Spamming

Spam: Wirksamer Schutz kaum möglich

Zwei von drei E-Mails sind unerwünscht
Von dpa / Marie-Anne Winter

"Sie haben 37 neue E-Mails", heißt es auf dem Bildschirm. Die Freude über so viel Post weicht schnell der Enttäuschung. Statt Freunden haben nur "lüsterne Teenager" geschrieben, oder Menschen, die aus unerfindlichen Gründen große Geldsummen verschenken wollen. Das ist ein klarer Fall von "Spam" - das Postfach ist voll mit unerwünschten E-Mails.

"Zwei von drei E-Mails in Deutschland sind Spam", sagt Torsten Schwarz vom Verband der deutschen Internetwirtschaft (eco) in Köln. Die weltweit durch Spamming für den Empfänger entstehenden Kosten werden von der Europäischen Kommission auf zehn Milliarden Euro jährlich geschätzt. "Die Arbeitszeit für das Öffnen und Wegschmeißen von Spam lässt sich gar nicht berechnen", sagt Schwarz.

Bevor es das Internet gab, war Spam in den USA als Dosen-Sülze bekannt. Diese wurde durch die britischen Komiker von Monty Python berühmt, die eine Horde Wikinger "Spam Spam Spam" brüllen ließen. Im Film vereitelte das jegliches vernünftige Gespräch. Auch in der Online-Welt erschwert Spam die Kommunikation. Es kann im schlimmsten Fall dazu führen, das ein Postfach überläuft und nicht mehr erreichbar ist.

Leider lässt sich an den elektronischen Briefkasten kein Schild "Bitte keine Werbung" anbringen. Zwar kann man sich auf so genannten Robinson-Listen im Internet (http://www.e-robinson.de [Link entfernt] , http://www.e-mps.org [Link entfernt] ) eintragen und hoffen, dass Spammer diese Listen beachten. Aber das habe in etwa so viel Sinn, wie eine Liste mit der Forderung zu unterschreiben, man wolle keine Einbrecher in der Wohnung haben, so Spam-Experte Schwarz.

Je mehr Spuren der Anwender im Netz hinterlässt, desto wahrscheinlicher ist es, dass er Opfer von Spamming wird. "Mit spezieller Software, scannen Spammer E-Mail-Adressen aus öffentlichen Chat-Foren oder von Internetseiten ab", erklärt Andy Müller-Maguhn vom Chaos Computer Club in Hamburg. "Man sollte es daher generell vermeiden, persönliche Daten im Internet anzugeben."

Auf persönlichen Homepages, in Newsgroups Chats, Gästebüchern oder Registrierungen bei E-Commerce-Anbietern sollten Internetbenutzer auf die Angabe ihrer E-Mail verzichten. "Zur Not helfen hier kostenlose E-Mail-Adressen, die man nur für diese Zwecke benutzt", so Schwarz. Vorsicht ist auch bei harmlos erscheinenden Kettenbriefen geboten. Sie können ebenso ein Trick zum Sammeln von Adressen sein wie angebliche Links zum Abbestellen von Werbung.

Längst sind E-Mail-Adressen Handelsware: "Eine CD mit 120 Millionen E-Mail-Adressen kann man in Deutschland schon ab 99 US-Dollar kaufen", sagt Schwarz. Vor allem die so genannten Freemailer geben nach Ansicht von Müller-Maguhn Adressen an Werbeunternehmen weiter. Viele so genannte Gratis-Dienste finanzierten sich in Wirklichkeit durch den Verkauf der dabei anfallenden Adressen.

"Unser Kapital sind die Kunden", sagt Michael Greve Technik-Vorstand von Web.de in Karlsruhe, einem der größten Freemail-Anbieter Deutschlands. Ein Adressverkauf finde bei Web.de nicht statt. Vielmehr unternehme man "enorme" technische Anstrengungen gegen Spamming. "Unser Rechenzentrum filtert aus dem gesamten E-Mail-Aufkommen im Schnitt zehn bis 20 Prozent an Werbesendungen heraus."

Den wirksamsten Hebel gegen Spammer haben die großen Rechenzentren in der Hand, über die der E-Mail-Verkehr läuft. "Es hilft viel, wenn die Service-Provider alle Mails abweisen, die nicht rückadressierbar sind", sagt Müller-Maguhn. Aber es fehlt am einheitlichen Vorgehen.

So kommt der Anwender letztlich nicht drum herum, selbst Hand anzulegen: In manchen E-Mail-Programmen wie Outlook und Eudora aber auch bei manchen Freemailern lassen sich Anti-Spam-Filter einrichten. Mails von bekannten Spammern landen dann direkt im Papierkorb. Dabei lassen sich auch ganze Domains sperren, damit eine Spam-Mail nicht mit Hilfe kleiner Veränderungen des Absenders durch den Filter schlüpft. Auch verdächtige Betreffzeilen können auf den Index gesetzt werden - allerdings auf die Gefahr hin, dass auch manche erwünschte Mail nicht durchkommt. Die Rechtslage in Sachen Spamming ist nicht ganz geklärt. Zwar fallen Urteile meist zu Gunsten der Verbraucher aus. "Aber es gibt keine gesetzliche Regelung für die Spam-Problematik, nur eine angeblich gefestigte Rechtsprechung", sagt der auf Online-Recht spezialisierte Anwalt Thomas Nuthmann aus Berlin.

Einige Landgerichte haben Nuthmann zufolge Werbe-Mails als wettbewerbswidrig oder als so genannten Eingriff in absolut geschützte Rechtsgüter angesehen. Andere werteten die Kosten von Abruf und Löschen einer Werbe-Mail für einen Schadensersatz- oder Unterlassungsanspruch als zu gering. "Das Amtsgericht Dachau ist sogar so weit gegangen, zu behaupten, E-Mail-Werbung sei sozial üblich und notwendig, um den Wirtschaftskreislauf in Schwung zu halten."