Bauernfänger

Unterhaltung für mehr als 300 Euro über verschlüsselte 0190er-Nummer

Verbraucherzentralen fordern mehr Transparenz bei 0190-Anbietern
Von dpa /

Der Telefonkunde fühlt sich betrogen. Über 300 Euro soll er für ein mehrstündiges Gespräch an einen 0190-Telefondienst zahlen. "Dabei habe ich nicht geahnt, dass ich eine solche Nummer anwähle", sagt er. Vor der 0190 habe eine Netzvorwahl gestanden. Durch eine trügerische Schreibweise wird so aus der teuren Vorwahl eine harmlos anmutende Nummer, die zum Beispiel mit (0103) 30190 beginnt.

In einem Internet-Gesprächsforum hat der Mann eine vermeintlich kontaktfreudige Frau kennen gelernt. "Die bat mich nach zehn Minuten, bei ihr anzurufen", schildert der Betroffene. Es folgten einige Stunden Unterhaltung - für 1,86 Euro pro Minute. "Wir hatten keinen Telefonsex, nur ganz gewöhnlichen Small Talk", sagt er, "sonst wäre ich ja sofort hellhörig geworden". Jetzt hat er Strafanzeige bei der Polizei in Erfurt erstattet, wo die Telefonfirma ihren Sitz hat.

Diese neue Facette des 0190er-Nepps ist den Verbraucherschutzverbänden seit längerem bekannt. Sei es im Internet, in Zeitungsanzeigen oder per SMS-Botschaften: Die listige Verschlüsselung von 0190er-Nummern hat seit Einführung der so genannten "Call-by-Call-Vorwahlen" Hochkonjunktur, warnen die Verbraucherschützer. "Seit einiger Zeit haben wir permanent Betrugsverfahren dieser Art", bestätigt auch Martin Heß, Sprecher der Staatsanwaltschaft Erfurt.

Bislang gibt es nach Auskunft der Verbraucherschutz-Zentrale Thüringen noch keine Urteile gegen Dienstanbieter. Ob Betrug nachgewiesen werden kann, darauf will sich Rechtsreferent Ralf Reichertz nicht festlegen. "Aber eindeutig liegt ein Verstoß gegen das Fernabsatzrecht vor, wonach der Kunde vor dem Anruf über die Kosten informiert werden muss." Er rät den Geprellten, Strafanzeige zu stellen und eine Einwendung gegen die Telefonrechnung bei der Deutschen Telekom zu erheben.

Um den Bauernfängern der 0190er-Branche das Geschäft zu erschweren, fordert der Verbraucherzentralen-Bundesverband (vzbv) in Berlin mehr Transparenz durch neue Gesetze. "Die Regulierungsbehörde sollte eine Datenbank führen, die jeden Untermieter erfasst und den Verbrauchern problemlos zugänglich ist", sagt Elbrecht. Weitere Forderungen sind unter anderem Pflichtansagen über anfallende Gesamtgebühren.

In der oft endlos langen Kette von Untervermietern der teuren Nummern lässt sich der Endanbieter schwierig ausfindig machen. Oft sitzt er im Ausland. Die vzbv-Juristin Carola Elbrecht sieht noch einen anderen Haken: "Ein weiteres Problem liegt an der fast unmöglichen Beweislage. Wie soll der Betroffene Tage nach einem Telefonat nachweisen, dass tatsächlich keine Gebührenansage stattgefunden hat?"