Abzocke: Bundesnetzagentur warnt vor Lockanrufen
Den Großteil der Beschwerden gab es in diesem Jahr bereits im Januar, danach sackte der Wert ab. Der einfache Grund: Im Februar hatte die Bundesnetzagentur erneut angeordnet, dass bei 56 bestimmten internationalen Vorwahlen eine kostenlose Preisansage vorgeschaltet werden muss.
Diese Verpflichtung war Ende 2018 ausgelaufen. Anfang 2019 fielen dann wieder mehr Menschen auf die Masche herein, vermutlich weil sie die Ansage nicht gehört und somit nicht gewarnt worden waren. 19 035 Beschwerden bei der Bonner Regulierungsbehörde waren es im ersten Quartal und nur noch 2545 im zweiten Quartal.
Nur zurückrufen, wenn Anruf erwartet
Die Bundesnetzagentur rät den Bürgern, nicht zurückrufen, wenn aus den entsprechenden Ländern gar kein Anruf erwartet worden war. Wer doch auf die Masche reinfällt, kann seinem Ärger bei der Netzagentur Luft machen. Dann kann die Netzagentur einschreiten und unter anderem ein "Rechnungslegungs- und Inkassierungsverbot" verfügen - das heißt, dass die hohen Telefongebühren fürs Ausland doch nicht bezahlt werden müssen.
Im Juli verhängte die Behörde so ein Verbot wegen Lockrufen aus Südafrika. Allerdings: Ist der Betrag auf der Rechnung sollte unbedingt Widerspruch eingelegt und die Bundesnetzagentur verständigt werden.
Und wenn es passiert ist?
Geht es nur um geringe Beträge, sollte man die Telefonrechnung schriftlich reklamieren, aber trotzdem abbuchen lassen. Der oft gegebene Rat, die Abbuchung zu stornieren und nur die korrigierte Rechnung manuell zu bezahlen, sorgt in der Praxis für ziemliches Durcheinander, weil die automatisierten Abrechnungssysteme blitzschnell einen Mahnungslauf anschieben, der dann im Inkasso und absurden Extra-Kosten bis hin zum gerichtlichen Mahnbescheid enden kann, was den Aufwand, diese Spirale zu stoppen, nicht wert ist.
Wenn man der Rechnung widerspricht und sie unter Vorbehalt zahlt, ferner die Bundesnetzagentur detailliert in Kenntnis setzt (wann war der Anruf, was wurde berechnet, wer ist der eigene Anbieter?, wie lautet die eigene Kundennummer dort?), stehen die Chancen gut, von seriösen Anbietern, nach einer gewissen Bearbeitungsfrist, das zuviel bezahlte Geld zurückzubekommen, möglicherweise als Guthaben oder Gutschrift auf der nächsten oder übernächsten Rechnung.
Telefonanschluss selbst absichern
Telekom Kunden können im Telefoniecenter ihren Anschluss absichern und "teure" Nummern sperren. Bei Ausland kann zwischen Europa (003, 004) und Interkontintental (001,002,005..009) unterschieden werden
Screenshot: Henning Gajek / teltarif.de
Kunden der Deutschen Telekom können sich in ihren Telefonanschluss einwählen. Für das Login wird die zum Anschluss eingerichtete t-online-E-Mail-Adresse und das "Webkennwort" benötigt. (Wer noch keinen Zugang hat, kann im Kundencenter den Zugang selbst einrichten ("Jetzt registrieren").
Am besten die zum Anschluss gehörende T-Online-Adresse fertig einrichten. Angaben wie Telekom-Kundennummer, Kundenkonto oder Buchungskontonummer gibt es auf der letzten Telefonrechnung, es hilft auch die Telekom-Hotline unter 0800-3301000 weiter. Dazu werden einige persönliche Daten abgefragt, damit keine Unbefugten sich am Anschluss vergreifen.
Hat man den Zugang zum Telefoniecenter erreicht, kann unter "Sperren" alles, was "teuer" werden könnte, gesperrt werden, beispielsweise 0137, 0180, 0900 und "Interkontinentale Verbindungen", also 001, 002, 005, 006, 007, 008, 009. Die Wahrscheinlichkeit, jemand in Europa anzurufen (003 oder 004) ist doch noch gegeben und nicht so teuer.
Bei Mobilfunk gibt es solche Sperrmöglichkeiten leider nicht. Zwar sieht das GSM-Protokoll durchaus Sperren vor, die auch einmal bei Telekom und Mannesmann/Vodafone implementiert waren, teilweise mussten sie (kostenpflichtig) gebucht werden. Ob die Dienste noch existieren, richtig funktionieren, weiß niemand mehr genau.
Trau, schau, wem
Bevor man raustelefoniert: Genau auf das Display schauen. Rufnummern, die mit +49 beginnen, sollten in Deutschland liegen und sind damit entweder günstig oder bei Flatrates sogar oft kostenfrei zu erreichen. Teure Ausnahmen wären die Vorwahlen +49 900 oder +49 137 oder 49 180.
Hat der Anrufer die Kennung "+261" ist das nicht Koblenz (das wäre +49 261).
Wird versehentlich doch angerufen, ist in vielen Tarifen eine Minute zu bezahlen , auch wenn die Verbindung nur wenige Sekunden gedauert hat. Es kann sein, dass die Leitung "tot" bleibt oder seltsame (unverständliche) Ansagen ertönen. Wer noch keinen Einzelverbindungsnachweis für seinen Anschluss hat, sollte diesen unbedingt beantragen, er kann dann im Kundenkonto des Anbieters heruntergeladen werden.
Eine Einschätzung: Gibt es Lösungen?
Anrufe mit gefälschten (im Amtsdeutsch "aufgesetzten") Nummern sind eine Seuche. Wer kennt nicht Anrufe von täuschend echten deutschen Rufnummern, wo sich ein "Agent from Microsoft" meldet, um den eigenen Computer zu prüfen? Diese angezeigten Nummern sind falsch, also nicht rückrufbar. Gewinnspiele, wo man die "1" drücken soll, verdächtige Callcenter, die Lotterielose oder Stromtarife verkaufen wollen und vieles mehr.
Dazu kommen noch die vermeintlichen Auslandsanrufe oder Anrufe mit Satelliten-Kennungen oder Sonderverbindungsnetzen (+88xxx), wohin die Anrufe möglicherweise erstaunlich günstig, aber auch beliebig teuer sein können. Irgend ein "Kumpel" des Betrügers in internationalen Vermittlungszentren fischt diese Anrufe heraus und sie teilen sich die Einnahmen.
Das Problem wäre lösbar, mit einem beglaubigten Zertifikat. Jede Telefongesellschaft müsste dazu verdonnert werden, zu zertifizieren, dass der Anruf von der Nummer stammt, die da angezeigt wird oder der Anrufer eindeutig bekannt ist und das Recht hat, eine andere Nummer zu signalisieren (z.B. bei Kundenservice-Callcentern). Anrufe, die das Zertifikat nicht haben, weil sie aus fragwürdigen Netzen kommen, kann der Angerufene einfach blockieren. Das würde in der Übergangszeit für Verwirrung und Frust sorgen, aber der Druck wäre schnell da, für klare Verhältnisse und richtige Zertifikate und Entlastung beim Endkunden zu sorgen. So ganz nebenbei wäre das Thema "Qualität" einmal wieder angesagt und nicht nur der tiefste Preis.
Grundsätzliche Tipps zum Schutz vor Telefon- und Online-Betrug lesen Sie in einem Ratgeber.