Mobilfunker auf der IFA: Nur die Telekom vor Ort?
Die Deutsche Telekom hat die Bedeutung der IFA-Berlin verstanden. Ihre Konkurrenten glänzen mit Abwesenheit.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Anfang September, genauer vom 6. bis 11. September öffnet die Messe Berlin wieder ihre Tore zur Berliner Funkausstellung, pardon zur IFA. Dort geht es längst nicht mehr Radios oder Fernseher, sondern auch um Telekommunikation, vernetztes Smart Home, Kühlschränke, künstliche Intelligenz und vieles mehr.
Im langjährigen Messe-Termin-Kalender galten Messen immer als wichtiges Datum jeder Branche. Zur Messe CeBIT (gibt's nicht mehr) oder zur IFA mussten neue Produkte fertig sein, um sie der Öffentlichkeit präsentieren zu können. Konzentriert auf den Mobilfunk bedeutete das neue Tarife, um die sich im Vorfeld allerlei Mythen rankten, neue Handys mit neuen ungeahnten Funktionen, Laptops, PCs und was auch immer.
IFA und die Telekommunikation
Die Deutsche Telekom hat die Bedeutung der IFA-Berlin verstanden. Ihre Konkurrenten glänzen mit Abwesenheit.
Foto: Henning Gajek / teltarif.de
Die Zeiten haben sich geändert, die IFA gibt es nach wie vor und die Plätze dort sind gefragt. Denn die IFA ist beides: Fachmesse für den Handel, der sich dort neue Produkte anschaut, große Bestellungen aufgibt und sich mit Lieferanten, Entwicklern und dem Endverbraucher trifft, denn der Endverbraucher ist in Berlin ausdrücklich erwünscht. Da können die Hersteller schnell feststellen, ob ihre neuen Geräte und Angebote eine Chance im Markt haben, denn die IFA wird von interessierten Kunden besucht, die in ihrem Umfeld als Multiplikatoren gelten, heute spricht man von Influencern.
Für den Mobilfunk war die IFA lange Jahr eine wichtige Pflichtveranstaltung. Telekom/T-Mobile, Mannesmann/Vodafone, E-Plus und VIAG-Interkom/o2 bauten dort ihre riesigen Stände auf. Aber auch die Service-Provider von Axicon bis Talkline zeigten ihre Produkte, teils in den Hallen, teils im Freigelände, wo man an zahlreichen Ständen sich aufhalten und informieren kann.
teltarif.de wollte wissen, wie die Planungen wichtiger Anbieter für dieses Jahr aussehen und hat sich in der Branche umgehört.
Telekom macht die IFA zum #Dabei-Festival
Fangen wir mit der Deutschen Telekom an. Sie wird wieder - wie die Jahre zuvor - in Halle 21 am Stand 101 ihre Zelte aufschlagen und das komplette Programm für den Endverbraucher vorstellen. Dieses Jahr plant die Telekom ein großes „#Dabei Festival“, bei dem möglicherweise grundlegend neue Mobilfunktarife präsentiert werden, welche die Vorgaben der Bundesnetzagentur zur Netzneutralität („Stichwort Stream On“) und die Anforderungen der künftige 5G-Welt erfüllen werden. Wie diese Tarife konkret aussehen könnten, war testweise schon kurze Zeit im Internet sichtbar.
Congstar im Freigelände
Neben der Deutschen Telekom wird auch die Discount-Tochter Congstar im Freigelände (vor Halle 21, A36) zu finden sein. Für eine junge Zielgruppe, denen die Marke „Telekom“ zu teuer oder zu „spießig“ erscheinen könnte, wurde Congstar gegründet, die inzwischen längst aus den Kinderschuhen entwachsen ist und auch moderne Technologien wie LTE anbieten kann. Bis Congstar dann ins 5G-Zeitalter aufbricht, wird es wohl noch etwas dauern.
Und sonst?
Wie aber sieht es bei den Wettbewerbern der Telekom aus? Um es kurz zu machen: Enttäuschend.
Vodafone: Wieder nicht da
Die langjährige Nummer zwei im deutschen Mobilfunkmarkt die Vodafone hatte einen viel beachteten 5G-PR-Start für Endverbraucher hingelegt und hätte in Berlin die ideale Gelegenheit gehabt, Geräte und Tarife und 5G „zum Anfassen“ zu präsentieren. Auch der Funk-Fachhandel nutzt die IFA gerne, um mit den Verantwortlichen direkt zu sprechen und Sorgen, Nöte und Erfahrungen auszutauschen und neue Konditionen zu vereinbaren. Die technische Abteilung von Vodafone lud auf der IFA gerne Fachjournalisten zu einem „technischen Frühstück“ ein, um Hintergründe zum Mobilfunk, neuen Funktionen, neuen Diensten oder dem unter Hochdruck laufenden Netzausbau zu präsentieren. In diesem Jahr wäre das Thema "Unitymedia" spannend. Wie wird das Kabel-TV- und Internetangebot des frisch gekauften Unternehmens im Vodafone Konzern integriert und künftig präsentiert? Welche Mediatheken bleiben erhalten oder kommen dazu? Können ehemalige Kabeldeutschland-Kunden die Mediathek von Unitymedia nutzen? Viele Fragen, aber keine Antworten, denn Vodafone ist zum wiederholten Male nicht in Berlin.
