Gespräch

E-Mails als Virenschleudern

Für viele Hacker ein Sport
Von dpa /

E-Mails mit Dateianhängen können aus harmlosen Briefen gefährliche "Virenschleudern" machen. "Die Viren der heutigen Generation sind hinterlistig. Niemand kann mit 100-prozentiger Sicherheit auf den ersten Blick erkennen, ob eine E-Mail sauber ist", sagte Wolfram Herwig, Abteilungsleiter für Netzwerke des Rechenzentrums der Universität Leipzig in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Die Hochschule, die nach eigenen Angaben das größte Datennetzwerk von Leipzig betreibt, kämpft täglich mit verseuchten E-Mails und den Angriffen auf mehrere der insgesamt rund 8 000 vernetzten Computer.

"Der täglich zunehmende E-Mail-Verkehr hat viele Vorteile, leider aber auch ein paar entscheidende Nachteile mit sich gebracht", sagte Herwig. Befinde sich ein Virus erst einmal auf einem Rechner, könne er bei Verwendung des E-Mail-Programmes Outlook häufig auf das Adressbuch zugreifen, das E-Mail-Archiv durchstöbern und sich automatisch weiterverschicken. "Sogar die Betreff-Zeile klingt meist logisch", sagte Herwig. Schuld daran sind seiner Meinung nach eklatante Sicherheitslücken von Microsoft-Programmen, die auf den meisten Rechnern verwendet werden.

Droht bei Viren im schlimmsten Fall der Datenverlust, lauern beim Besuch des Internets weitaus größere Gefahren. "Viele Hacker machen sich einen regelrechten Sport daraus, Sicherheitslücken auszuspähen und andere Rechner zu attackieren", sagte Herwig. Da die Verbindung zum Netz eine auf beiden Seiten offene Datenleitung sei, könnten in Sekundenschnelle kleine Programme auf der Festplatte eines ungeschützten Rechners abgelegt werden. "Tausende von Rechnern können so weltweit geknackt werden, um zu einem bestimmten Zeitpunkt auf einen Server zuzugreifen und ihn zum Absturz zu bringen." Beim Angriff auf internationale Schaltzentralen könne dies weitreichende Folgen haben.

"Zwar sind wir nicht das Pentagon, doch auch für uns ist der Schutz unserer Netze eine ständige Herausforderung", sagte der 56-Jährige. Seit 1969 arbeitet der diplomierte Mathematiker am Universitätsrechenzentrum, nach der Wende war er mit dem Aufbau des Netzwerkes betraut. "Wenn es erst feststeht, dass ein Rechner von außen korrumpiert ist, lassen sich die Lücken nur schwer wieder schließen", sagte er. Im schlimmsten Fall helfe nur noch das Formatieren der Festplatte.

Damit es soweit gar nicht erst kommt, werden an der Hochschule ständig neue Programme entwickelt, die den Hackern das Leben schwer machen sollen. "Viele Benutzer sind auch zu blauäugig", sagte Herwig. Spätestens wenn sich im virtuellen Postfach eine Datei der Typen exe, bat, vbs, shs, com, scr oder chm befindet, sollten die Nutzer hellhörig werden. Dateien mit doppelter Dateiendung sollten generell gelöscht werden, denn dahinter steckt in der Regel ein Virus. Millionen Nutzer spürten das beim Öffnen der Datei "Annakournikova.jpg.vbs". Statt eines Fotos der Tennisspielerin, installierte sich auf den infizierten Computern ein Wurm, der das Betriebssystem angriff.