Netztests

Tutela: Deutsche Netze schlechter als Österreich & Schweiz

Das Mobil­funk­for­schungs­unter­nehmen Tutela hat seinen Report 2021 vorge­stellt: Das Ergebnis über­rascht nicht. Deutsch­land ist schlechter als Öster­reich und die Schweiz. Die Telekom Deutsch­land ist weit vor Voda­fone und o2.
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Infra­struktur wird besser

Die Verbes­serung der Infra­struktur in Deutsch­land spie­gelt sich auch im Report "State of Mobile Expe­rience DACH" 2021 von Tutela wider. Im Vergleich zu den Nach­bar­län­dern liegt Deutsch­land aber dennoch zurück, weil auch Öster­reich und die Schweiz weiterhin in ihr Netz inves­tieren. Mit der Umrüs­tung auf 5G und der Verbes­serung des 4G-Netztes könnte der Abstand aber verklei­nert werden. Das würde allen Kunden zugu­tekommen und die Nutzer­erfah­rung verbes­sern.

In Bezug auf die "Consis­tent Quality" führt die Schweiz den Länder­ver­gleich knapp an: Die Schweizer Mobil­funk­anbieter boten ihren Kunden im Vergleich zu Öster­reich und Deutsch­land durchweg das beste Mobil­funk­erlebnis. 86,9 Prozent der Tests erfüllten die Schwel­len­werte für "Excel­lent Consis­tent Quality". Das heißt, die Kunden konnten fast immer 1080p-Videos streamen, HD-Video­anrufe tätigen oder mobil spielen. Nach der Schweiz belegte Öster­reich mit einem Anteil von 86,5 Prozent der "Excel­lent Consis­tent Quality" den zweiten Platz. Deutsch­land folgt mit 79 Prozent "Excel­lent Consis­tent Quality" auf dem dritten Platz. Relative Qualitätswerte in von allen Netzen versorgten Gebieten Relative Qualitätswerte in von allen Netzen versorgten Gebieten
Grafik:Tutela Ltd.
Bei der "Core Consis­tent Quality", d.h. der Netz­ver­bin­dung der Teil­nehmer, die Anwen­dungs­fälle wie SD-Video­strea­ming, Social-Media-Sharing und Web-Brow­sing unter­stützt, erreichten sowohl die Schweiz als auch Öster­reich den Schwel­len­wert von 90 Prozent und lagen mit 94,8 Prozent auch statis­tisch gesehen gleichauf auf dem ersten Platz. Deutsch­land lag mit einer Core Consis­tent Quality von 89,2 Prozent auch in dieser Kenn­zahl nicht weit hinter den anderen beiden Ländern zurück. Aller­dings erreichte die Verbin­dungs­qua­lität bei 10,8 Prozent der Messungen in Deutsch­land nicht die Schwel­len­werte für die "Core Consis­tent Quality".

Öster­reich welt­weit Platz 8, Schweiz Rang 9 - Deutsch­land Rang 37

Im aktu­ellen "Global Mobile Expe­rience Report" von Tutela schaffte es Öster­reich damit sogar auf Platz 8 und die Schweiz auf Platz 9 der Länder mit der höchsten "Excel­lent Consis­tent Quality". Deutsch­land landete im welt­weiten Ranking auf dem 37. Platz.

"Mobil­funk­teil­nehmer in der gesamten DACH-Region erleben eine unglaub­lich gute Verbin­dungs­qua­lität", erklärt Tom Luke, Vice Presi­dent bei Tutela, sein Zahlen­werk. „In jedem Land gab es auch einen Betreiber, der alle Bereiche komplett domi­nierte: A1 in Öster­reich, Telekom in Deutsch­land und Swisscom in der Schweiz. Diese Betreiber stellten damit ihre Fähig­keit unter Beweis, ihren Nutzern konti­nuier­lich das beste mobile Erlebnis zu bieten. Da die Betreiber weiterhin mit der Einfüh­rung von 5G und der Abschaf­fung von 3G voran­schreiten, wie es in Deutsch­land in diesem Jahr der Fall ist, können die Nutzer in dieser Region darauf vertrauen, dass diese konsis­tenten und quali­tativ hoch­wer­tigen mobilen Erfah­rungen auch in Zukunft fort­bestehen werden und durch den Ausbau der Infra­struktur sogar noch verbes­sert werden."

Wie wird die mobile Nutzer­erfah­rung bestimmt?

Die Down­load-Geschwin­dig­keit wird meist als wich­tigstes Krite­rium für die Netz­werk­qua­lität gesehen. Der Down­load-Durch­satz ist laut den Experten von Tutela wichtig, aber zugleich ist er nur eine von mehreren entschei­denden Anfor­derungen für eine "gute" Verbin­dung. Deshalb sind mitt­lere Down­load-Raten beispiels­weise nicht optimal geeignet, um die Qualität der Verbin­dung und damit die tatsäch­liche Nutzer­erfah­rung zu erfassen.

Daher hat Tutela seine Tests und Messungen so aufge­baut, dass sie die tatsäch­liche Perfor­mance erfassen – und nicht die maxi­male. Eine gute Verbin­dung ist eine Verbin­dung, die den Nutzern erlaubt, das zu tun, was sie tun wollen: Surfen im Web, Mobile Gaming, Verwenden von Apps, Tele­fonieren mit Kontakten, Streamen von Videos und Video­anrufe beispiels­weise.

