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Film-Klau im Internet: "Geschichte für Freaks" alarmiert Branche

Nach MP3 kommt DivX
Von dpa /

Millionen Filmfans klopften sich vergangenen Sommer bei der Western-Klamotte "Der Schuh des Manitu" in den Kinos vor Lachen auf die Schenkel. Wenig später ritt Michael "Bully" Herbig auch im Internet durch die Prärie. Film-Piraten hatten den Kassenschlager heimlich mitgeschnitten und im weltweiten Datennetz zum Download bereitgestellt. Auf einer amerikanischen Seite ist er in "ziemlich guter Qualität" zu haben. Prädikat: "always a laugh". Ganz und gar nicht lustig findet die Film- und Videobranche die Verbreitung übers Internet. Sie fürchtet einen massiven Umsatzeinbruch.

Zwar dauere das Herunterladen kompletter Spielfilme zur Zeit noch Stunden und sei daher eher eine "Geschichte für Freaks", sagt der Geschäftsführer des Verbandes der Filmverleiher (VdF), Johannes Klingsporn. "Trotzdem ist das eine sehr reale und ernst zu nehmende Bedrohung." Eine Situation wie in der Musikindustrie, der durch illegale Online-Tauschbörsen riesige Einnahmerückgänge entstehen, müsse unbedingt verhindert werden.

Wie sehr die Piraten der Branche schon jetzt zusetzen, ist nach Worten des Juristen der Gesellschaft zur Verfolgung von Urheberrechten (GVU), Jan Scharringhausen, schwer abzuschätzen. "Die neigen nicht dazu, Buch zu führen." Trotzdem geht die GVU davon aus, dass Raubkopierer, zu denen auch Verkäufer illegal vervielfältigter Videos und DVDs zählen, einen Schaden in Höhe von gut 20 Prozent des Gesamtaufkommens im deutschen Filmmarkt anrichten. Der Filmtausch- Experte bei der Computerzeitschrift "c't", Volker Zota, hält dies für deutlich zu hoch gegriffen. Allerdings bestätigt er, gerade die Online-Piraterie breite sich immer mehr aus.

Hauptproblem ist laut Scharringhausen, dass jeder Erfolgsfilm sofort nach Kinostart und damit Monate vor dem Erscheinen auf Video oder DVD und noch länger vor der Ausstrahlung im Fernsehen im Netz erhältlich ist. Nach Angaben des US-Verbandes Motion Picture Association of America (MPAA) ist die Branche aber auf diese Veröffentlichungsreihe angewiesen. Gegenüber schwarz kopierten Videos habe die Piraterie im Netz eine neue Qualität, sagt Scharringhausen: Filme ließen sich dort unbegrenzt ohne Qualitätsverlust vervielfältigen. "Die Zeiten, in denen Raubkopien Müll waren, gibt es nicht mehr." Deshalb drängen Produzenten, Verleiher und Hersteller von Videos oder DVDs auf hartes Durchgreifen.

"Besonders wichtig ist die Umsetzung der EU-Copyright-Richtlinien in Deutschland", sagt Klingsporn. Diese sollen den Piraten, die oft in rechtlichen Grauzonen operieren, klare Grenzen zeigen. Für die deutschen Behörden ist die Verbreitung von Filmen über das Internet nur ein Übel von vielen. "Bei uns stehen Dinge wie Kinderpornografie im Vordergrund", sagt der Sprecher einer Ermittlungsgruppe gegen Online-Kriminalität beim Bundeskriminalamt. Zudem sei die Jagd nach Urheberrechtsverletzern Ländersache.

Mit dieser Situation will sich die Branche ebenso wenig zufrieden geben wie mit der These, erst teure Kinokarten oder hohe DVD-Preise forderten zum Klau heraus. "Blockbuster müssen jede Menge Filme mitschleppen, die keinen Gewinn machen", räumt Scharringhausen die Auffassung aus dem Weg, die Industrie verdiene sich mit riesigen Erfolgen wie "Der Herr der Ringe" eine goldene Nase. Laut MPAA, die derzeit selbst für ein Gesetz kämpft, das das Kopieren von Medienprodukten deutlich einschränken soll, spielt nur einer von zehn Filmen die Produktionskosten wieder ein. Klingsporn hat ein weiteres Argument: "Wenn ein Auto 70 000 Euro kostet und ich mir das nicht leisten kann, habe ich doch trotzdem nicht das Recht, es zu klauen."