollte das kein Problem mehr darstellen.
Im Begleitschreiben wurden wir gebeten, die Hotline zu kontaktieren, um die Karte zur Nutzung freischalten zu lassen. Die Antwort: "Wir geben das an die Freischalt-Hotline weiter, sie wird mit ihnen ein Video-Telefonat über Microsoft Teams machen".
Identifizierung per Video-Telefonat
An Nachmittag um 15.22 Uhr kam die Mailbestätigung, ob man um 15.30 Uhr Zeit hätte. Dummerweise war es da schon 16.30 Uhr, aber kurz per E-Mail geantwortet, dass man jetzt da sei. Und um 16.40 Uhr kam eine E-Mail mit dem MS-Teams-Link.
Dazu braucht es entweder einen PC mit Kamera, unter Windows muss man das MS-Teams-Programm nicht installieren, es reicht auch der Browser, beispielsweise der serienmäßige MS-Edge-Browser, der auf Chromium basiert. Auf einem Handy gibt es die MS-Teams-App für iOS (Apple) und Android (Google).
Um 16.45 Uhr meldet sich der Identitäts-Prüfungs-Agent, es fehlte aber der Ton. Wir haben den Ausweis trotzdem in die Kamera gehalten und nach 2-3 Minuten knackte es im Lautsprecher und der Ton war da. Ausweis erneut gedreht und gekippt, Vorder- und Rückseite gezeigt, die Auskunft war: "In Ordnung, ich gebe das weiter". Wann die Karte aktiv sein würde, wusste er nicht.
Nach 10 Minuten ist Karte aktiv
Die 3-in-1-SIM-Karte mit Karten- und Rufnummer, ferner PIN/PUK zum freirubbeln.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Gut 10 Minuten später eine weitere E-Mail: Die Karte ist aktiv - und in der Tat, Surfen und Telefonieren war möglich.
Hotline auch im regulären Festnetz erreichbar
Im Schriftwechsel mit MTEL wird neben der 015 310 310 310 noch eine reguläre Telefonnummer im deutschen Festnetz genannt, die +49 231 99217622 lautet (Vorwahl von Dortmund). Man landet auf dem gleichen Portal wie unter der neuen Vorwahl, und möglicherweise sind die Netz-Übergänge dorthin nicht so überlastet.
Mobiles Telefonieren: Nur GSM im Vodafone-Netz
MTEL nutzt in Deutschland ausschließlich das Netz von Vodafone. Hier bucht sich das Telefon zunächst ins 4G/LTE-Netz von Vodafone ein. Sobald aber ein Gespräch geführt wird, schaltet das Telefon auf 2G (GSM) zurück. Der Grund: Telefonieren über LTE ("VoLTE") muss für MTEL erst noch eingerichtet werden. Das könne noch bis 2025 (!) dauern, teilte uns MTEL auf Anfrage mit.
Autobahnfahrt mit vielen Abbrüchen
Mit der frisch aktivierten neuen SIM-Karte unternahmen wir eine ca. 70 km lange Fahrt über Autobahnen (A5/A6) und eine Landstraße (B272), das Gespräch (über Freisprecheinrichtung) ist dabei sechs oder siebenmal abgestürzt. Der Grund liegt nicht an MTEL, sondern am Netzbetreiber Vodafone. Das Unternehmen hat sein GSM-Netz schon stark reduziert und komprimiert, dabei können Handover fehlschlagen.
Sprachmailbox - funktioniert noch nicht immer
Unter der Rufnummer 015310 310 300 sollte vom eigenen MTEL-Anschluss die eigene MTEL-Sprachmailbox zu erreichen sein. Das funktionierte zunächst gar nicht. Zwar kam eine Verbindung zustande, der Zeit-Zähler lief los, aber die Leitung blieb tot. Kurzzeitig hatte die Sprachmailbox dann funktioniert, wobei verschiedene Menüpunkte ohne Auswahlziffer angesagt wurden. Wer beim Zuhören mitgezählt hatte, konnte die Menüpunkte dennoch aufrufen. Aktuell funktioniert die Mailbox nicht (mehr), was möglicherweise an einem überlasteten Netzübergang liegen könnte. Wir wissen es nicht.
MTEL bestätigte den Fehler: "Wir arbeiten an der Lösung, wir werden Sie hier noch nachträglich informieren."
Guthabenabfrage per USSD
Um herauszufinden, wie hoch das eigene Prepaid-Guthaben ist oder wie lange die Karte noch aktiv ist, hat MTEL branchenüblich sogenannte USSD-Codes eingerichtet. Zunächst funktionierten die USSD-Codes *100# (für das "Menü") bzw. *100*1# zur Abfrage des Kartenguthabens nicht. Statt der erwarten Menüführung oder Anzeige des Kartenguthabens gab es zunächst nur kryptische Systemmeldungen.
Spielt man mit den Menüs herum, erfährt man, dass die Karte offenbar mit 10.000 Sprachminuten "aufgeladen" ist. Zum Surfen stehen im MTEL #8-Tarif 8 GB zur Verfügung.
Wie kann ich aufladen? Woher bekomme ich den Code für eine Aufladung?
Prepaidguthaben zum Aufladen kann zunächst nur bei den "Partner-Verkaufsstandorten" gekauft werden. Ab Oktober, so die Auskunft von MTEL, soll es dann auch auf der Webseite möglich sein.
Als Überbrückung kann auf das Bankkonto von MTEL, worüber auch die Karte bestellt wurde, ein beliebiger Betrag überwiesen werden, den man mit der dazugehörenden Rufnummer und dem Namen des Kunden im Überweisungstext verbinden sollte, so die Auskunft der Hotline.
Später Guthaben bei üblichen Verkaufsstellen
MTEL verhandelt bereits mit entsprechenden Dienstleistern, damit das Guthaben später (angedacht ist Mitte September 2023) auch an Tankstellen, in Supermärkten oder in Handyshops zu kaufen sein wird.
Gibt es eine App (iOS oder Android) oder eine Webseite?
Eine mobile App sowie ein Webzugang zur Verwaltung von SIM-Karte und Guthaben befinden sich noch in der Entwicklung, teilte uns MTEL weiter mit. Sie sollen voraussichtlich ab Oktober 2023 verfügbar sein.
MTEL: Ein erstes Fazit
Es soll eine etwa 1-2 Millionen Personen umfassende Zielgruppe in Deutschland geben, die familiäre oder persönliche Kontakte in verschiedene Balkanländer (meist in das ehemalige Jugoslawien) hat und pflegen möchte und regelmäßig auch dorthin reisen. Mit den bisherigen traditionellen Anbietern war das entweder technisch völlig unmöglich oder grauenhaft teuer. Diese Marktlücke kann MTEL, als Tochter der serbischen Telekom, durchaus elegant schließen.
Ob man diese Karte als einzige Hauptkarte nutzen sollte? Im Augenblick muss noch mit Anlaufschwierigkeiten gerechnet werden. So ist die Karte oder die Mailbox zeitweise noch nicht stabil erreichbar. Auch bei der internationalen Erreichbarkeit (z.B. per SMS) muss mit Nachrichtenverlust gerechnet werden. Eine testweise von einer spanischen Vodafone-Karte (im deutschen Netz eingebucht) versandte SMS kam nicht an.
Es dauert erfahrungsgemäß einfach seine Zeit, bis alle Netze die ungewohnte Vorwahl +49 15310 und das Routing dorthin verstanden haben.
Unsere Testkarte wird in den nächsten Tagen eine Reise nach Kroatien, Serbien und Ungarn antreten. Wir werden berichten.
Wir haben schon über MTEL berichtet.