Das wird selbst von Mitarbeitern des Unternehmens hinter vorgehaltener Hand „bedauert“, über die wahren Gründe können wir nur spekulieren.
Telefónica (o2): Abwesend
E-Plus gehört längst zu Telefónica-o2, die Fusion ist weitestgehend abgeschlossen, aber die Kunden und der Fachhandel hätten viele drängende Fragen. Wann endlich geht mein Ort mit LTE ans Netz, wann wird das Funkloch in XY-Stadt oder ABC-Dorf geschlossen? Auch dieses Jahr ist der nach Kundenzahlen größte Mobilfunkanbieter in Deutschland wieder nicht auf der IFA in Berlin.
Freenet mit Mobilcom-Debitel, Klarmobil und und und... nicht da.
Auf der Seite der Service-Provider hat die Konsolidierung nur noch zwei Spieler übrig gelassen. Die Freenet-Gruppe und die 1&1-Drillisch-Gruppe. Immer wieder tauchte Mobilcom-Debitel, wichtiger Bestandteil der Freenet Gruppe, teilweise sehr kurzfristig auf der Messe auf. Service-Provider werden über den Fachhandel verkauft, die mit Beratungskompetenz ihre Nische gefunden haben. Kunden, die alles wissen oder sich selbst informieren, bestellen wohl überwiegend im Internet Vielleicht auch, weil sie fürchten im Laden Dinge verkauft zu bekommen, die sie eigentlich nicht wollten oder die nicht das erfüllen, was eigentlich gewünscht wäre.
Im letzten Jahr stellte die Freenet-Tochter Mediabroadcast ihr Internet-IP-TV-Angebot freenet.tv und waipu.tv vor, „in diesem Jahr sind wir leider nicht vor Ort“. Auch hier ist herauszuhören, dass sich viele Mitarbeiter des börsennotierten Unternehmens auf einen Auftritt in Berlin gefreut hätten.
1&1 auch nicht da?
Der vierte Netzbetreiber 1&1-Drillisch ist auf der IFA auch nicht zu finden. Kunden, die wissen wollen, wann sie auf den für teures Geld ersteigerten Frequenzen im „neuen, eigenen“ Netz von Drillisch-1&1 telefonieren dürfen, erfahren das auf der IFA wohl nicht.
Für Handyhersteller bleibt die IFA wichtig
Die Handyhersteller hingegen wissen den Wert der IFA zu schätzen. So hat HMD, die Firma hinter der wieder auferstandenen Handymarke Nokia angekündigt, ein umfangreiches Produktfeuerwerk zu zünden. Sie ist in Halle 6.2 am Stand 104 zu finden, unweit von Huawei am Stand 101. Letztes Jahr nahmen sie nicht an der IFA teil.
Der Technologiekonzern Samsung hat sich Berlin gleich ein eigenes Gebäude „Cube“ gesichert und informiert recht ausführlich über sein umfangreiches Programm, das weit über Handys hinaus reicht.
Sony ist in Halle 20, TCL in Halle 21, ob es einen eigenen Stand für „BlackBerry“ geben wird, ist noch unklar.
IFA - muss man da hin? Eine Einschätzung
Die IFA stößt bei Verbrauchern und im Handel jährlich auf größtes Interesse, zahlreiche Fernsehsender aus dem In- und Ausland berichten ausführlich über die Messe. Die Nichtteilnahme an der IFA halte ich für einen großen Fehler.
Woran liegt es? Sind es die Kosten? Oder ist es Angst vor frustrierten Kunden, die am Stand möglicherweise lautstark ihre individuellen Probleme gelöst haben möchten? Die von den Netzbetreibern einfordern, die Versprechen Netzausbau endlich erfüllt zu bekommen?
Der gefühlte Marktführer Telekom bringt seit Jahren sein Customer-Care mit, wo Spezialisten die allermeisten Probleme sofort oder nach wenigen Rückfragen lösen können. Als Vodafone noch da waren, hatten sie beim letzten Messeauftritt eine hilfreiche Kundenservice-Theke installiert. Der viel kritisierte Kundenservice von o2 ist längst besser als sein Ruf, das können also keine Gegenargumente für ein Fernbleiben sein.
Im Gegenteil: Die Nichtteilnahme auf einer wichtigen Messe kann unnötige Kosten verursachen. Ist ein Unternehmen nicht vor Ort, kann beim Besucher leicht der Eindruck entstehen, dass das Unternehmen nicht mehr existiert oder nicht mehr wichtig ist. Deswegen sollten Mobilfunkanbieter wie Vodafone, Telefónica oder 1&1-Drillisch, Service-Provider wie Mobilcom-Debitel (Freenet) und andere die IFA wieder als Pflichtveranstaltung in ihren Kalender aufnehmen. Trotz Social Media und virtueller Welten: Am persönlichen Gespräch führt auf die Dauer kein Weg vorbei.
Deswegen ist auch teltarif.de mit einem mehrköpfigen Team in Berlin während der IFA vor Ort und wird ausführlich berichten.