Ratlosigkeit

Kein tragfähiges UMTS-Geschäftsmodell in Sicht

Tolle Technik, die sich keiner leisten kann
Von Marie-Anne Winter

Über das Thema "UMTS versus Wireless LAN" wird viel geredet. Auch der Deutsche Multimedia Verband (dmmv [Link entfernt] ) e.V. veranstaltete auf der Internet World Berlin eine Podiumsdiskussion dazu. Neben den Anbietern kamen dort auch Gerätehersteller und Contentprovider zu Wort. Auch wenn sich die Experten einig waren, dass Wireless LAN und UMTS keine Konkurrenz, sondern vielmehr ergänzende Technologien sind, wurde im Verlauf der Diskussion doch deutlich: Vor 2005 rechnet keiner der beteiligten UMTS-Experten mit einer kritischen Masse an Endkunden. Vor allem im Hinblick auf mögliche Geschäftsmodelle im UMTS-Bereich herrscht knapp zwei Jahre nach Vergabe der UMTS-Lizenzen noch weitestgehend Ratlosigkeit.

Um die milliardenschweren Gebühren für die UMTS-Lizenzen wieder einzuspielen, ist also in erster Linie ein sehr langer Atem nötig. Diese Investitionen belasten die Unternehmen nachhaltig, ging doch wichtiges Kapital für die Entwicklung von UMTS-Anwendungen verloren. Entsprechend kontrovers verlief die Debatte über die Refinanzierung von UMTS-Angeboten. Contentprovider wie Robert Fahle (RTL Newmedia) zeigten sich der Technologie gegenüber sehr aufgeschlossen, waren sich jedoch weitestgehend im Unklaren darüber, wie eine Refinanzierung über Inhalte aussehen soll.

Dr. Marcus Garbe (die argonauten und Leiter des dmmv-Arbeitskreises "Mobile Internet") zeigte sich angesichts der Ideenlosigkeit der UMTS-Betreiber überrascht: "Den Ansatz, die Lizenzmilliarden allein über selbstgenerierte peer-to-peer-Kommunikation wieder einspielen zu wollen, halte ich für gefährlich." Auch AK-Leiter Ingo Griebl teilt diese Ansicht: "Entscheidend für den Erfolg der UMTS-Technologie wird letztlich die Qualität des Contents sein. Sind die Revenue Share Modelle nicht interessant und die reinen Übertragungskosten zu hoch, wird das Ziel der Massennutzung nicht erreicht!" Sicher ist, dass selbstgenerierter Content ein wichtiger Umsatzträger bleiben wird - weitere Ideen sind allerdings vorerst nicht in Sicht, was die Refinanzierung der milliardenschweren Lizenzinvestitionen in weite bis unendliche Fernen rückt. Die Contentanbieter richten ihr Augenmerk zur Zeit besonders auf den von E-Plus eingeführten Dienst i-mode. Bei diesem mobilen Dienst geht der Löwenanteil der Einnahmen erstmals an die Inhalteanbieter.

Als notwendige Grundvoraussetzung für eine erfolgreiche UMTS-Einführung nannten die Experten die Etablierung europaweiter Standards, um die vielfältigen Möglichkeiten und hohen Übertragungskapazitäten optimal ausschöpfen zu können. Deutlich wurde, dass eine exakte Abstimmung der Mobilfunkbetreiber im Hinblick auf ein konzertiertes Timing bei der Markteinführung und Vermarktungsansätzen dringend erforderlich ist: "Nur so kann eine Reaktanz auf Nutzerseite vermieden werden, die entstehen könnte, wenn die Produkte noch nicht ausgereift sind" sagte dmmv-Arbeitskreisleiter Ingo Griebl (12snap).

Auch andere Technologien und die damit verbundenen Anwendungen (etwa Wireless LAN und Bluetooth) sind für die Anbieter zur Zeit noch nicht profitabel. Die W-LAN-Anbieter arbeiten derzeit noch an effizienten Abrechnungs- und Sicherheitsmechanismen. Dass die Alternativtechnologien trotz UMTS weiterhin eine gute Perspektive haben, darüber herrschte unter den Experten Einigkeit. "Wireless LAN ist eine lokale Ergänzung nicht nur von UMTS, sondern auch von bestehenden Technologien." so Garbe weiter. Seiner Ansicht nach könnten gerade Kooperationen der UMTS-Betreiber mit Wireless-LAN-Anbietern neue konstruktive Ansätze hervor bringen. "Angesichts der hohen Investitionen sind neue Ideen und erhöhte Flexibilität auf Seiten der UMTS-Betreiber dringend erfoderlich!" bringt Garbe es auf den Punkt. An der Podiumsdiskussion, die von Dr. Marcus Garbe (die argonauten) moderiert wurde, nahmen Dr. Sven Quassowski (G3G UMTS GmbH/Quam), Marcel Pirlich (E-Plus/i-mode), Stephan Rupp (Alcatel), Pierre Kerchner (Sofa Networks) und Robert Fahle (RTL Newmedia) teil.