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Telefonieren übers Internet: Günstig, aber kaum genutzt

In Deutschland nutzen erst sieben Prozent der Firmen das eigene Netz für Internet-Telefonie
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die Internet-Telefonie ist zwar seit Mitte der neunziger Jahre möglich, doch ihren Durchbruch hat die Technik bislang noch nicht geschafft. Nach einer Untersuchung des Kasseler Marktforschungsunternehmens TechConsult nutzten im vergangenen Jahr erst sieben Prozent der Betriebe mit mehr als 20 Beschäftigen "Voice over IP" (Sprachübertragung per Internet-Protokoll, kurz VoIP). Unternehmensberater wie Frost & Sullivan und Internet-Dienstleister wie die Telefonica-Tochter mediaWays GmbH geben sich dennoch optimistisch.

Die Sprachsignale werden bei der Internet-Telefonie in digitalen Datenpaketen übers Internet verschickt. Diese Art der Übertragung kann allerdings die Qualität des Gesprächs mindern, weil die "Sprachpakete" im öffentlichen Internet getrennt auf die Reise geschickt und erst beim Empfänger wieder zusammengesetzt werden. Dabei kann es passieren, dass wegen einer Überlastung des Internets Pakete verloren gehen oder in falscher Reihenfolge eintreffen.

Besondere Chancen sehen Experten deshalb vor allem in der Internet-Telefonie über eigene Netze. "Ehe die Telefonie über das öffentliche Internet funktioniert, wird es wohl noch ein paar Jahre dauern", sagt Kurt Smit, Chief Technical Officer bei mediaWays. "Wir haben ein eigenes Netz und können Sprachqualität garantieren." Laut Smit bestehen die Vorteile von VoIP darin, dass die Sprachvermittlung billiger ist als mit herkömmlicher Telefonie. Günstiger sind nach seiner Auskunft auch Anschaffung und Verwaltung entsprechender Telefon-Anlagen. Außerdem werde der Computer im Büro zum Kommunikationsknotenpunkt: So lasse sich beispielsweise ein Telefongespräch mit einer Präsentation auf dem Bildschirm verknüpfen.

Nach Angaben des Deutschen Verbands für Post und Telekommunikation nutzen große Unternehmen schon häufig die VoIP-Technologie innerhalb ihrer Firmennetze. Auch der ADAC hat Anfang 2000 die Kommunikation zwischen seinen Niederlassungen in München, Passau und Landsberg auf das Verfahren umgestellt. Eine konventionelle Erweiterung der bestehenden Anlagen hätte rund 102 000 Euro gekostet, die Umrüstung auf die neue Technik war nur halb so teuer. "Es war eine schwierige Geburt mit vielen Kinderkrankheiten. Bei der Einführung war das noch eine andere Situation, inzwischen hat sich die Technik bewährt", sagt Ulrich Huber, Leiter Telekommunikationstechnik.

Frost & Sullivan geht davon aus, dass das herkömmliche Telefonnetz nicht so schnell in den Hintergrund gedrängt wird, wie ursprünglich gedacht wurde. Dennoch zeichne sich ab, dass sich die Internet-Telefonie als "Standardlösung zum Sprachtransfer" nach und nach durchsetzen wird, heißt es in einer Studie. Nach Auskunft von TechConsult werden Ende 2002 voraussichtlich elf Prozent der Betriebe in Deutschland die Internet-Telefonie nutzen. Im vergangenen Jahr sind demnach 111 Millionen Euro in VoIP-Lösungen investiert worden, in diesem Jahr sollen es 140 Millionen Euro werden.

"Internet-Telefonie ist noch kein flächendeckendes Thema. Sie ist noch weit davon entfernt, die bisherige Technologie abzulösen", erläutert Research Manager Frank Heuer. "Aber das Verfahren entwickelt sich dynamisch. Die Umrüstung auf diese Technik lohnt sich vor allem, wenn neue Investitionen anstehen." Die Deutsche Telekom sieht die Entwicklung gelassen. "Neue Techniken wie VoIP werden das herkömmliche Telefonnetz schon allein wegen innovativer Entwicklungen wie dem schnellen Internetzugang DSL nicht ersetzen", ist sich Telekom-Pressesprecher Hans-Martin Lichtenthäler sicher. "Der Kommunikationsbedarf wächst ständig, deswegen kann ich nicht erkennen, dass sich die verschiedenen Techniken kannibalisieren."