freie Betreiberwahl

Telekommunikation: Rückblick auf fünf Jahre Marktöffnung

Kampfpreise und Kuchenstücke
Von dpa / Marie-Anne Winter

Die Jagd auf den Platzhirsch begann mit einem Preiskrieg: Als vor fünf Jahren das Sprachmonopol der Telekom fiel und zahlreiche neue Anbieter in den Markt drängten, rieben sich die Verbraucher die Hände. Mit der freien Betreiberauswahl bei Fern- und Auslandsgesprächen hatten sie erstmals die Möglichkeit, Telefonate nicht mehr über die Deutsche Telekom, sondern über andere Anbieter zu führen. Das so genannte Call by Call, das 2003 auch im Ortsnetz kommen wird, war ein wesentlicher Schlüssel zur Durchsetzung von mehr Wettbewerb in der Telekommunikation.

Im Rennen um ein Stück Kuchen am lukrativen Telefonmarkt setzten Anbieter auf den Preiswettbewerb, um der Telekom möglichst schnell Anteile abzujagen. MobilCom war der Neuling, der den besten Start erwischte. Das Unternehmen drückte mit Kampfpreisen seine Mitwettbewerber förmlich an die Wand. Die Preisspirale begann sich zu drehen. Telefonate verbilligten sich in den ersten beiden Jahren der Marktöffnung zum Teil bis zu 90 Prozent.

"Die Preissenkung im Festnetz und bei Auslandsgesprächen", zieht Michael Bobrowsky, Telekom-Referent des Bundesverbandes Verbraucherzentralen in Berlin ein Fazit, "ist ein großes Schlaglicht der Marktöffnung gewesen". Die Telekom verlor mehr Marktanteile als ihr lieb war. Im bundesweiten Durchschnitt eroberten die Konkurrenten rund 40 Prozent am Festnetzumsatz.

Auch der Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), Matthias Kurth, zieht eine positive Bilanz. Der Wettbewerb habe nicht nur dem Verbraucher günstigere Preise gebracht, sondern auch für mehr Innovationen und Vielfalt der Dienste gesorgt. Auch im europäischen Vergleich könne sich Deutschland beim erreichten Grad der Marktöffnung sehen lassen.

Als unangefochtene Nummer ein unter den neuen Festnetzanbietern sieht sich die zum Vodafone-Konzern gehörende Arcor AG & Co. (Umsatz: 1,2 Milliarden Euro). Der Festnetzmarkt besitze erhebliche Substanz, meint Vorstandschef Harald Stöber. "Allein Wettbewerb sorgt dafür, dass das gesamte Potenzial voll ausgeschöpft wird", lautet seine Schlussfolgerung und er fordert: "Im Interesse der Verbraucher darf die Marktöffnung nicht an Fahrt verlieren".

Dabei werden die Wettbewerber nicht müde, immer wieder auf die schleppende Liberalisierung des Ortsnetzes hinzuweisen. In dem Bereich hält die Telekom im Durchschnitt noch einen Marktanteil von mehr als 96 Prozent. Doch diese Zahlen trügen, sagt Regulierungschef Kurth. In verschiedenen Städten hätten Citynetz-Betreiber Marktanteile von 20 oder 30 Prozent erobert.

Der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten VATM kritisiert indes den ins Stocken geratenen Öffnungsprozess. Die Telekom habe durch die ihr bisher ermöglichten "Dumpingpreis- und Behinderungsstrategien ein Quasi-Monopol im Ortsnetzbereich und eine zunehmend starke Stellung im Fernverkehr", schrieb VATM-Präsident Joachim Dreyer im Jahresbericht 2002. Dabei hätten die Neulinge seit dem Marktstart 95 Milliarden Euro investiert und über 60 000 Arbeitsplätze geschaffen.

Immer wieder gab es in den vergangenen fünf Jahren Streit zwischen Telekom und den Wettbewerbern. Hängematten-Mentalität warf Ex-Telekom-Chef Ron Sommer den Konkurrenten vor. Auch vor Gerichten wurde der Streit ausgetragen. Bei Sommer-Nachfolger Kai-Uwe Ricke deutet sich inzwischen ein Umdenken an. In die Regulierung und Wettbewerb müsse Stabilität gebracht werden. Und darin weiß sich Ricke angesichts knapper Margen mit seinen Konkurrenten einig: Alle Unternehmen müssen profitabler werden.