Rückblick

Keine reine Telekom-Messe: Digital-X gibt der Branche Kraft

70.000 Besu­cher streiften zwei Tage durch die Stadt Köln, um die "Digital-X" Messe zu besu­chen. teltarif.de war auch vor Ort.
Von der Digital-X in Köln berichtet

Das Messe­kon­zept hat Charme: Statt riesiger Messe­hallen, findet die Digital-X über weite Stre­cken unter freiem Himmel oder in Bars und Kneipen oder gut durch­lüf­teten Keller­räumen (beispiels­weise in einem Yoga-Studio) statt. Teil­weise sind Seiten­straßen abge­sperrt, um dort die Demo-Container aufzu­stellen. Bei aller Digital-Technik kam in Köln auch analoge Musik nicht zu kurz. Bei aller Digital-Technik kam in Köln auch analoge Musik nicht zu kurz.
Foto: Deutsche Telekom / Mareen Fischinger
Die Themen der Messe waren 5G, Internet der Dinge (IoT), der nach wie vor stei­nige Weg zum Auto­nomen Fahren, das viel disku­tierte und immer noch weit­gehend geheim­nis­volle Meta­verse von Meta (Face­book) oder die Robotik, die in den Fabriken längst Alltag ist.

Viele Fragen - und Antworten?

Über allem schwebte die Frage: Wie werden wir in der Zukunft leben und arbeiten? Konkrete Antworten sollten die rund 70.000 Besu­cher am 13. und 14. September 2022 in Köln erhalten. Neben der Deut­schen Telekom waren mehr als 300 Partner-Unter­nehmen, über 200 "Brand­houses" (Unter­nehmen mit bekannten Marken) und rund 60 Star­tups vor Ort, die ihre Produkte, Inno­vationen, Lösungen oder Praxis­bei­spiele aus der Welt von morgen zeigten.

Privat­kunden will­kommen

Neu war diesmal auch ein Angebot für inter­essierte Privat­kunden: Man musste nur recht­zeitig vorher ein kosten­loses Ticket als QR-Code im Netz bestellen. Die Anmeldung erfolgte zunächst digital mit einem QR-Code als Quittung. Doch dann wurde auf Analog (gedruckte Karte) gewechselt. Die Anmeldung erfolgte zunächst digital mit einem QR-Code als Quittung. Doch dann wurde auf Analog (gedruckte Karte) gewechselt.
Deutsche Telekom AG / Norbert Ittermann
Der QR-Code per E-Mail landete beispiels­weise auf dem Handy. Doch beim Erst­ein­tritt zur Veran­stal­tung wurde aus dem QR-Code wieder ein Stück bedruckter Karton am Hals­band, das vor den Eingangs­kon­trollen händisch gezeigt werden musste.

Hatte sich nun ein Besu­cher an der Station vorher nicht korrekt ausge­checkt, war ein Wieder­ein­tritt an der nächsten Station zunächst nicht möglich. Das Service-Personal über­nahm das Badge, checkte aus und wieder ein, so kam zu deut­lichen Warte­zeiten. Viel­leicht wäre hier eine auto­matisch arbei­tende RFID-Lösung oder eine Blue­tooth App "schneller", das Thema Daten­schutz muss so oder so genau erklärt werden: Der Messe­ver­anstalter möchte natür­lich wissen, was die Besu­cher inter­essiert und wo er später mit weiteren Infor­mationen künf­tige Geschäfte anbahnen kann. Wer eine solche Messe "anonym" besu­chen möchte, könnte das bei der Anmel­dung angeben und würde dann nur geprüft, ob sein Ticket gültig ist, wenn die Loca­tion gewisse Besu­cher­höchst­grenzen hat.

Inter­natio­nale Redner

Über 300 inter­natio­nale Redner traten auf, viele bekannte Namen darunter. Apple-Gründer Stephen Wozniak findet „Inno­vation braucht Erfinder“. Gerne erin­nerte er sich Steve Wozniak an seine Zeit bei Apple, wo er nicht das große Geld machen, sondern seine Inge­nieurs­fähig­keiten zur Schau stellen wollte. Wozniak ist sich sicher, dass Quan­ten­com­puting das "nächste große Ding im Silicon Valley" sein werde. Aller­dings mag er nicht gerne, weit in die Zukunft zu blicken. Bei Autos setzt er auf Qualität. Er räumte ein, dass ihm viele Modelle bereits zu digital sind. Mercedes "Made in Germany" baue die besseren Autos, findet er. Deren Design erschließe sich intuitiv – „so wie bei Apples Produkten.“ Elon Musk (Tesla, SpaceX) war in Köln nicht vor Ort.

