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Online-Abzocke Erotik-Inhalte

Nackte Haut für teures Geld
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Es ist zwar nicht das älteste Gewerbe im Internet, aber derzeit vermutlich das einträglichste: Der Verkauf von Erotik und Sex. Wer in einer der zahlreichen Suchmaschinen nach "Sex", "Porno" oder anderen einschlägigen Stichwörtern sucht, wird mit Millionen von Treffern belohnt. Aber es ist gar nicht nötig, dass man sich aktiv auf die Suche macht: Wer seine E-Mail-Adresse auf einer Webpage veröffentlicht oder sich gar in einer Newsgroup zeigt, wird künftig mehrfach täglich mit E-Mails versorgt, die ihm erklären, wo im Web er die heißesten Frauen, bestausgestattesten Männern oder gewagtesten Orgien findet.

Selbstverständlich hängt allen E-Mails der detaillierte Hinweis an, dass man diese nur bekommt, weil man sich entsprechend registriert hätte, und selbstverständlich könne man sich auch wieder abmelden. Macht man jedoch den Fehler, sich entsprechend den Anweisungen per E-Mail oder Webinterface auszutragen, bekommt man künftig noch mehr Schund, der dann zu allem Unglück auch noch persönlich adressiert ist, denn in der Antwort-E-Mail wird ja vom Mailprogramm zumeist der Absendername eingetragen.

Genauso halbseiden, wie der Versand der unaufgeforderten Werbung, sind auch die anderen Geschäftsmethoden diverser Sites: Klickt man auf eine der beworbenen Sex-Seiten, dauert es meist nicht lange, bis sich ein Fenster öffnet, das nachfragt, ob man kostenlos die Zugangssoftware installieren wolle. Irgendwo steht dann noch ganz klein, dass der Zugang selber 1,86 Euro pro Minute oder gar noch mehr kostet. Manchmal installiert sich der Dialer aber auch ohne weitere Rückfrage, oder die Software teilt die genauen Kosten nicht mit.

Andere Sites locken mit einer "Free Tour", die einem im Detail nochmal die Vorteile und Features der jweiligen Porno-Site vorführen sollen. Realer Zweck ist sicherlich, den zumeist männlichen Besucher "heiß" zu machen, so dass kurze Zeit später, auf dem "sicheren" Anmeldeformular, dann die gewünschte Transaktion läuft. Denn ohne Kreditkartendaten geht dort nichts. Voreingestellt ist oft ein günstiger oder gar kostenloser 3-tägiger Probevertrag, doch wer vergisst, dieses Probeabo rechtzeitig zu kündigen, halst sich ein Abo für 20 bis 60 Euro/US-Doller oder noch mehr pro Monat auf. Selbstredend ist, dass die genauen Bedingungen, unter denen man kündigen kann, in seitenlangen AGB versteckt sind. Die Hoffnung ist hier wohl sowieso, dass die Kunden im Affektstau die Kreditkartendaten eingeben, und sich am nächsten Morgen nicht mehr so genau daran erinnern, was sie letzte Nacht getrieben haben. Bis zur nächsten Kreditkartenabrechnung, auf der das Malheur dann schwarz auf weiß zu sehen ist, ist dann mindestens einmal die volle Monatsrate fällig gewesen.

Von den Einnahmen bekommen die Frauen, die vor laufender Web-Cam strippen oder im Live-Chat animieren, zumeist nur einen Bruchteil. Von den 1,86 Euro pro Minute, die der Kunde jeweils zahlt, sehen sie vielleicht 0,186 Euro pro Minute, wenn nicht noch weniger. Die Produktion lässt sich ja problemlos in Billiglohnländer verlegen. Schaffen die Anbieter es, mehrere zahlende Kunden gleichzeitig in eine Strip-Show zu ziehen, steigen deren Renditen munter weiter. Wem das noch nicht reicht, der verwendet Aufzeichnungen für seine "Live-Show".

Schon vor der Erfindung des Internet wurden große Mengen an pornographischem Bildmaterial für Videos und Magazine produziert. Dieses für das Internet Zweit- oder Drittzuverwerten ist sicherlich die allerbilligste Lösung für die Site-Betreiber. Doch auf den Endkundenpreis schlägt sich das nicht durch: Der typische Porno-Dialer kostet 1,86 Euro pro Minute. Das typische Porno-Video aus dem Videoverleih um die Ecke kostet 1,86 Euro pro Stunde, und bietet zumeist bessere Bild- und Tonqualität.

Eine Ausnahme gibt es seit ein paar Tagen: Bei surf18.de [Link entfernt] zahlt man nicht 1,86 Euro pro Minute, nicht 86 Cent pro Minute, nicht 46 Cent pro Minute, nicht einmal 26 Cent, ja nicht einmal 10 Cent, sondern fast unglaubliche 2 Cent pro Minute, zuzüglich 5 Cent Verbindungsentgelt. Als Inhalt bekommt man aber "nur" einen Live-Strip und einen Chat, andere Sites bieten da durchaus mehr. Und es bleibt ein fahler Beigeschmack: Zur Nutzung ist eine eigene Zugangssoftware ("Dialer") erforderlich. Ohne diese bleibt die Show dunkel. Wer garantiert, dass dieser Dialer nicht doch einmal "aus Versehen" 0190-8 wählt?

Nun kann man sagen: "Ich brauche das alles nicht". Aber das geht gleich doppelt an der Realität vorbei. Zum einen, weil in den westlichen Ländern (fast) alle Männer in ihrem Leben irgendwann einmal einen Porno anschauen. Zum anderen, weil die negativen Folgen der Erotik-Abzocke - ob nun Spam oder Erotik-Dialer - alle Internet-Nutzer betrifft. Denn Erotik-Dialer verstecken sich teilweise auch hinter harmlos anmutenden Seiten. Und Spam bekommt sowieso fast jeder. Somit wäre es im Interesse fast aller, das Geschäft mit der Erotik-Spam-Abzocke auszutrocknen. Doch vermutlich verdienen diejenigen, die das Geschäft kontrollieren, daran zu gut, als dass sie sich das aus der Hand nehmen lassen.