Ausstellung

Vom Telefonsex bis zur Telefonseelsorge

Ausstellung "Mensch Telefon - Aspekte telefonischer Kommunikation" im Nürnberger Museum für Kommunikation
Von dpa / Marc Baumann

Kaum eine Erfindung hat die moderne Gesellschaft derart verändert wie das Telefon. Was anfangs nur ein reines Kommunikationsmittel war, hat sich längst zum Lebensgefühl entwickelt. Ob Telefonseelsorge oder Telefonsex - zahlreiche Phänomene der heutigen Zeit wurden durch die anonyme Kommunikation per "Fernsprecher" überhaupt erst möglich. Vor allem Jugendliche scheinen die Geräte in den Bann gezogen zu haben.

Mit der technischen Entwicklung des Telefons und seinen alltäglichen Auswirkungen auf Kultur und Gesellschaft setzt sich das Nürnberger Museum für Kommunikation in seiner neuen Ausstellung "Mensch Telefon - Aspekte telefonischer Kommunikation" auseinander. Die Schau ist noch bis zum 25. August zu sehen.

Zahlreiche historische Fotos, Apparate, Werbematerialien, Videos und Hörstationen dokumentieren, wie sich der Umgang mit dem Telefon verändert hat. Sie zeigen die Entwicklungsstationen der Apparate von den ersten "sprechenden Knochen" aus der Kaiserzeit über die als "graue Maus" bezeichneten Standardapparate der 1960er Jahre bis hin zu aktuellen Handy-Trends.

Die Ausstellung erklärt zudem, wie die Polizei anhand von so genannten Sonogrammen Gangstern auf die Schliche kommt. Aus Telefonzellen zusammengetragene Fahrkarten, Bonbonpapierchen und ausgerissene Stellenanzeigen dokumentieren Momente des flüchtigen Kontakts. Cartoons und Telefonkritzeleien zeugen von den "künstlerischen Kräften", die das Telefonieren freisetzen kann.

Welche Bedeutung das Kommunikationsmittel Telefon mittlerweile für die Menschen hat, zeigt der dokumentierte Fall eines Brandes in einer Vermittlungsstelle der Telekom in Reutlingen im August 1998 - noch vor dem großen Handyboom der vergangenen Jahre. Zwei Wochen musste die Feuerwehr nachts in den Straßen patrouillieren, weil Alarmanlagen, Notrufe und selbst Brandmelder durch das Feuer zwangsweise stillgelegt wurden.

Was heute selbstverständlich ist, musste in Zeiten, als das Fräulein vom Amt die Gesprächspartner noch mit den Worten "Hier Amt, was beliebt?" begrüßte, erst mühsam erlernt werden. Den Angaben von Projektleiterin Margret Baumann zufolge mussten die Menschen noch bis in die 1960er Jahre hinein darüber aufgeklärt werden, dass sie ihren Telefongesprächspartner keine Gegenstände zeigen können, indem sie diese gegen den Hörer halten. Auch dass Männer sich zu Beginn des Telefongesprächs nicht höflich verneigen müssen, hätten die Leute nur langsam gelernt. "Heutzutage wachsen die Babys ja an der Brust einer telefonierenden Mutter auf und erlernen das Telefonieren schon von klein auf."