Nach­hal­tig­keit und Mut

In der IT-Branche ist das Thema Nach­hal­tig­keit längst ange­kommen. Jessica Alba machte dem Publikum Mut. Sie treibe die Hoff­nung und der Traum, den Menschen jeden Tag haben - egal, woher sie kommen.“ Sie ist über­zeugt, dass es den Menschen „in die Wiege gelegt ist, dass alles möglich ist, wenn man hart genug arbeitet.“

Kriti­sche Töne

Es gab auch kriti­sche Töne, etwa dass die Wirt­schaft gewisse Dinge aus den Augen verloren habe. Allianz-Vorstand Oliver Bäte ging mit der Politik hart ins Gericht: „Wenn wir weiter vor uns hinschlafen und sagen, die Rente sei sicher, dann wird’s unan­genehm für Deutsch­land.“ Ins engli­sche Wörter­buch sei neben dem „Kinder­garten“ auch der Begriff "Besitz­stands­wah­rung“ aufge­nommen worden, womit er die Vorlage von Tim Höttges aufgriff. „Man muss sich als Deut­scher inzwi­schen schämen, was den Stand der Digi­tali­sie­rung bei uns angeht“.

Roboter täto­wiert nicht

Der Tatoo-Roboter von Kuka stach nur eine Demofläche, aber keine Menschen. Der Tatoo-Roboter von Kuka stach nur eine Demofläche, aber keine Menschen.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Ein fern­gesteu­erter Tattoo-Roboter von Kuka zeigte, wie Roboter und Mensch einmal über Länder­grenzen hinweg mitein­ander arbeiten können. Es wurden aber keine lebenden Personen geschmückt, sondern eher das Prinzip des Co-Robots gezeigt. Am Ort A kann ein Mensch einem Roboter, der am weit entfernten Ort B steht, etwas beibringen und notfalls auch eingreifen, wenn es dann nicht so wie gewünscht funk­tio­niert. Tech­nische Detail­fragen konnte der Marke­ting-Manager von Kuka-Robo­tics aber nicht beant­worten.

Essen aus dem 3D-Drucker ist vegan

Etwas futu­ris­tisch war ein Food-Truck, der veganes Essen aus dem 3D-Drucker lieferte. Vor dem Food-Truck bildeten sich lange Schlangen.

Equal-Sports

E-Sport erfordert Kraft, Geschicklichkeit und Ausdauer E-Sport erfordert Kraft, Geschicklichkeit und Ausdauer
Foto: Deutsche Telekom / Mareen Fischinger
Das Thema "E-Sport" ist keine Spie­lerei und Zeit­ver­treib mehr. Spieler lernen sich übers Netz kennen und treten gegen­ein­ander in Meis­ter­schaften an. Das erfor­dert Geschick­lich­keit, Ausdauer und Durch­hal­tever­mögen und braucht auch Mann­schafts-Trai­ning. Alles Dinge, die später auch im Berufs­leben gefragt sein könnten. Nun gibt es im Netz viel Hass und "Hate" Speech. Mädchen oder diverse Personen werden hier schnell "gemobbt" oder belei­digt, weswegen die Equal-Sports-Initia­tive durch Betreuung die Chancen der bisher benach­tei­ligten Spieler und Spie­lerinnen verbes­sern möchte.

ByondXR: Zukunft des Shop­pings

Bei ByondXR wurde der Sprung vom realen in den virtuellen Shop demonstiert. Bei ByondXR wurde der Sprung vom realen in den virtuellen Shop demonstiert.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Mindes­tens genauso futu­ris­tisch, aber bereits Realität: Das Info­stand von "ByondXR" tief versteckt in einem Yoga-Studio-Keller: Leicht verständ­lich präsen­tierte das Unter­nehmen in mehreren Stationen, wie aus einem realen Laden, ein Online-Shop mit einge­blen­deten 3D-Produkten, Avataren und erwei­terter Realität (XR) zum virtu­elles Shop-Erlebnis wird: Das Computer-Jump-and-Run-Spiel führt "zufällig" in einen Laden, wo man einkaufen kann. Das Computer-Jump-and-Run-Spiel führt "zufällig" in einen Laden, wo man einkaufen kann.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Man klickt nicht einfach im Web auf Bilder aus dem Katalog und bestellt, sondern man kann die Objekte am Bild­schirm oder Smart­phone in die Hand nehmen und drehen. Oder man erstellt einen Avatar, der in etwa der eigenen Körper­größe entspricht. Dieser Avatar "probiert" dann im virtu­ellen Laden die neuen Klamotten an und hoffent­lich passt es dann auch, wenn es ankommt. Oder man spielt erst einmal ein Compu­ter­spiel und gewinnt dann Rabatt­punkte, welche die nach­fol­gende Bestel­lung güns­tiger machen. Oder man läuft durch eine virtu­elle Welt, an deren Ende "rein zufällig" ein Laden auftaucht, worin reale Dinge gekauft werden können.

