Spaß ade

CeBIT 2002: Herzlich Willkommen in der normalen Geschäftswelt

Abkehr von Stars und Sternchen zum Geschäftlichen
Von dpa / Karin Müller

Zu ihren Hoch-Zeiten Ende des vergangenen Jahrtausends sorgte die CeBIT noch für richtige Schlagzeilen: "Rätselraten um Auftritt von Michael Jackson". Fast alle deutschen Zeitungen beschäftigten sich am 19. März 1999 mit der Frage, ob der verschleierte King of Pop tatsächlich der Computermesse die Ehre gab oder Jungunternehmer Lars Windhorst per Double Besucher wie Medien an der Nase herum führte. Drei Jahre später hat sich Windhorst ins Berliner Investmentgeschäft verabschiedet, die CeBIT-Auftritte von Verona Feldbusch und Dolly Buster schaffen es kaum auf hintere Seiten lokaler Zeitungen.

"Die CeBIT ist endgültig in der Realität der normalen Geschäftswelt angekommen", sagt der Sprecher Deutschen Messe AG, Eberhard Roloff. "Sie ist noch stärker eine Industriemesse. Der Hype ist ein bisschen raus." Die kostspieligen Glamour-Auftritte internationaler Stars aus Show und Sport sind knallhartem Controlling zum Opfer gefallen. "Wir haben uns mit solchem Schnickschnack doch ohnehin die falschen Leute geholt und die echten Entscheider eher abgeschreckt", sagt Corinna Voges, Stand-Chefin beim Software-Haus gedas in Halle 3. "Heute haben wir die Geschäftsleute direkt am Stand und können Business machen."

Doch nicht nur am leibhaftigen Promi-Einsatz wird gespart. Selbst so mancher Big Player ersetzt die groß und geräumig inszenierte Pressekonferenz im teuren Convention-Center (CC) über den Dächern der CeBIT mit einer preiswerten Variante am eigenen Stand. "Es werden weniger Räume im CC gebucht", bestätigt die Messeleitung.

Auch die Anzeigenabteilung der täglich auf dem Gelände erscheinenden "Messezeitung" spürt, dass das Geld bei den Ausstellern in diesem Jahr ganz fest sitzt. "Wir haben deutlich weniger Anzeigen verkauft als in den Vorjahren." Die Zeiten der Ausgaben mit 36 oder gar 40 Seiten Umfang pro Tag sind lange vorbei: An den ersten CeBIT-Tagen hatte die Messezeitung 16 Seiten. Die Unternehmen schicken zudem weniger Pressesprecher und PR-Strategen, dafür vor allem ihre Fachleute nach Hannover - die Zahl der bei der Messe AG akkreditierten Pressesprecher ist 2002 deutlich gesunken.

Vergeblich suchen Messe-Gäste wie auch Standpersonal die berühmt-berüchtigten Standfeten, die nach offiziellem Toresschluss um 18 Uhr so manches Hallendach zum Beben brachten. Unerschöpflich schienen noch vor wenigen Jahren die Büfetts und Sekt- und Champagnervorräte zwischen Mikroprozessoren und neuen Bildschirmen. Livebands wurden über hunderte von Kilometern nach Hannover geschafft, um dort für einen Abend beim CeBIT-Team für gute Laune zu sorgen.

In diesem Jahr stöhnen zwei Standmitarbeiter in einer Pause: "Im vergangenen Jahr mussten wir nur den Kopf in eine Halle stecken und waren mittendrin. Gestern Abend waren drei Hallen wie ausgestorben, in einer vierten fanden wir dann nur ein laues Fest." Das bestätigt auch Anja Hentz, Geschäftsführerin von silver.solutions, die die Internet-Adresse www.messeparty.net [Link entfernt] mit den Feten pflegt. "Die Zahl der Partys ist um rund ein Viertel zurückgegangen", sagt sie. "Wenn das Geschäft nicht so gut läuft, kürzen die Firmen als erstes beim Spaß."