Beschlossen

Europa-Parlament: "Recht auf Reparatur" kommt

Das Gerät ist kaputt, aber es ist teurer, es zu repa­rieren, als sich ein neues zu kaufen? Damit soll in der EU bald Schluss sein. Das "Recht auf Repa­ratur" hat eine weitere Hürde genommen.
Von mit Material von dpa

Kühl­schränke, Handys, Staub­sauger - wenn solche Geräte kaputt­gehen, muss der Hersteller sie unter Umständen künftig repa­rieren. Eine große Mehr­heit der Euro­paab­geord­neten stimmte heute in Straß­burg für das soge­nannte Recht auf Repa­ratur. Damit soll gewähr­leistet werden, dass bestimmte Produkte länger genutzt werden und weniger Müll produ­ziert wird. Derzeit ist es oft güns­tiger, sich ein neues Produkt zu kaufen, anstatt das alte repa­rieren zu lassen. Das soll sich ändern. Die Liste an Produkten, die vom "Recht auf Repa­ratur" erfasst sind, kann von der EU-Kommis­sion erwei­tert werden. Recht auf Reparatur beschlossen Recht auf Reparatur beschlossen
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Künftig sollen sich Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher für die Besei­tigung von Mängeln direkt an die Hersteller wenden können. Auch nach Ablauf der gesetz­lichen Garantie haben Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher den Regeln zufolge das Recht, gängige Haus­halts­pro­dukte repa­rieren zu lassen, solange sie nach EU-Recht als tech­nisch repa­rierbar gelten. Damit sich mehr Menschen für eine Repa­ratur entscheiden, soll es nach einer Repa­ratur eine neue Gewähr­leis­tung von einem Jahr auf das Produkt geben.

Unab­hän­gige Werk­stätten stärken

Die EU will außerdem unab­hän­gige Werk­stätten stärken: Die Hoff­nung ist, dass diese bessere Ange­bote für die Repa­ratur machen können, sobald sie mehr Infor­mationen zu den Produkten und sinn­volle Preise für Ersatz­teile erhalten. Umwelt- und Verbrau­cher­schutz­minis­terin Steffi Lemke sprach von einem wich­tigen Meilen­stein. "Dadurch werden weniger Ressourcen verbraucht und CO2-Emis­sionen verrin­gert", so die Grünen-Poli­tikerin.

Die EU-Staaten müssen dem Vorhaben noch zustimmen. Das gilt aber als Form­sache. Lemke zeigte sich zuver­sicht­lich, dass dies "in Kürze" geschehen werde. Anschlie­ßend haben sie nach der Veröf­fent­lichung im Amts­blatt zwei Jahre Zeit, die Vorschriften umzu­setzen.

Bitkom zum Recht auf Repa­ratur

Zum heutigen Beschluss erklärt Bitkom-Haupt­geschäfts­führer Bern­hard Rohleder: "Länger nutzen ist oft umwelt­freund­licher - das gilt auch für Smart­phones, Tablets und andere digi­tale Geräte. Bitkom begrüßt daher, dass sich die EU dieses Themas mit der Einfüh­rung eines Rechts auf Repa­ratur annimmt. Positiv sticht bei der neuen EU-Richt­linie heraus, dass defekte IT-Geräte durch gebrauchte und profes­sio­nell wieder­auf­berei­tete Geräte - soge­nannte Refur­bished-IT - ersetzt werden können. Für die Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher entfallen so lange Warte­zeiten für eine Repa­ratur, gleich­zeitig werden Ressourcen und Umwelt geschont."

Der Bran­chen­ver­band bemän­gelt aller­dings, es hätte klarere Vorgaben gebraucht, wann der Austausch durch Refur­bished-IT möglich ist. Hier würden künftig für Verbrau­che­rinnen und Verbrau­cher, für Hersteller und Händler Unsi­cher­heit bestehen. Wichtig sei jetzt, dass die Bundes­regie­rung bei der Umset­zung des Rechts auf Repa­ratur in Deutsch­land "prag­matisch vorgeht, Anreize setzt und keine neuen büro­kra­tischen Hürden aufbaut". Der Bitkom fordere insbe­son­dere eine Mehr­wert­steu­ersen­kung auf Ersatz­teile und Repa­ratur­dienst­leis­tungen für IT-Geräte wie Smart­phones und Laptops.

vzbv fordert bundes­weiten Repa­ratur­bonus

Der Verbrau­cher­zen­trale Bundes­ver­band meint in einer Stel­lung­nahme, ein euro­päi­sches Recht auf Repa­ratur sei "ein guter Schritt, Repa­raturen zu erleich­tern". Die Bundes­regie­rung müsse die EU-Richt­linie ambi­tio­niert umsetzen und zügig einen bundes­weiten Repa­ratur­bonus einführen. Diesen gibt es bislang nur in einzelnen Bundes­län­dern. Außerdem müsse die EU die Verpflich­tung zur Repa­ratur "zeitnah auf weitere Produkt­gruppen ausdehnen". Elektro- und Elek­tronik­klein­geräte, die im Alltag häufig kaputt­gehen, würden derzeit nämlich noch nicht darunter fallen. Ein Recht auf Repa­ratur müsse für alle Produkte gelten, auch für Kaffee­maschinen und Möbel.

Ramona Pop, Vorständin des vzbv, sagt dazu, oft entscheide der Preis, ob ein Produkt repa­riert wird. Verbrau­cher müssten daher "finan­ziell unter­stützt werden, wenn sie sich für eine Repa­ratur entscheiden". Der Repa­ratur­bonus als Modell in Thüringen oder Sachsen sei "ein großer Erfolg". Das könne "ein Vorbild für die bundes­weite Einfüh­rung sein."

Apples iPhones werden künftig erkennen, wenn jemand bei Repa­raturen ein Bauteil aus einem gestoh­lenen Gerät verwendet. Damit einher geht eine Neue­rung, die es güns­tiger macht, iPhones zu repa­rieren.

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