Tourismus: Das Smartphone als digitaler Reiseleiter
Digitale Städtetripps sind angesagt
(c) dpa
Früher war die traditionelle Stadtführung
Pflichtprogramm für Touristen. Doch zum Beispiel im bayerischen Teil
Schwabens könnte sie bald Vergangenheit sein. Die Reiseregion setzt
seit mehreren Jahren auf Lauschtouren: Besucher gehen mit dem
Smartphone von Punkt zu Punkt. Eine App spielt Erklärungen zu
Schlössern, Kirchen oder Gassen ab - automatisch per GPS-Ortung. So
sind die Gäste unabhängig von Terminen und Öffnungszeiten.
"Wir erleben einen Paradigmenwechsel", sagt der Tourismusforscher Harald Pechlaner von der Universität Eichstätt-Ingolstadt. Mit der interaktiven Welt der Technik hätten sich die Ansprüche von Urlaubern verändert. "Gäste entscheiden selbst, wie das Erlebnis aussieht. Ein einziges, fertiges Produkt ist heute kaum noch gefragt."
QR-Tour und VR-Brillen
Digitale Städtetripps sind angesagt
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Führungen nach festem Programm passen immer weniger in diese Welt.
Bei den Lauschtouren der Region Bayerisch-Schwaben können Touristen
aus 18 Strecken zu Themen wie Hexenverfolgung, Kneipp-Kuren oder der
Römerzeit wählen. Ein ähnliches Angebot gibt es im westfälischen
Minden, wo kleine Sender - genannt Beacons - Audio-Erklärungen auf
dem Smartphone von Besuchern aktivieren. Und bei der QR-Tour der
Städte Bad Berneck und Goldkronach im Fichtelgebirge scannen Besucher
die schwarz-weißen QR-Codes, um Informationen aufzurufen.
"Wir bemerken, dass es bei Urlaubern eine immer größere Bereitschaft gibt, digitale Angebote zu nutzen", sagt Claudia Gilles, die Geschäftsführerin des Deutschen Tourismusverbands. Immer beliebter würden auch Ausflüge in die virtuelle Realität. In Köln können Besucher auf einer Tour in einer historischen Straßenbahn ein Video mit einer animierten Fahrt durch die Altstadt durch eine VR-Brille sehen. Auch Reisebüros und Tourist-Infos nutzen solche Brillen, um Urlaubsziele und Aussichtspunkte fast wie in echt vorzuführen.
Intelligente Apps
Mit der Digitalisierung verändern sich nicht nur Erlebnisse vor Ort, sondern auch der Weg dorthin. Als einen der wichtigsten Trends betrachtet Gilles intelligente Applikationen. Diese schlagen Gästen je nach Vorliebe und Situation spontan Ausflugsziele und Aktivitäten vor - angepasst etwa an das Wetter. "Früher haben wir den Gast undifferenziert zugeschüttet mit Informationen", sagt die Expertin. Regale im Hotelfoyer, vollgestopft mit Werbeprospekten, wären durch die neue Technik in Zukunft überflüssig.
Voraussetzung für viele digitale Möglichkeiten sind stabiler Handyempfang und schnelles Internet - gerade in ländlichen Gegenden oft ein Problem. Das bemängelt der Bundesverband der Deutschen Tourismuswirtschaft. Die Versorgung müsse schnellstmöglich auf ein modernes und praxistaugliches Level gebracht werden. Andernfalls bestehe die Gefahr, dass manche Regionen abgehängt werden.
Ein Trost: Manchmal ist jedoch gerade der Verzicht auf Erreichbarkeit der entscheidende Faktor. Digital Detox bedeutet, dass Gäste ihre Geräte einfach mal auslassen und sich auf Umgebung und Gastgeber vor Ort einlassen. Bei aller Digitalisierung gilt: "Das Menschliche bleibt im Tourismus absolut wichtig", sagt Tourismusforscher Pechlaner.