Entwicklung

Erweiterung der Kommunikationsmöglichkeiten für Behinderte

Handynutzung bei Sprach-/Sehbehinderungen und motorischen Einschränkungen
Von dpa / Judith Globisch

Handys sind aus dem Alltag vieler Menschen nicht mehr wegzudenken. Wer allerdings nicht gut sieht, für den können die kleinen Displays zum Problem werden. Und die immer zierlicheren Tasten machen das Bedienen für Ältere oder für Menschen mit motorischen Schwächen häufig schwer. Zwar sind Mobiltelefone mit Sonderfunktionen erhältlich, durch die auch Behinderte die Geräte bedienen können. Allerdings sind diese Handys oft teuer.

"Hochwertige Handys haben Zusatzfunktionen, die für viele Betroffene enorme Erleichterungen mit sich bringen", sagt Michael Hubert vom Forschungsinstitut Technologie - Behindertenhilfe (FTB) in Wetter (Nordrhein-Westfalen). "Die Sprachwahl hilft zum Beispiel sowohl Blinden als auch Menschen mit motorischen Schwächen." Diese können dabei den Namen der anzurufenden Person einfach nennen. Das Handy erkennt die Sprache und wählt automatisch die Nummer.

Laut Thomas Krieger vom Deutschen Blinden- und Sehbehindertenverband (DBSV) in Bonn ist heute auf fast allen Handys die Taste der Ziffer fünf zur Orientierung mit einer kleinen Erhebung markiert. Wichtig sei auch ein Menü, in dem sich Nutzer einfach zurechtfinden. Sinnvoll sei die Sprachausgabe: "Hier bestätigt das Handy eine gedrückte Taste oder liest eine SMS noch einmal vor." Handys mit Sonderfunktionen seien jedoch oft teuer: "Weil die meisten Blinden nicht arbeiten, haben sie nicht genügend Geld zur Verfügung, um alle möglichen technischen Neuerungen auch zu nutzen."

"Spezialgeräte, die sich ausschließlich an Behinderte richten, können wir nicht entwickeln, weil sie nicht erschwinglich wären", sagt Anja Klein, Pressereferentin bei Siemens in München. Allerdings werde bei Neuentwicklungen versucht, die Bedürfnisse der Betroffenen zu integrieren. Zudem arbeite Siemens mit Spezialisten für elektronische Hilfsmittel für Behinderte zusammen. So gebe es den "Paddy" der österreichischen Firma Schwertner. "Das Gerät kann an verschiedene Siemens-Handys angeschlossen werden und zum Beispiel den Status der Batterie, des Netzes oder auch einkommende SMS-Nachrichten sprachlich ausgeben", so Klein.

Für den Nokia Communicator, mit dem sich telefonieren oder im Internet surfen lässt, gibt es für Sehbehinderte die Zusatzsoftware TALX der Firma Brand & Gröber Communications aus Wittingen (Niedersachsen). Das Programm gibt die Anzeige sprachlich wieder. Mit einer zusätzlich angeschlossenen "Braillezeile" können Informationen auch in der Blindenschrift aus- und eingegeben werden.

Auch Schwerhörige haben Möglichkeiten, ein Handy zu nutzen: "Bei Hörgeräten mit einer Induktionsspule können die Signale des Handys direkt übertragen werden", erklärt Marcel Karthäuser vom Deutschen Schwerhörigenbund in Berlin. Hierzu sei eine zusätzliche Induktionsschleife nötig, die an das Handy angeschlossen werde. Zudem gebe es eine Abschirmelektronik, die dafür sorge, dass sich die Signale von Handy und digitalem Hörgerät nicht gegenseitig stören.

Für viele Handy-Modelle von Nokia gebe es so genannte "Loopsets" (LPS) für Hörgeschädigte, sagt Nina Lenders, Pressereferentin des Handy-Herstellers in Düsseldorf. "Das sind induktive Schleifeneinheiten für die Träger von Hörgeräten." Von der Firma GN ReSound [Link entfernt] in Münster soll es mit dem BT 100-TC ab dem 16. Dezember ein kabelloses Induktionsset geben: Der Handy-Kopfhörer empfängt über Funk die Signale vom Handy und überträgt sie mit Hilfe in der nötigen Verstärkung auf das Hörgerät. Dieses muss zum Empfang ebenfalls eine Induktionsspule besitzen.

Für Gehörlose sei die SMS eine völlig neue Möglichkeit der Verständigung, sagt Michael Hubert, Experte für Telekommunikation am FTB. "Besonders praktisch ist es für die Betroffenen, dass SMS jetzt auch in Ansätzen im Festnetz möglich ist."