Vorwahlstreit

Österreichisches Kleinwalsertal kämpft um deutsche Vorwahl

Deutsche Telekom fühlt sich nicht mehr verantwortlich
Von dpa / Judith Globisch

Wenn es nach der Deutschen Telekom und der Telekom Austria geht, wird es die deutsche Vorwahlnummer "08329" bald nicht mehr geben. Mit den fünf Ziffern gelangen deutsche Telefonierer ins österreichische Kleinwalsertal, ohne die Landesvorwahl eintippen zu müssen. Das Gebiet am Rande des Allgäus ist bisher sowohl über eine österreichische als auch über die deutsche Vorwahl erreichbar. Diesen Sonderstatus wollten die beiden Telefongesellschaften aus wirtschaftlichen Gründen bereits im September aufheben. Seitdem kämpfen vor allem Politiker und Tourismusbetriebe um die deutsche Vorwahl.

Eine aufmerksame Mitarbeiterin der Raiffeisenbank Kleinwalsertal in Riezlern hatte auf ihrer Telefonrechnung einen klein geschriebenen Hinweis entdeckt, nachdem die deutsche Vorwahl für das Kleinwalsertal vom 1. September an abgestellt werden sollte. Die Frau hat so möglicherweise eine "Kommunikations-Katastrophe" verhindert. "Bei uns haben sofort alle Alarmglocken geläutet", berichtet der Bürgermeister von Mittelberg, Werner Strohmaier. Denn die Tourismusregion wäre schlagartig nicht mehr unter ihrer bisherigen deutschen Vorwahl erreichbar gewesen - weder die Telekom Austria noch die Deutsche Telekom hatte die Gemeinden laut Strohmaier informiert.

Nach massiven Protesten deutscher und österreichischer Politiker bei den beiden Telekommunikationsgesellschaften ist die Region mit jährlich 1,8 Millionen Übernachtungen jetzt noch bis zum 30. Juni 2003 unter der deutschen Vorwahl zu erreichen. "Die Telekom Austria, die über das Gebiet bestimmt, wollte keine Verlängerung des Staatsvertrages", sagt Deutsche-Telekom-Sprecher Waldemar Czauderna. Wenn die Österreicher ihren Kampf um die deutsche Vorwahl verlieren, kommen auf Behörden und Tourismusbetriebe hohe Kosten und Verluste zu: "Für den Druck neuer Prospekte rund sechs Millionen Euro und vier Millionen Euro durch den Gästerückgang", schätzt Strohmaier.

Erst in den 50er Jahren des vergangenen Jahrhunderts wurde das Kleinwalsertal an das Telefonnetz angeschlossen, von deutscher Seite aus. "Von Österreich war das früher gar nicht möglich", sagt Czauderna. Inzwischen habe sich die Infrastruktur aber gewandelt. Seit dem Zollanschlussvertrag aus dem Jahr 1891 haben die rund 5000 Einwohner des Kleinwalsertals, das von österreichischer Seite nur schwer zugänglich ist, einen Sonderstatus. Früher bezahlte man hier mit D-Mark statt mit Schilling. Selbst bei der Währungsumstellung bekamen die Bürger deutsche statt österreichischer Euromünzen in die Hand. Bei der Deutschen Telekom allerdings fühlt man sich jetzt für die Region nicht mehr verantwortlich.

Gleichzeitig mit dem Kleinwalsertal soll ab Juli nächsten Jahres auch die Gemeinde Jungholz im österreichischen Tirol nicht mehr über ihre deutsche Vorwahl erreichbar sein. Die "08365" wird aber nicht ganz verschwinden, denn bisher hat sich Jungholz die Vorwahl mit der deutschen Gemeinde Wertach geteilt. Nach dem Wegfall der deutschen Vorwahlen für Österreich soll eine Bandansage ein Jahr lang Anrufer über die Veränderung informieren. Eine postalische Verbindung nach Deutschland bleibt für das Kleinwalsertal und für Jungholz allerdings wenigstens vorerst bestehen. Noch haben beide neben der österreichischen auch eine deutsche Postleitzahl.