Bund-Länder-Streit

Bundesfinanzminister Eichel blickt sorgenvoll nach Karlsruhe

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt am Dienstag über die Verteilung der UMTS-Milliarden
Von dpa /

Das Bundesverfassungsgericht, erfahren im Umgang mit Milliardenbeträgen, verhandelt am kommenden Dienstag über einen Verteilungskampf der besonderen Art. Die drei unionsgeführten Länder Baden-Württemberg, Bayern und Hessen sehen nicht ein, warum sie nichts vom großen Kuchen abbekommen sollen, den die Versteigerung der UMTS-Mobilfunklizenzen dem rot-grün regierten Bund vor anderthalb Jahren beschert hat. Mit einem Bund-Länder-Streit wollen sie in Karlsruhe durchsetzen, dass die 16 Bundesländer die Hälfte erhalten - von immerhin rund 50,6 Milliarden Euro.

Angesichts eines derart gigantischen Betrags dürfte Bundesfinanzminister Hans Eichel (SPD) sorgenvoll nach Karlsruhe blicken. Gerade erst ist er mit knapper Not einem blauen Brief aus Brüssel entgangen und hat flugs einen annähernd ausgeglichenen Haushalt bis 2004 zugesagt. Da die UMTS-Erlöse in die Schuldentilgung fließen, wäre ein milliardenteures Urteil ein veritables Desaster.

Auf den ersten Blick hat die Argumentation der Länder manches für sich. Ihr Bevollmächtigter, der Münchner Professor Stefan Korioth, verweist auf die erheblichen Steuermindereinnahmen, die den Ländern durch den Mobilfunk-Deal drohen: Die Lizenznehmer für die superschnelle Handytechnik - darunter die Deutsche Telekom, Mannesmann Mobilfunk (Vodafone D2) und Viag Interkom - können ihre Lizenzgebühren von jeweils rund 8,4 Milliarden Euro als Betriebsausgaben geltend machen, was für Länder und Kommunen bei Körperschaft- und Gewerbesteuer beträchtliche Steuerausfälle bedeute.

Doch was politisch möglicherweise angemessen wäre, dürfte den Zweiten Senat des Bundesverfassungsgerichts nur am Rande interessieren - sein Maßstab ist das Grundgesetz. Und da wird die Sache sehr viel komplizierter: Zwar äußert sich die Verfassung ausführlich in den Artikeln 106 und 107 zur Verteilung der Steuern zwischen Bund und Ländern. Wer aber die Hand aufhalten darf, wenn der Staat knappe Güter wie eben die begehrten Frequenzblöcke für die hoffnungsvolle Handytechnik verkauft, dazu schweigt das Grundgesetz.

Für den Bund ist die Sache klar: Er hat die Verwaltungskompetenz für die Lizenzvergabe und darf damit die Gelder einstreichen, wie dies auch früher bei der Vergabe von Rundfunk- und Mobilfunklizenzen der Fall war. Korioth selbst räumt in seinem Gutachten ein: Für seinen Grundsatz der hälftigen Aufteilung zwischen Bund und Ländern gibt es "keine Präjudizien oder vergleichbare frühere Fälle". Freilich ist auch die UMTS-Versteigerung ziemlich einzigartig in der Geschichte der Bundesrepublik - gleichsam ein Geschenk des Himmels.

Der Professor argumentiert deshalb mit dem gebotenen Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern. Eine derart außergewöhnliche "Sondereinnahme" schaffe eine finanzielle Schieflage zu Lasten der Länder. Eine Diagnose, die Jörg Müller, Sprecher des Bundesfinanzministerium, nicht teilt: Das Geld diene ausschließlich der Schuldentilgung, und die eingesparten Zinsen von 2,6 Milliarden Euro im Jahr flössen in Investitionen, die auch den Ländern zugute kämen - allein 1,5 Milliarden Euro für Schiene und Straße, weitere 305 Millionen für Forschung und Bildung. Außerdem: Wenn das UMTS-Geschäft erst einmal anlaufe, könnten die Länder ja wieder mit Steuermehreinnahmen rechnen.