Was ist "Consis­tent Quality"?

Um objektiv beur­teilen zu können, wie gut Mobil­funk­netz­werke ihren Nutzern erlauben, diese Dinge zu tun, hat Tutela einen Stan­dard entwi­ckelt, genannt "Consis­tent Quality". Einfach ausge­drückt handelt es sich um zwei Gruppen von Schwel­len­werten, die "Core" und "Excel­lent" genannt werden. Eine Core-Verbin­dung ist gut genug für eine Gruppe von Anwen­dungs­sze­narien wie SD-Video­strea­ming, Web Brow­sing, E-Mails und VOIP-Anrufe, aber bei anspruchs­vol­leren Anwen­dungen ist es wahr­schein­lich, dass es zu Verzö­gerungen oder Buffe­ring kommt.

Wenn eine Verbin­dung den "Excel­lent"-Stan­dard erreicht, ist sie für die Gruppe der anspruchs­vollsten mobilen Anwen­dungs­fälle, wie HD-Gruppen-Video­anrufe oder 1080p-Video­strea­ming, gut genug.

Methodik des Reports

Definition der Qualitätsparameter Definition der Qualitätsparameter
Grafik: Tutela Ltd.
Tutela führt seine Netz­werk­tests DSGVO-konform durch und sammelt Daten mit Hilfe von Soft­ware, die in über 3000 Consumer Apps einge­bettet ist. Tutela hat so Zugriff auf ein globales Panel von über 300 Millionen Smart­phone-Nutzern und kann rund um die Uhr die Qualität der mobilen Nutzer­erfah­rung in der realen Welt messen. Tutela misst die Netz­qua­lität auf der Grund­lage der realen Leis­tung der Mobil­funk­kunden, einschließ­lich der Fälle, in denen ein Netz oder ein Tarif gedros­selt oder über­lastet sein kann. Auch die Qualität der mobilen Nutzer­erfah­rung von Kunden von Mobil­funk­pro­vidern (Mobile Virtual Network Opera­tors, MVNO) wird erfasst.

Die Ergeb­nisse in diesem Report basieren auf einer Test­kon­figu­ration, die so gestaltet ist, dass sie die typi­sche (und nicht die maxi­male) Leis­tung darstellt, die die Benutzer erleben. Tutela verwendet eine 2-MB-Datei für die Durch­füh­rung des Down­load-Tests und eine 1-MB-Datei für die Durch­füh­rung des Upload-Tests. Die Tests werden mit denselben Content-Deli­very-Netz­werken durch­geführt, über die viele der welt­weit belieb­testen Consumer Apps laufen, und spie­geln somit die End-to-End-Leis­tung des Netz­werks wider.

Wer ist Tutela?

Tutela Tech­nolo­gies, Ltd. ist ein Unter­nehmen, das per Crow­dsour­cing Daten aus seinem globalen Panel von über 300 Millionen Smart­phone-Benut­zern erhebt. Tutela sammelt Infor­mationen über die mobile Infra­struktur und testet die mobile Nutzer­erfah­rung, um Orga­nisa­tionen der Mobil­funk­branche dabei zu helfen, die Netz­werke der Welt zu verstehen und zu verbes­sern. Die Daten sollen sich zum Vergleich von Mobil­funk­netz­betrei­bern sowie als Entschei­dungs­grund­lage für die Planung und Opti­mie­rung von Netz­werken und Infra­struk­turen eignen. Das Unter­nehmen hat seinen Haupt­sitz in Victoria, British Columbia, in Kanada.

Tutela betont, keine sensi­blen persön­lichen Daten zu sammeln und halte sich an inter­natio­nale Daten­schutz­bestim­mungen wie CCPA und DSGVO. Die Daten­schutz­richt­linien und -prak­tiken von Tutela wurden von PricewaterhouseCoopers über­prüft.

Eine Einschät­zung (von Henning Gajek)

Die Telekom gewinnt (seit Jahren) einen Netz­test nach dem anderen. Die anderen beiden Netze jagen hinterher, scheinen aber nicht den Hauch einer Chance zu haben, wirk­lich spürbar aufzu­holen. Da sich dieses Bild seit Jahren wieder­holt, beschlei­chen den Beob­achter gewisse Ängste: Wird die Telekom ihr massives Ausbau­tempo beibe­halten oder könnte die Neigung entstehen, sich "zurück­zulehnen", weil "die andern das ja doch nie schaffen"? Haben Voda­fone und o2 noch genü­gend Moti­vation, mehr Gas zu geben oder haben sie sich längst mit ihrem Schicksal abge­funden?

Was macht ein/e Leser/in in einem bestimmten Ort, wo Netz A nicht geht, dafür aber zwei Orte weiter Netz B nicht geht und noch weiter ist dann Netz C vorne. Sie sitzen verzwei­felt da und über­legen, für welchen Anbieter er oder sie sich entscheiden sollten. Heutige Smart­phones haben meis­tens einen Dual-SIM-Schacht für zwei SIM-Karten. Eine Karte dürfte bestimmt Telekom sein, die zweite o2 oder Voda­fone sein, ganz nach persön­lichem Geschmack.

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