Kaum bekannt

Behördennummer 115 feiert ersten Geburtstag

Stand der Dinge und Ergebnisse der teltarif.de-Umfrage
Von Lars Hessling

In den letzten 12 Monaten erfolgten laut dem Bundesministerium des Inneren über eine Millionen Anrufe auf die 115. Die Behörde hat das Insitut für Demoskopie Allensbach mit einer Studie [Link entfernt] beauftragt, deren Ergebnisse Ende Februar veröffentlicht wurden. Von den 1000 Befragten Nutzern der 115 sind der Studie zufolge 86 Prozent zufrieden, 90 Prozent würden die 115 weiter empfehlen. Bei einem Testanruf der teltarif.de-Redaktion fielen besonders die kurze Wartezeit und die gute Weitervermittlung positiv auf: Der Callcenter-Agent gab im Rahmen der Weiterleitung den Inhalt der Anfrage an den Mitarbeiter der zuständigen Behörde weiter, der Anrufer musste sein Anliegen nicht wiederholen.

Die Besonderheit ist der zentrale Wissenspool

Cornelia Rogall-Grothe lässt sich die Arbeit im Callcenter erklären. Callcenter-Mitarbeiterin Tina Borchert erklärt Cornelia Rogall-Grothe, IT-Beauftragte der Bundesregierung, die Arbeit der Hotline.
Foto: teltarif.de
Neue Callcenter wurden für die 115 in vielen Fällen nicht aus dem Boden gestampft: In Berlin existiert seit vielen Jahren die Servicenummer 900 aus dem Projekt Servicestadt Berlin, in das die 115 eingebettet wurde. Bonn, Leverkusen und andere Gebiete im Rheinland setzen auf das Servicecenter der Stadt Köln, welches bereits vor der einheitlichen Behördennummer existierte und Anfragen auf der 115 lediglich zusätzlich behandelt. Das eigentlich Neue an der 115 ist der zentrale Wissenspool, welcher in Form einer Internetseite über Verwaltungsebenen hinweg Informationen enthält und auf den die Callcenter-Mitarbeiter bundesweit von jedem Standort aus zugreifen können. Hat beispielsweise ein Berliner Bürger wegen eines anstehenden Umzugs eine Anfrage zur Stadt Köln, kann diese ihm auch ein CallCenter-Agent aus der Hauptstadt beantworten.

Wartezeiten an der Hotline fallen gering aus

Dem IT-Dienstleistungszentrum (ITDZ) Berlin zufolge wurden im ersten Jahr 138 320 Anrufe von den zehn Berliner Callcenter-Agents entgegengenommen. Die durchschnittliche Wartezeit betrug 16 Sekunden und blieb damit unter der Zielvorgabe von 30 Sekunden, innerhalb derer 75 Prozent der Anrufe entgegengenommen werden sollen. Nur 14 Prozent der Anrufer mussten länger als 30 Sekunden warten. Die häufigsten Fragen innerhalb Berlins betrafen die Themen KFZ-Zulassung, Steuern, Führerschein und Personalausweis. Die Callcenter Agents in Berlin beantworten Fragen auf Deutsch, Englisch, Türkisch, Französisch und Spanisch.

Ausweise und KFZ-Zulassungen werden am häufigsten nachgefragt

Hasan Sezgin, ein Mitarbeiter des Berliner Callcenters, bei der Arbeit. Hasan Sezgin, ein Mitarbeiter des Berliner Callcenters bei der Arbeit.
Foto: teltarif.de
Hasan Sezgin ist einer der mehrsprachigen Berliner Callcenter-Agenten. Zuvor ausschließlich für die Berliner Servicenummer 900 angestellt, beantwortet er seit März 2009 auch Fragen, die über die 115 ins Callcenter gelangen. Dabei bearbeitet Sezgin zwischen 60 und 100 Anfragen am Tag. Rückrufe sind dem 115-Mitarbeiter zufolge mit drei bis vier Fällen pro Tag eher selten nötig und erfolgten meistens durch die betreffende Behörde selbst – beispielsweise im Falle von Terminabsprachen. Morgens und besonders zum Jahresende sowie vor den Schulferien sei die Anzahl der Anfragen höher als sonst. Die Bürger stellten auch kuriose Fragen, beispielsweise, ob man zur Eheschließung ein Führungszeugnis bräuchte. Gelegentlich käme es aber auch vor, dass ältere Menschen die 115 wählten und einen Notruf absetzen wollten, da unter dieser Nummer in der DDR die Schnelle Medizinische Hilfe erreichbar war.

Investitionskosten hemmen die weitere Verbreitung der 115

Das Dilemma der 115 ist, dass sie nicht überall verfügbar ist. Bisher erfolgt die Teilnahme an dem Projekt auf freiwilliger Basis. Vor allem Gemeinden und Städte in strukturschwachen Regionen stellt der Aufbau eines Callcenters vor eine große finanzielle Hürde. Für 300 000 Einwohner und einen Anruf pro Bürger im Jahr rechnet der Jahresbericht der einheitlichen Behördennummer bei vollständiger Neuanschaffung mit Kosten von 428 000 Euro für die Ausstattung von 17 Arbeitsplätzen. Die jährlichen Betriebskosten liegen im Rechenbeispiel bei ungefähr 861 000 Euro. Diese Summe muss erst einmal an anderer Stelle eingespart werden, damit sich der Betrieb eines Callcenters rechnet.

Fazit: Idee und Service gut, Kostenstruktur und Bekanntheitsgrad mangelhaft

Diagramm: Die Entwicklung der Anrufzahlen im Jahr 2009 Die Entwicklung der Anrufzahlen im Jahr 2009.
Grafik: D115
Eine groß angelegte Werbekampagne für die 115 blieb bisher aus. Diese wäre jedoch bitter nötig, da es alles andere als naheliegend ist, unter einer Nummer ähnlich den Notrufnummern 110 und 112 eine Behördenhotline zu finden. Außerdem verunsichern die intransparenten Kosten potentielle Anrufer, was insbesondere für die Mobilfunknetze gilt. Die grundsätzliche Idee der 115 ist dagegen ziemlich gut: Fragen zu Vorgängen in den Behörden sollen sich unter einer einheitlichen Rufnummer im Dialog mit Experten beantworten lassen. Das funktionierte im Testanruf sowohl schnell als auch kompetent. Trotzdem muss sich die 115 für den Steuerzahler rechnen, also von den Bürgern genutzt werden und in den Ämtern Kosten für Auskünfte einsparen. Viel Zeit für Verbesserungen bleibt nicht mehr: Im April 2011 soll der Regelbetrieb der 115 beginnen.