Der "Verkäufer" in diesem virtu­ellen Laden ist ein Video-Abbild einer real exis­tie­renden Person. Mittels hoch­ent­wickelter Soft­ware kann diese Person den Kunden in Spra­chen beraten, die sie eigent­lich gar nicht spricht. Dazu wird ihre Mutter­sprache aufge­zeichnet und mit Hilfe von z.B. Google-Trans­late der zu spre­chende Text in der Fremd­sprache gene­riert.

Wer eine VR-Brille besitzt oder sich ausleiht, kann dann im virtu­elle Store regel­recht ins Regal greifen und die Ware in den Einkaufs­wagen legen.

Für Pflege und Gesund­heits­wesens ist der vernetzte Trink­becher von LAQA gedacht, der die Betei­ligten an eine ausrei­chende Flüs­sig­keits­auf­nahme erin­nert.

Schnelles 5G erfor­der­lich

Im Testfahrzeug von Mira muss immer ein Sicherheitsfahrer an Bord sein, auch wenn autonom oder ferngesteuert gefahren wird. Im Testfahrzeug von Mira muss immer ein Sicherheitsfahrer an Bord sein, auch wenn autonom oder ferngesteuert gefahren wird.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Schnelles und verzö­gerungs­freies 5G schafft die Voraus­set­zung für auto­nomes Fahren. MIRA zeigte, wie echte Fahrer in einem Kontroll­zen­trum ihre Fahr­zeuge aus der Ferne steuern, beispiels­weise, um einen Miet­wagen zum Kunden zu bringen, der dann "ganz normal" damit fahren kann. Das voll auto­nome Fahren erfor­dert noch sehr viel Entwick­lungs­arbeit, verrieten die Fach­leute, man stehe gewis­ser­maßen erst am Anfang. Network-Slicing reser­viert für kriti­sche Prozesse Teile des Daten­kanals. Das ginge theo­retisch auch mit 4G (wie es Voda­fone aktuell auspro­biert), hat dann aber nicht die kurzen Reak­tions­zeiten und Stabi­lität, die 5G bieten kann.

Zwischen Star­tups und Kunden vermit­teln

Im "Future Quar­tier" wurden Inno­vationen vorge­stellt: Digi­tale Zwil­linge per 3D-Scanner, Kunden­sup­port aus der Ferne mit Augmented Reality, digi­tale Klei­dung auf dem Smart­phone oder Haut­bild­ana­lysen direkt am Messe­stand durch das Abscannen der Haut­ober­fläche nach Verän­derungen, die medi­zini­scher Abklä­rung bedürften könnten.

Kraft der Partner - wird 2023 fort­gesetzt

Gast­geber Hagen Rick­mann, Geschäfts­führer Geschäfts­kunden bei der Deut­schen Telekom, findet, dass gezeigt wurde, "welche enorme Kraft in Part­ner­schaften steckt". Und er betont, dass dies "keine reine Telekom-Veran­stal­tung" sei. Und somit ist sein Termin­kalender schon fixiert: Die nächste Digital X wird am 20. und 21. September 2023 wieder in Köln statt­finden.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

In der Indus­trie gab es zeit­weise den Trend, Messen einzu­sparen, weil sie nur "Zeit und Geld kosten und wenig bringen". Alles per Video­kon­ferenz oder virtuell zu machen, war in Zeiten der Pandemie eine "Notlö­sung". Die Branche wünscht sich wieder persön­liche Treffen und den Austausch und die Inspi­ration.

Das Mobil­funk­netz der Telekom hatte während der Messe gut zu tun und an manchen Ständen kam es zu lokalen Über­last­erschei­nungen, manche Event­loca­tion wurde nur durch den Wett­bewerber Voda­fone (schwach) versorgt, während o2 in der Kölner Innen­stadt sich nicht vor den Konkur­renten zu verste­cken braucht.

Klas­sische Messen in Hallen an engen Ständen sind nicht mehr so attraktiv, neue Konzepte wie in Köln könnten die Zukunft sein. Doch diese Messen müssten ein Abbild des gesamten Marktes sein, d.h. es sollten auch Unter­nehmen im Wett­bewerb vor Ort sein. Ob wir eines Tages auf einer Messe wie der Digital-X auch Ange­bote und Vertreter von 1&1, NetCologne, Telefónica (o2) oder Voda­fone sehen werden?

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