Funkloch gestopft: Telekom baut Sender tief im Wald
In Oberbayern, etwa 20 Kilometer südlich von München, liegt das Örtchen Lanzenhaar, das zur Gemeinde Sauerlach gehört. Dort verläuft eine Bahnstrecke mitten durch den Wald, genauer durch den Deisenhofener Forst. Dort befand sich bisher ein etwa 4,2 Kilometer langes Funkloch. Es ging einfach nix.
Eigentlich sollten schon alle ICE-Strecken mit Mobilfunk versorgt sein und trotzdem brechen Verbindungen immer wieder einmal ab. Die Vorgaben der Bundesnetzagentur sind klar, und die Erwartungen der Kunden auch: Auf Bahnstrecken muss es Netz geben. Punkt.
Metall schirmt ab
Die Vorgabe der BNetzA ist klar: Alle Bahnstrecken müssen versorgt werden
Foto: Telekom Deutschland/YouTube, Screenshot: teltarif.de
Die Gründe sind bekannt: Die Züge sind aus Metall, was bekanntlich abschirmt. Auch die Fensterscheiben der ICE-Züge sind metallbedampft, um Energie zu sparen, das schirmt die Funkwellen ebenfalls ab. In den meisten ICE-Zügen sind deswegen Repeater eingebaut, die das Signal von außen empfangen und innen im Zug wieder frisch aussenden. Die Deutsche Bahn ist zusätzlich gerade dabei, ihre Fenster gegen ein neues Modell mit anderen Metall-Strukturen auszutauschen. Dadurch werden für Funksignale durchlässiger.
Ein ICE-Zug fährt zwischen 200 und 300 km/h in der Spitze. Wenn bei diesem Höllentempo ein Handover stattfindet, müssen auf einen Schlag einige 100 Sprach- und Daten-Verbindungen umgeschaltet werden. Trivial ist das nicht.
Auf regionalen Bahnstrecken verkehren Regional- und Nahverkehrszüge, die haben in der Regel keine Repeater eingebaut. Hier müssen also Sender möglichst nahe an die Bahn gebaut werden - sofern die Bahn aus Sicherheitsaspekten mitspielt.
Funkloch bei Lanzenhaar gestopft
Hinter Deisenhofen (links oben) Richtung Lanzenhaar (Rechts am Rand) ist ein Funkloch. Die Telekom hat es gestopft
Foto: Deutsche Telekom/YouTube
Wer mit der S-Bahn oder einem regionalen Zug zwischen Sauerlach und Deisenhofen unterwegs war, hatte dort bislang keinen Empfang.
Auf der Versorgungskarte ist das Funkloch zwischen Deisenhofen (links oben) und Lanzenhaar (rechts unten) gut zu sehen. Also wurde bei Lanzenhaar ein etwa 50 Meter hoher Mast aufgebaut.
Das gelbe Quadrat auf der Karte zeigt den neuen Sender, der dann mobile Datenverbindungen von 300 bis 500 MBit/s ermöglichen wird.
GSM, LTE und 5G(NSA)
Der 50 Meter hohe Mast "enthält alles, was das Kundenherz begehrt", nämlich GSM 900, LTE 800/900, LTE 1800 und 5G-NR-2100 (5G-NSA). Im Video kann man sehen, wie die vier Radiomodule am Mast bei schlechten Wetterbedingungen montiert werden.
Gebaut hat den Sendemaste die Deutsche Telekom, die für nächstes Jahr 800 weitere neue Masten entlang von Bahnstrecken ankündigt. Nach den ICE-Strecken rückt beim Netzausbau jetzt auch immer mehr der Regionalverkehr der Bahn in den Vordergrund.
Bis 2026 will die Telekom diese Bahn-Strecken "vollständig" versorgt haben. Das ist eine echte Herausforderung, weil es vor Ort immer wieder Probleme gibt. Es beginnt bei Grundstücksbesitzern, die ihre Gelände nicht vermieten möchten, über Bedenkenträger, die einen Mast "nicht so schön" finden, bis hin zu lokalen Behörden, die sich ausführlich Gedanken über die Strahlenbelastung machen.
Eine Einschätzung (von Henning Gajek)
Der Netzausbau geht endlich (wenn auch vielen zu langsam) voran. Die Zeiten, in denen man ausschließlich in einem engen Büro arbeiten konnte (das indoor oft auch nicht richtig versorgt ist), sind längst vorbei. Ob man das Bahnwärterhäuschen im Video als Workspace oder den fahrenden Zug nimmt, bleibt dem Einzelnen überlassen.
Ab und zu lesen wir den Vorwurf, wird würden oft "sehr wohlwollend" über das Netz der Telekom berichten. Liebend gerne würden wir auch einmal ein Projekt von Vodafone oder Telefónica vorstellen, wo eine funktechnische Einöde erstmalig von diesen Anbietern mit Mobilfunk versorgt wird. Aber offenbar sind solche Standorte absolut selten oder die nötigen Informationen sind nicht zu uns durchgedrungen.
Gewiss kosten die Sender Geld. Da Bahnstrecken oft weitab durch einsame Regionen führen, müssen dort Strom und Signalleitungen mühsam und teuer herangeführt werden. Manch einem dürfte jetzt klar werden, warum guter Netzausbau nicht zum Discount-Tarif zu machen ist.
Unterdessen erproben Telekom und BMW 5G rund ums Fahrzeug.